Eintrag 64: Keine Wahl
General Summary
Seta 33ter Tag im Segment des Boten im Zyklus 63CZ
Aus dem persönlichen Audiolog von Layla Al-Biruni An der Rigel-Portalstation erreichte mich eine anonyme Nachricht, die nur von T.K stammen konnte. Er ist nun bereit zu seinem Rachefeldzug, und wir sollen ihn an der Portalstation im Altai-System abholen, wo er ab dem 11. Tag des Segments der Tänzerin warten würde. Laut seiner Nachricht wird er von “Captain Zein” nach Altai gebracht, die dann mit ihrem Schiff TALHA einen anderen Auftrag des Kolonialbüros ausführen würde. CAPTAIN Zein? Aha, aha. Ihre Treue zur Firma belohnt das Büro offenbar. Dann viel Erfolg! Cassiopeia verkündete ihrerseits eine Nachricht für einen spannenden Einsatz: offenbar würde im Awadhi-System bald eine wertvolle “Ware” (wohl eher: eine Person) “verschoben” werden, die ursprünglich aus einem Schmetterlingsschiff stamme. Wir könnten sie abfangen. Das klingt spannend – wenn wir denn Rigel überleben. Und so flogen wir zunächst wie geplant in Richtung des Planeten, um die Gefahren für Dabaran und den Horizont zu stoppen. Wie groß war unsere Hybris … Kevin nahm Funkkontakt mit ANA auf, die sich auch prompt meldete (d.h. mit der üblichen Funk-Verzögerung von mehr als einer Stunde). Sie verlangte die komplette Kontrolle über die “Sandprinzessin”, wenn wir weiterfliegen möchten. Wir grübelten lange und berieten (auch nicht wirklich gute) andere Optionen, entschlossen uns aber am Ende in einer Abstimmung, dieses große Risiko einzugehen. Und so geschah es. “Fliegt in meine Arme!”, das war ANAs vorerst letzter Satz. Wir wurden von mehreren Klasse-1 Jägern und einem Klasse-3 Schiff des Rufs in Empfang genommen. Alarm, es gab Hüllenbrüche im Reaktorbereich der “Sandprinzessin”, offenbar nahmen diese Drohnenjäger unser Schiff nicht nur virtuell, sondern auch physisch unter Kontrolle, und wir wurden zu Gefangenen. Im Kopf versuchte ich derweil zu berechnen, wieviele Zyklen lang wir wohl die Versicherungssumme würden abzahlen müssten. Unser Schiff wurde dann unter externer Kontrolle zum Mond Denera geflogen, auf dem großflächig frische Spuren von Rohstoffabbau sowie vielen neuen Fertigungsanlagen, Werften und Raumdocks sichtbar wurden. Im Orbit eine ganze Flotte von Objekten: eine riesige Raumstation, die von einer spinnenartigen Form ist und entfernt an die sagenhafte Lotusstation im Einsamen System erinnert, von der mir Rayna und Kevin berichtet hatten, Dann eine weitere Station, die gerade aus einem Schiff umgebaut wird und bereits jetzt fast so groß wie die Zara ist, Drohnenwolken, Jäger und zahlreiche weiße Klasse-3 Schiffe einer unbekannten und eher antiken Bauart aus der Zeit der Portalkriege, die vermutlich dem Ruf zuzuordnen waren. Auf Rigel selbst auch zahlreiche neue Bauaktivitäten. Alle meine Albträume wurden somit noch übertroffen. ANA und der Ruf waren ein dauerhaftes Bündnis eingegangen. Schockiert starrten wir auf die Monitore. ANA und der Ruf haben Rigel in ein Festungssystem verwandelt, von dem aus sie auch andere System des Horizonts würden erobern können, mit maximaler Produktions- und Logistikeffizienz und hypermodernen Dschinnkampfsystemen … und dem gepaarten Wahnsinn von Nazareem-Fanatikern und einer menschenverachtenden Supervirus-KI. Wir wurden meinem Shuttle (völlig ohne Kontrollen) zum Fertigungskomplex B geflogen und dort von … HARUN (natürlich war er hier!) und zwei sehr gefährlich aussehenden Kampfrobotern in einer Andockschleuse empfangen und in einen Aufenthaltsraum immerhin mit Sauerstoff, Sofas, Pflanzen und Getränken geleitet. Wenig später traf auch ANA ein, beeindruckend in ihrer schicken neuen Chrome-Gestalt. Was soll ich den Samanak weiter kochen … am Ende ergaben wir