Eintrag 17: Die Saat aus der Finsternis

General Summary

Seta, der 5te Tag im Monat des Deckarbeiters im Jahr 61CZ

  Aus dem persönlichen Audiolog von Layla Al-Biruni   Mit einigen energischen Kommandos (und natürlich seinen Lieblings-Leckerlis) brachte ich Neptik zum Nachgeben, ohne selbst in die verzweigten Versorgungstunnel der Reizon klettern zu müssen. Er kam und lieferte auch bereitwillig das Kartendeck der Ikonen bei mir ab. Ich verwahrte es erst einmal bis auf weiteres in der Innentasche meines Overalls.   Moth war inzwischen blutend zu Marina gehastet, um sie davor zu warnen, sich auf mystischem Wege für die Station zu interessieren. Ich hörte nur Wortfetzen wie „Schreie“ und „Bilder, die ich nicht verstehe!“, während er versuchte, sein eigenes Blut wegzuwischen, das Marina natürlich bemerkte. Aber sie war tapfer. Ich bin so stolz auf sie, meinen 2ten Captain.   Ich geleitete Moth wieder auf die Krankenstation, gab ihm ein Beruhigungsmittel, schnallte ihn fest und eilte zurück zur Brücke.   Der Professor konnte uns nicht wirklich weiterhelfen, was den Zustand der Station betraf. Dort, wo die rote Sonne auf ihre Oberfläche traf, leuchteten violette Blüten - mitten im All!   Unsere Scans zeigten, dass eine der vier Luftschleusen noch nicht zugewuchert war, also beschlossen wir, dort vorsichtig anzulegen, was mir auch gut gelang. Neptik, Marina und Lynx blieben an Bord der Reizon, während wir durch zwei Schleusen die Station betraten - nachdem Talapor es gelungen war, sie mit Energie zu versorgen.   Wir waren dabei sehr darauf bedacht, unser Schiff nicht mit den Sporen zu fluten. Diese waren an Bord der Station allgegenwärtig. Und oft zeigten sich grasartiger Bewuchs, Schlingpflanzen, Wurzeln und gelegentlich auch Blüten im Licht unserer Scheinwerfer.   Und so erkundigten wir das dunkle Schleusendeck. Kevins neue Kameradrohne fiel schnell aus, Opfer von schnellen Schlingpflanzen. Wir konnten sie später bergen. Aus manchen Richtungen hörten wir unheimliche Geräusche. Wir lokalisierten einen Fahrstuhlschacht und einen Lagerraum mit einem Terminal für die Luftfilter sowie Fässern mit dreihundert Zyklen alten Notrationen, die wir aber erstmal unberührt ließen.   Ein anderes Terminal hatte durchgeschnittene Zuleitungen und durch schläge beschädigte Komponenten. Es gelang uns aber, es in drei Stunden Puzzlearbeit zu reparieren. Der Schiffsreaktor war deaktiviert, und alle Restsysteme teilten sich 2% Notstrom. Natürlich fuhr auch kein Fahrstuhl mehr.   Unterwegs fanden wir mehrmals Leichenteile in den Ranken, so auch einen Handschuh mit gallertartiger schwarzer Substanz samt Knochenresten. Schließlich kletterten wir einen der Fahstuhlschächte nach unten, um zum Reaktorraum zu gelangen, den uns eine Wandkarte dort vermuten ließ. Alt-Dabaranische Inschriften verrieten mir, dass wir auf dem richtigen Weg waren.   Ein großes Schott versperrte uns den Zugang zum Reaktor. Eine Konsole verlangte das Passwort von Wahina Adala! Bei den Ikonen! Sollten wir auf den Spuren dieser berühmten dabaranischen Biologin sein, die vor mehreren Jahrhunderten spurlos verschwunden war?   