Khamset 32ter Tag im Segment der Richterin im Zyklus 62 CZ
Aus dem persönlichen Audiolog von Layla Al-Biruni
Das fremde Klasse-4 Schiff im Trümmergürtel von
Gulore stellte sich als ein privat operierendes Bergungsschiff heraus, das Anspruch auf die Trümmer der Zafirah erhob. Wir tarnten uns zunächst mit der
Zarathustra und schickten Kevin sowie die Legionäre mit der Captain´s Yacht los, um die Lage vor Ort zu sondieren. Da die Yacht aber dem
Pariah-Orden zuzuordnen war, entfaltete sich ein Verwirrspiel aus Tarnidentitäten, Notlügen und Geschacher um die Smaragddisk der Zafirah, die aber, wie sich später herausstellte, noch gar nicht geborgen worden war.
Kevin unternahm mit den Legionären eine Expedition zu einem großen Wrackteil, wo sie nach etwas Sprengarbeiten im Innern auf überwucherte Stasiskapseln mit Körpern trafen, die von einem schwarzen Ausschlag bedeckt waren. Bei der Untersuchung weckte Kevin merkwürdige, Fledermaus-ähnliche Kreaturen, vermutlich berüchtigte Dunkelmorphe. Es kam zu einem Kampf, bei dem Kevin schwer beschädigt wurde und ausfiel. Die Legionäre brachten seine Überreste, die mit Bisswunden übersät waren, in einem Sack zurück zur Zara.
Rayna begann mit längeren Reparaturarbeiten …
Wir gaben die Tarnung auf, um weitere Untersuchungen anstellen zu können. Wie sich herausstellte, hatte das Bergungsschiff die Zara schon lange geortet, so dass wir nun mit offenen Karten spielen und weitere Trümmer der Zafirah untersuchen konnten. Zunächst ein wie von Antimaterie verformtes großes Modul, im Innern verdrehte Korridore und wurzelartige Gebilde, keine Energiequellen.
Dann zu einem weiteren Modul aus schwarzem Metall, gleichförmig und glatt, wie zugeschmolzen, einige Schriftzeichen erkennbar, aber fast alles unleserlich. Wir schweißten uns hinein, da
Moth darauf bestand. Im Innern eine riesige schwarze Halle oder eigentlich ein Hohlraum. Moth berichtete von Anzeichen, dass hier uralte, schreckliche Waffen aus den Portalkriegen oder noch früher gewirkt haben könnten, die Materie verformen. Wir kehrten nach dieser Offenbarung schnell zur Zarathustra zurück.
Inzwischen berichtete Rey, dass ein weiteres großes Trümmerteil der Zafirah auf dem Mond unter einer kilometerdicken Eisschicht geortet werden konnte. Wir entwarfen einen Plan, die Thermalkanone der Zara so umzubauen, dass sie einen ungefährlichen Dauerstrahl abgeben kann, der Menschen nicht gefährdet, aber Eis schmelzen kann. Rayna gelang der Umbau, und so konnten wir einen Tunnel durch die Eisschicht schießen und aufrechterhalten, der zum darunterliegenden Ozean führte, wo das Wrack in einiger Tiefe unter der Oberfläche auf einer Steilklippe noch weiter in bodenlose Abgründe abzurutschen drohte. Darum musste unsere Expedition genau geplant werden, inklusive eines längeren Tauchvorgangs ohne Fahrzeuge, da wir das Wrack nicht mit Gravitonprojektoren erschüttern durften.
Rayna flog unser Hauptteam mit einem der Legionäre im Shuttle durch den Eistunnel, wo wir während des Fluges seltsame, leuchtende Zuckerkugeln wahrnahmen, die es öfter im Horizont gibt. Dann sprangen wir von Bord in das kalte Wasser zum Tauchen. Rayna selbst kehrte mit dem Shuttle zurück zur Zara, wo der Rest der Crew und die Legionärin uns vor Überraschungsgästen aus dem All schützen sollten. Der Funkkontakt brach aber wegen des Wassers und der Eisschicht sehr schnell ab.
