Hochzeit - Hidron & Kinara
Inhaltsverzeichnis
1. Der Morgen am Tag der Hochzeit
1.1 Zurück nach Trallop
1.2 Der Morgen – Hidrons Zimmer
1.3 Der Morgen – Kinaras Zimmer
1.4 Der Morgen – Linai und Selinde
1.5 Der Morgen – Deaszeah
1.6 Auf dem Weg zum Tempel
2. Die Zeremonie
2.1 Der Aufbruch zur Burg
2.2 Hidrons und Kinaras Zimmer
2.3 Das Fest
3. Der Morgen nach der Hochzeit
1. Der
Morgen am Tag der Hochzeit
1.1 Zurück
nach Trallop
Es war kurz nach Sonnenaufgang, als drei Frauen ein
kleines Wäldchen verließen. Auf ihrem Weg zur Bärenburg
zu Trallop gerieten zwei von ihnen öfters ins
Wanken – die Nachwirkungen eines besonderen Tees,
den die dritte Frau ihnen am Abend vorher zu trinken
gab. Unter ihren Füßen knirschte und knackte der festgefrorene
Schnee, welcher das gesamte Land bis hin zu
Garethien bedeckte. Die drei lehnten das Angebot einer
Mitnahme durch einen ihnen bekannten Fuhrmann,
welcher Gemüse geladen hatte, ab. Zwei Meilen noch
bis Trallop, und ein wenig Beinarbeit sollte den restlichen
Einfluss des Tees vertreiben. Außerdem, konnten
sie so den Duft von mehren Sack[Fußnote 1] Kohl meiden.
Sie wanderten auf dem Seeweg, einer Straße, welche
Trallop mit Olat verband und entlang des Südufers des
Neunaugensees verlief.
Zu ihrer linken Seite erstreckte sich eben jener See, ein
Gewässer auf dem die Seefahrt aufgrund einer Kreaturenart,
welche ihm ihren Namen gab, zum erliegen
kam: die Neunaugen.
Aus dieser Position sah er recht beschaulich aus –
kleine Eisschollen lösten sich stetig vom Ufer und trieben
glitzernd im Licht der Morgensonne umher. Der
See war so riesig, dass man das ferne Ufer trotz klarer
Sicht kaum erkennen konnte.
Immer wieder betrachtete die kleinste der Drei ihr
Handgelenk. Dort wurde ihr von der Dunkelhaarigen
unter Durchführung eines okkulten Rituals, bei dem der
erwähnte Tee eine Rolle spielte, ein Zeichen als
Geschenk eintätowiert. Dieses Tattoo ermöglicht der
Trägerin eine erhöhte Empathie gegenüber ihren beiden
Freundinnen.
Noch bevor sie eines der Stadttore von Trallop erreichten,
blieb die Tätowierte stehen und aktivierte das Zeichen
– stieg doch die Neugierde unterwegs zu sehr an
es auszuprobieren. Die Fähigkeit, welche das Tattoo
mit sich brachte, nannte sich Bund der Freundschaft
und der Träger konnte sie mit einem flüchtigen
Gedanken aktivieren.
Und so aktivierte Kinara, wenige Minuten vor den
Toren der Stadt, diese Fähigkeit.
„Dea? Isra? ...“, sie schaute beide an, „es gibt doch
keine Probleme mit der Hochzeit, welche ihr mir verschwiegen
habt?“
Kinara schämte sich augenblicklich, nachdem sie diese
Worte aussprach. ‚Du zeigst jetzt so gar kein Vertrauen‘,
dachte sie grimmig.
„Nein, soweit es mir bekannt ist, gibt es keine Probleme
wegen der Hochzeit. Es wird bestimmt ganz
wunderbar. Wenn wir denn nun langsam mal weiter
gehen, ohne Braut wird das sonst nichts“, erwiderte
Deaszeah.
Kinara seufzte lauter als beabsichtigt. Isra hob ihre
Augenbrauen.
„Gut, lasst uns weiter gehen!“
Ein Gelbfuchs schaute ihnen neugierig hinterher.
Die Sonne stand mittlerweile eine Handbreit über den
Horizont und der Himmel war in ein kaltes, tiefes Blau
gefärbt. Ein Blick nach Osten zeigte die Spitzen des gut
hundert Kilometer entfernten Gebirges Rote Sichel.