Kevin gelang es, den Zugang zu hacken, und wir betraten den Reaktorraum. Auch hier Tote in Exos. Wurzeln. Und der acht Meter hohe Reaktorblock. Geräusche um uns, aus umliegenden Wartungstunneln. Ein von Wurzen durchbohrter, aber bei unserem Eintreffen noch lebendiger Mann vor einem Terminal, das auf Alt-Dabaranisch eine Abfrage zeigt: „Selbstzerstörung einleiten? (Ja / Nein)“. Ehe hier jemand etwas Unüberlegtes unternehmen konnte, drückte ich auf Abbrechen. Wir waren einem historischen Wunder auf der Spur!   Marina meldete sich über Funk: Neptik drehe durch, er habe zahlreiche Energiesignaturen geortet, die sich auf die Reizon zubewegen. Dies stellte sich als schneller Pflanzenbewuchs heraus, der unser Schiff zuzuwuchern drohte.   Wir wurden von dem lauten Umfallen einiger Fässer in der Dunkelheit erschreckt. Zein und Kevin gingen in die Richtung des Krachs, während Moth und ich uns um den durchbohrten Menschen zu kümmern versuchten. Der Mann war laut Abzeichen (eine Sonne mit vier Pfeilen) und Namensschild ein Drakoniter namens Salox Revas. Laut Logfiles im Terminal hatte er den Reaktor vor sieben oder acht Zyklen kurz aktiviert, ihn dann aber schnell wieder heruntergefahren. Waren dort die Pflanzen erwacht? Oder ihr Bewuchs nochmal intensiver geworden?   Bei den Fässern sichtete Zein einen Geist! Eine Gestalt in durchscheinenden, weiß schimmernden, weitläufigen Gewändern, das Gesicht von einer Maske verdeckt.   Mein Symbiont reagierte auf die Umgebung und die Erscheinung, aber es gab keinen Kontakt, irgendetwas schirmte uns ab. Und so nahm ich den Helm ab, und spürte einen anderen … Schwarm oder zumindest ein art Schwarmbewußtsein!   In Hoffnung auf Kontakt atmete ich die sauerstoffhaltige Luft der Station, mit Sporen ein. Beim Boten, beim Kollektiv. Wir müssen Kontakt herstellen zu dieser uralten und mysteriösen Intelligenz. Und so fuhr ich den Reaktor hoch, den die Pflanzen brauchten Energie.   Überall ging das Licht an, die Station erwachte aus ihrem Schlaf. Überall prachtvolles Leuchten von den mysteriösen Pflanzen. Über die Lautsprecher eine Stimme: „Bin nicht euer Feind … Yehenna … die Saat der Ikonen … unser Emirat in neuer Pracht erstrahlen … nichts ist wichtiger als dieses Projekt!“   Bei allen Geistern Dabarans! Der Emir! Wir können seine Vision vollenden!   Doch bevor ich mich äußern konnte, zog Amirah Tasch, die Leibwächterin des Professors ihre Vulcan und zielte auf mich, warf mir dabei hochrot und laut keifend Wahnsinn vor - und forderte nun auch noch die sofortige Zerstörung der Station. Dabei war sie es doch offenkundig, die gerade durchdrehte!   Und so siegten meine Kampfreflexe, und ich belegte sie mit Feuer aus meiner Stungun - ich wollte sie ja nicht schwer verletzen. Leider traf ich nicht gut genug, um sie auszuschalten, und vermutlich hätte sie massiv das Feuer eröffnet, wenn nicht heldenhaft Einheit 66 sie von hinten umklammert und festgehalten hätte.   Doch bevor ich an Talapor vorbeikam, der sich inzwischen eingemischt hatte, und sie entwaffnen konnte, fühlte ich mich von seinen Armen wie von Schraubzwingen festgehalten. Beim Boten, wie kann ein Forscher nur so stark sein? Ich verzichtete auf Gegenwehr, die mir ohne extreme Gewalt nicht gelungen wäre, sondern fügte mich in die Rolle eines wehrlosen kleinen Mädchens (es schien ihm zu gefallen), befahl ihm aber mehrfach, mich loszulassen. Er war ja irgendwie niedlich - fing aber nun auch wieder von seiner Kiste an zu erzählen, und dass ich sie ja widerrechtlich geöffnet hätte. Drehten jetzt also beide gemeinsam durch? War das ansteckend? Es konnte nicht an den vermutlich völlig harmlosen Sporen liegen, denn die beiden hatten ihre Helme noch auf.   