Nach 15-20 Minuten Tauchgang in das Ungewisse entdeckten wir das Wrackteil auf dem felsigen Vorsprung. Derweil vernahm ich ein Summen, eine Melodie und dann eine wohlige,
einschmeichelnde Stimme im Kopf, die mich einlud, mich einer Umarmung hinzugeben und die Finsternis mit Leben und Liebe zu erfüllen. Um ehrlich zu sein, ich war auf einmal voller Erregung und sehr gespannt darauf, was mich dort unten erwarten würde, es klang verlockend …
Moth riss mich aus dieser erwartungsvollen Stimmung, als er offenbar ebenfalls direkt in meinem Kopf sprach: dort unten, das was dort auf uns wartet, sei das Ende seiner Reise mit uns. Er bedankte sich bei uns, dass wir ihn begleitet haben; das Gute verstecke sich meist hinter einem schwarzen Pfad; und er sprach von einem alten, ultimativen Feind.
Am Wrack angekommen, identifizierte der Legionär als Fachmann für diesen Schiffstyp sofort einen langen Hauptschacht in der Schiffsmitte als bestes Ziel, um schnell im Innern voranzukommen. Ich merkte mir diese Besonderheit von Legionsschiffen – für die Zukunft.
Und so gelangten wir schnell zur Brücke der Zafirah. Dort mussten wir ein Schott sprengen, was das gesamte Schiff wanken ließ; der Absturz in die Tiefe war wohl irgendwann unvermeidlich.
Nadina schwamm zur Konsole der Smaragddisk, um sie zu bergen. Mit etwas Geschick gelang es uns auch, einige der Terminals beim Sitz des Captains mit Energie zu versorgen und einen Schiffsplan der Zafirah aufzurufen.
Sameera zeichnete alles mit ihrer Kamera auf. Die Sensoren meldeten Hüllenbrüche, einige unidentifizierte Objekte sowie in der Mitte eines Hangars …
NICHTS. Moth wirkte etwas aufgeregter, und murmelte etwas wie: “... der eine Punkt, wo Ihr für den Rest verantwortlich seid.”
Während Nadina mit der Disk zum Ausgang schwamm, um dort auf uns in sicherem Abstand zu warten, mussten wir uns natürlich um
NICHTS kümmern – und untersuchten den Hangar.
Dort verbrachten wir einige Zeit,
NICHTS dort (oder WENIGER-ALS-NICHTS?) zu studieren, Experimente zu machen mit Sichtlinien und Gegenständen, immer der Gefahr bewusst, in der Mitte des Hangars einfach in Atome aufgelöst zu werden.
Schließlich sprach Moth ein Machtwort und zerschmetterte
NICHTS. Es war ein Tarnfeld, hinter dem sich ein Schmetterlingsschiff verborgen hatte!
Dieser Schmetterling schien tot, seine Flügel beschädigt. Risse an der Seite dieses fremdartigen Schiffes von etwa der Klasse 2 - aber in seinem gesamtumfang wirkte es viel größer - die uns als Eingänge dienen konnten. Und so betraten wir eine fremde Welt im Innern … wo uns ein betäubender Schmerzensschrei begrüßte, als hätten wir eine unsichtbare Linie überschritten, ein Tabu gebrochen.
Perlmuttfarbene Stützbalken, Säulen, Emporen … wie ein strahlendes Tempelschiff aus einem anderen Horizont, in dem man sich wohl immer schwebend bewegte?
Hauptschacht, acht Kammern mit ringförmigen Iris-Türen. Strahlung, ein Abwehrmechanismus? Hinter einer Tür weitere kleinere Räume, Marmor, Muster aus filigranen Rinnen an der Decke.
Cassopeia erlitt einen kurzen Zusammenbruch, murmelte etwas von “Ich konnte hinter die Kulissen dieses schrecklichen Ortes blicken, ich sah, der Ort ist verdorben, dunkel, tot …”
Wir folgten dem Hauptschacht zu großen weißen Säulen, vielleicht ein Fusionsreaktor?
Weiter ging es dann in eine weite Kammer mit fließenden Formen an den Wänden, sternförmigen Öffnungen in der Decke, Sandstein.
In der Mitte, eine riesige Skulptur, zahlreiche Personen in einer gewaltigen Orgie miteinander verwoben, wie ein Baum aus Fleischeslust und Vergnügen. Faszinierend … ich fühlte mich hingezogen, teilzuhaben …
Ferner schwebten im Raum drei mumifizierte Gestalten in weißen Gewändern, nicht vollständig menschlich irgendwie. Statt Rippen eine Platte. Schädel und Finger viel zu lang, keine Augenhöhlen. Um es später zu analysieren, barg ich vorsichtig ein Seidengewand von einem der Toten und verstaute es in meiner Ausrüstung.