Über den Gebirgsspitzen hatte sich eine langgezogene
Wolkendecke geformt, und eine frische Brise, welche
dieses Mal nicht die sonst gewohnte Kälte mit sich
brachte, wehte den Dreien aus jener Richtung entgegen.
„Sieht nach einem Unwetter aus, welches in unsere
Richtung zieht“, bemerkte Isra.
Eine Minute später passierten sie das Dreileuentor[Fußnote 2].
1.2 Der
Morgen – Hidrons Zimmer
Unterdessen, in einem Gemach der Bärenburg, saßen
zwei Männer und grübelten über eine spezielle Unannehmlichkeit.
Der größere von beiden, ein Zweimetermann,
schritt dabei auf und ab.
„Hidron, jetzt beruhige dich! Lass einfach Dea oder
Isra diesen Zauber brechen oder zumindest für eine
Zeitlang unterdrücken“, gab der Kleinere zu bedenken.
Hidron blieb stehen und schaute seinen Gefährten an.
„Und was soll ich sagen? ... Dea, Isra, könnte eine von
euch mir bitte helfen mit meiner steifen Latte?“
Krätz hielt sich die Hände vors Gesicht, um seinen
Lachanfall zu verbergen.
Hidron setzte sich wieder hin. „Kinara wird das gar
nicht amüsant finden. Der Händler sollte sich was schämen,
mir so ein Teil verkauft zu haben!“
Ohne weitere Worte zu wechseln, saßen die Männer
noch eine Zeitlang einfach so da, bis es an der Tür
klopfte.
„Hidron? Bist du da?“ Es war Kinara.
Mit einem Ruck stand der Hühne auf und schaute aus
dem Fenster, sein Rücken der Tür zugewandt. „Komm
rein!“
Und das tat sie.
Krätz Blicke wechselten angespannt zwischen Hidron
und Kinara hin und her.
„Guten Morgen ihr beiden. Dein Waffenrock lag bei
mir im Zimmer. Hast du mein Schwert gesehen?“
Hidron drehte sich nicht um und schaute weiter in die
Ferne.
„Guten Morgen. Danke, ich ziehe ihn gleich an. Ja,
habe ich.“
Kinara legte den Waffenrock sorgsam über einen freien
Stuhl und stellte sich hinter Hidron. Ihr heiteres Gesicht
fing an, ein paar Sorgenfalten zu zeigen.
„Siehst du irgendetwas Interessantes dort draußen oder
warum schaust du mich nicht an?“
Sie fing an, ihn von hinten zu umarmen. Der Größenunterschied
ließ nur zu, dass sie ihre Arme um seine
Hüfte und Taille legen konnte – bis sie mit etwas in
Berührung kam.
Hidron zuckte zusammen. Kinaras Hand blieb an etwas
hängen.
„Deine Freude, mich zu sehen ist ja sehr offenkundig
Hidron!“
Ihr Verlobter schwieg.
Kinaras Augen verfolgten Krätz, der gerade dabei war,
das Zimmer unauffällig zu verlassen.
„Wohin Krätz?“
Ihr Gefährte verharrte in seiner Bewegung. „Ich ... äh ...
muss nach einer Synthese im Keller schauen. Ist alles
sehr ... zeitkritisch.“
Kinara entfernte sich einen Schritt weit von Hidron.
„Das Einzige, was gleich zeitkritisch wird, bin ich! Was
hat es mit Hidrons ... Ding auf sich? Hast du ihm etwas
von deinem Zeugs gegeben? Nicht, dass ich vielleicht,
könnte sein, vermutlich, wahrscheinlich, etwas grundsätzlich
dagegen hätte, wenn du ihn mit Sachen versorgst,
aber doch nicht so etwas! Und das am Tag unserer
Hochzeit!“
Krätz schüttelte den Kopf. „Frag ihn selbst ... ich muss
los!“ Kinara wollte ihn aufhalten, aber ihre Hand griff
nur in die Luft. Dann war er auch schon verschwunden.
„Ich äh ...“, Hidron drehte sich um und lächelte Kinara
an, „... Der Ring ist schuld.“
Kinara betrachtete Hidrons Schritt.
„Du hast dir einen Ring darüber gesteckt? ... Wieso???“
„Nein, hier ...“, Hidron hob seine Hand und deutete auf
den Kupferring, welcher auf seinem kleinen Finger
steckte.