Als nun gerade alles weiter zu eskalieren drohte, brachen auf einmal die restlichen Knochen des Drakoniters durch die Kraft der Ranken, die nun blitzschnell auf Amirah zuschnellten, sie umfassten und einen tödlichen riesigen Dorn durch ihren Leib stachen. Und so starben beide gleichzeitig: Revas und Tasch. Ich bedauerte ihren Tod, doch die Pflanzen hatten sich verteidigt.   Einheit 66 nahm übrigens Amirahs Vulkankarabiner erstmal an sich. Und es ist ein Zeichen für den Ernst der Lage, dass ich in diesem Moment sehr glücklich darüber war. Schließlich ließ mich Talapor dann doch los. Meine Arme waren schon ganz taub.   Der Reaktorraum wurde von Ranken überwuchert, die offenbar durch die neue Energiequelle mit neuem Leben erfüllt worden. Und so beeilten wir uns, hier wegzukommen. Zunächst erreichten wir auf einer anderen Ebene mit dem Fahrstuhl das Projektlabor, wo wir den offenbar schon länger abwesenden Professor wiederfanden, der wie ein Fanatiker Forschungsdaten kopierte. Von Amirahs Schicksal hatte er nichts mitbekommen, er interessiert sich auch nicht dafür.   Mich zogen scheinbar mystische Kräfte weiter hoch, zum Biodom. Der Schwarm rief nach mir. Talapor blieb beim Professor, um ihn zu beschützen und sicher zum Schiff zu geleiten, das Neptik gerade vorsichtig vom pflanzenumrankten Anlegepunkt weiter nach oben verlegte, zu einer großen Bruchstelle bei den Mannschaftsquartieren. Er hielt aber einen Sicherheitsabstand, der Gute, denn er war ist ja kein Pilot. Ganz so einfach, wie im Marketing zur Reizon angepriesen, war es nicht, einen Ekilibri das Steuer übernehmen zu lassen.   Alle anderen kamen mit mir zum Biodom, dass wir erstmal auf dem falschen Weg über Klettern im Schacht zu erreichen suchten, bis wir nach einem Hinweis des Professors über Funk umkehrten, und es über die Quarantänestation der Medizinischen Abteilung und einen dort befindlichen Fahrstuhl versuchten. Beim Abstieg im Schacht wären wir beinahe alle tief gestürzt, denn die Station bebte, offenbar durch eine Dekompression - die, wie sich später herausstellte, auf Talapor zurückzuführen war, der mit dem Professor einen Ausgang durch die Mannschaftsquartiere suchte.   In der Quarantänestation konnte Einheit 66 von einem Hochsicherheitsterminal noch wertvolle Forschungsdaten zu einer „Dunklen Blume von Salamanx“ herunterladen, und eine dreihundert Zyklen alte Nachricht des Ministers für Agrikultur-Angelegenheiten - mit den Koordinaten von Yehenna in den Absenderdaten!   Die Nachricht besagte, dass der erhabene Emir Resultate sehen wolle. Bei den Ikonen, Eure - vielleicht nicht nur spirituelle - Nachfahrin Layla wird Euch nicht enttäuschen, Emir!   Auch das Öffnen der Sicherheitstür des Fahrstuhls gelang, und wir fahren nun gerade hoch zum Biodom, während ich diese Aufzeichnung mache. Jetzt sind wir angekommen. Die Türen öffnen sich. Überall wuchernde Pflanzen, … eine humanoide Gestalt?   Und die Stimme: „Komm zu mir! Willkommen.“   Beim Boten! Vor uns steht .. vollkommen verwandelt … aber ganz eindeutig: Wahina Adala ...   Für Dabaran! Layla Out.
Andere Logbücher der gleichen Zeitspanne: Moth I. Roxar Eintrag 17 und 18: Ein totales Desaster
Datum des Berichts
22 Nov 2020
Hauptschauplatz
Nebenschauplätze

Kommentare

Please Login in order to comment!