An der Skulptur entdeckte ich drei drehbare Ringe und konnte mit etwas Überlegen den Mechanismus korrekt aktivieren. Der Boden öffnete sich und gab eine azurblaue Scheibe in einem Gelsack sowie ein Gitternetz frei, das mit einem Kabel mit der Disk verbundne war, wie ich später (zu spät) bemerkte. Als ich danach griff, schleudert mich Moth mit mystischer Macht weg davon gegen eine Wand. Ich sprang natürlich sofort wieder auf und war mit meinen Reflexen und dem Jetpack sofort wieder an der Disk, sie drohend umklammernd, zog sie aber nicht sofort heraus.
Moth schrie mich an: “Eine Falle für Unwissende!”. Ich hingegen vermutete eine Art Smaragddisk des Schmetterlings mit wertvollen Information, die wir bergen mussten. Cassiopeia stellte sich zwischen uns, als wolle sie vermitteln. Und auf einmal bemerkte ich, dass das Kabel des Gitternetzes von jemandem durchtrennt worden war. Cassiopeia und ihr Klingenfächer?! Verrat. Doch ich exekutierte sie nicht sofort, konnte mein Temperament noch zügeln. Das muss alles warten.
Ich steckte das Netz ein, beließ die Scheibe aber vor Ort, weil Moth düstere Konsequenzen ankündigte, sollte sie entfernt werden. Die Statue stelle laut Moth einen besonders düsteren Aspekt der Tänzerin dar, der hier verehrt worden war.
Lynx entdeckte noch mehrere kleine Kugeln, die auch im Raum schwebten: fünf mysteriöse Heilskarabäen, die wir schnell bargen und einsteckten. Auch der Legionär schien derweil gebannt und fasziniert von der Skulptur, marschierte dann aber abrupt wie in Trance weiter zu der nächsten Iris-Tür.
Dahinter hell erleuchteter, weißer Raum. Kokons. Verbrauchte Heilskarabäen. Dann eine weitere Tür, die Moth mit einer Geste öffnete (wofür wir sonst eine Viertelstunde Schweißarbeit gebraucht hätten).
Ein Kokon mit einer Gestalt, gekleidet in weißes Leinen mit einer Augenbinde, wie eine Priesterin, eine Vestalin? Umgeben von roten Heilskarabäen. Sie sprach Moth direkt an: ”
Santulaner! Euch hätte ich am wenigsten erwartet … ein erbärmlicher Versuch, uns aufzuhalten?” Uns allen bot sie an, uns auf die Seite des Lichts zu schlagen … doch ehe ich begeistert “Ja!” rufen konnte (oder auch nicht), wurden wir hinterrücks attackiert.
Farouk, der Legionär, schoß auf uns, während er laut irgend eine Gebetsformel an eine “
U'haya” rief.
Verrat! Immer wieder Verrat!
Nun entbrannte ein epischer Kampf. Moth versuchte, die Vestalin aufzuhalten, während ich mich um den Legionär kümmert. Dieser schaltete zusammen mit dem vermutlich mystisch ferngesteuerten Lynx die Hälfte unseres Teams aus, bevor ich ihn niederschießen konnte; ich vermied es aber, ihn sofort zu töten. Doch das war alles am Ende unwichtig.
Moth schütze sich mit einem gewaltigen Wirbel aus Gegenständen und Trümmern, doch er schien zu wanken. Kurz war er wieder da, unser alter, junger Moth, ein völlig verunsicherter normaler Mensch. Dann wieder der Abgesandte, der weiter kämpfte. Aber zu stark war die Vestalin. Moth rief uns zu, dass wir fliehen sollten, er gehe nun seinem Schicksal entgegen.
Nur kurz zögernd kam ich dem Befehl des Abgesandten nach, gab das Kommando zur Flucht und zog die schwer verletzte und bewusstlose Sameera aus dem Raum, während der wieder zu Verstand gekommene Lynx Cassiopeia rettete. Der Kampf zwischen Moth und der Vestalin tobte weiter, während wir zum Ausgang flohen, wo wir Nadina antrafen und uns alle gemeinsam in Richtung Oberfläche aufmachten.
Hinter uns schien sich das Wrack der Zafirah wie von Titanenkräften zu einer Kugel zusammenzuziehen und zu implodieren, um dann über die Klippe in die namenlosen Tiefen des Ozeans zu verschwinden, wo Moth und die Vestalin gemeinsam ihr Ende fanden.
Layla Out.
Kommentare