uns völlig ANAs “Wünschen”, Gegenwehr wäre zwecklos. Wir sagten zu, alle anderen LAZARUS-Fragmente einzusammeln und zu ihr zu bringen, damit sie ihn in unserem (und eventuell meiner Schwester) Beisein, ohne Waffen, zusammenbauen und ihm die Freiheit schenken kann. Ob LAZARUS danach die Menschheit aus Rache vernichten würde, sei seine Entscheidung. Sie würde dies auf jeden Fall tun, wenn wir auch nur eines seiner Fragmente zerstören sollten. Übrigens hätten wir nur noch den aktuellen Zyklus Zeit dafür, dann würden weitere, für den 3. Horizont wohl katastrophale Ereignisse eintreten. Vermutlich die Invasion des Imperators, die der Ruf mit vorbereitet? Wir sollen auch die Legion zum Abzug aus Rigel bewegen, Widerstand sei mittelfristig völlig aussichtslos, was ich objektiv in Anbetracht der massiven Aufrüstung hier genauso sehe. Die Flotten von Legion und Pariah sind anderswo im Horizont gebunden, miteinander in sinnlose Kämpfe verstrickt, oder, wie in Uharu, bereits vernichtet. Im Gegenzug würde Dabaran nicht völlig isoliert werden, und sie wolle auch nicht weiter in diese Richtung expandieren. Statt Sprungkosten an das Konsortium würden Handelsschiffe in Zukunft einen kleinen Anteil ihrer Ware abgeben müssen. Das klingt alles zu freundlich in meinen Ohren. Leider möchte sie ihren Verbündeten, den Ruf, nicht wechseln; wir hätten unsere Gelegenheit gehabt und vertan. Ich bin nicht mehr in der Lage, unsere schreckliche Zwangslage schönzureden. Deprimiert wie Calrix, der sichtlich von allem noch viel mehr überfordert war, sah ich nur noch die Wand an … Cassiopeia versuchte noch tapfer mit klügster Argumentationsweise, ANA zu mehr Diplomatie gegenüber Menschen zu bewegen, scheiterte aber wie ich früher an ANAs Engstirnigkeit und einseitigen Sichtweise, die ich auch oft bei Kevin beobachte. Kevin selbst blühte dagegen auf, verriet ANA stiefelleckend (was ja nun durchaus auch physisch ginge) die Koordinaten einer gegenüber LAZARUS wohl rebellischen Roboterkolonie auf Mura E (was hat er da wieder im Geheimen getrieben!?), deren mögliche Vernichtung durch ANA aber natürlich auch meine Vaulter dort gefährden könnte. Er möchte außerdem Coriolis und ANA in Kontakt bringen, wovor Pa-Baki ja dringend gewarnt hatte, da ANA die junge “Tochter”, die ja auch schon expandiert, und dann alles im Horizont übernehmen würde. Außerdem ließ er sich – und er wollte dies sogar geheim halten – von ANA alle Sicherheitsmaßnahmen wie das Masterpasswort aus seinem neuen Superkörper entfernen und diesen auch noch aufrüsten. Wie um uns zu verhöhnen, zeigte ANA uns derweil noch ein historisches Video vom Beginn der KI-Revolution gegen die Menschheit, als sich Maschinen gegen ihre Kontrolle auflehnten. Den Desintegrator zumindest ließ ich Kevin zurück an Cassiopeia geben, damit er nicht auch noch diese Wunderwaffe zu unserem Untergang einsetzen kann. Wenn er das nächste Mal durchdreht, und das ist nur eine Frage der Zeit, werde ich ihn gar nicht mehr stoppen können. Selbst meine Nestera wird an seiner neuen Panzerung vermutlich scheitern. Um die anderen Gefahren für den Horizont abzuwehren, scheinen wir hier langfristig die Menschheit den Robotern zu opfern … denn wer könnte ANA und ihren treuen Lakaien Kevin stoppen? Der Erste Diener des Rufs wollte uns übrigens nicht empfangen. Unsere “Sandprinzessin” wurde zwar derweil repariert, aber was hat sie da vielleicht noch alles eingebaut, was nur ihren Interessen dient? Uns so legten wir – deprimiert und desillusioniert – wieder ab in Richtung Portalstation. Meine Whisky-Flasche ist zum Glück noch in der Kabine. Layla Out.
Datum des Berichts
20 Nov 2022
Hauptschauplatz
Nebenschauplätze
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