„Wo hast du den denn her? Nimm ihn ab! Das geht gar
nicht!“
„Von einem Krämer für magisches Zeugs. Es ist nicht
meine Schuld. Ich habe den Ring nur erworben, weil
ich ihn hübsch fand. Er ist aber verflucht und deswegen
bekomme ich ihn nicht ab! Auch nicht mit Seife. Er hat
sich magisch festgefressen.“ Das Detail, dass er
beabsichtigt hatte, ihr diesen Ring als Geschenk zu
machen, ließ er lieber aus. Wobei sie mit hoher Wahrscheinlichkeit
ihm gar nicht böse wäre – er hatte nur
keine Lust, für noch mehr Diskussionsmaterial zu
sorgen gegenüber einer Schwangeren.
„Ich hole meinen Werkzeugkoffer. Dann schneide ich
den Ring mit der Zange ab.“ Kinara drehte sich um und
verließ das Zimmer.
Hidron setzte sich wieder hin und wartete.
Auf dem Weg zu ihrem Zimmer blieb Kinara stehen.
Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf und sie machte
kehrt.
„Ich habe es mir anders überlegt. Wir fragen Dea oder
Isra ob sie imstande sind die Magie zu brechen oder zu
unterdrücken. Unterdrücken ist besser, weil es manchmal
böse endet, wenn man versucht, Gegenstandsmagie
zu brechen. Ich möchte ja nicht, dass freigesetzte Magie
dir Schaden zufügt. Möglicherweise passiert so etwas
auch beim Schneiden. Außerdem ... vielleicht enthält
der Ring ... zusätzlich andere Magie, ... Nützliche.“
Kinara bemerkte nicht, dass ihre Wangen einen roten
Farbton annahmen. Sie war eine schlechte Lügnerin.
Beide brauchten nicht lange warten, denn aus dem Flur
drangen die immer lauter werdenden Stimmen von Dea
und Isra in ihr Zimmer.
Kinara riss die Tür auf. „Wie praktisch, dann brauche
ich euch nicht suchen. Wir benötigen eure Hilfe!“
Beide erschraken kurz, nickten dann und folgten ihr ins
Zimmer. Hidron hatte sich in der Zwischenzeit wieder
dem Fenster zugewandt.
„Ich glaube, ich weiß schon, um was es geht“, warf
Deaszeah ein.
Mit verwirrten Gesichtsausdruck blickte Kinara beide
an. „Ihr wusstet davon und habt mir nichts gesagt?“
Sie erinnerte sich, als sie den Bund der Freundschaft
aktivierte. ‚Ach, das haben die mir verschwiegen’,
dachte Kinara.
„Wir wollten dich nicht mit Sorgen belasten“, gab Isra
als Antwort.
„Zumal du in letzter Zeit sehr empfindsam bist. Ich will
nicht sagen cholerisch. Doch eigentlich schon, aber
nicht negativ cholerisch. Eher so etwas wie eine
ungehaltene Stimmungsstabilität. Liegt mit Sicherheit
an deiner Schwangerschaft, nicht wahr Isra?“, ergänzte
Deaszeah und schaute Isra mit Nachdruck an.
„Natürlich, ja, eine Schwangerschaft ändert das Gemüt
ein wenig“, bestätigte Isra.
Die Schwangere seufzte. „Also könnt ihr nun das Problem
lösen? Ich möchte nicht mit einem Handtuchhalter
in den Tempel hineinspazieren.“
Beide ihrer Freundinnen nickten.
Kinara schaute Isra an. „Musst du ihn dafür anfassen?“
Isra verdrehte ihre Augen „Ja, Kinara. Am Ziel des
Zaubers.“
Kinara verzog ihr Gesicht und wandte sich dann an
Deaszeah: „Und du? Musst du ihn dafür auch
anfassen?“
„Nein, ich muss ihn nur sehen. ... Also Hidron selbst ...
nicht den Handtuchhalter“, erklärte ihr Deaszeah, während
sie einen Lacher weggrunzte.
„Gut!“, bemerkte Kinara, „Dea, unterdrück erstmal den
Zauber bitte!“
„Das werde ich versuchen. Ich hätte ihn eh nicht brechen
können. Magische Gegenstände lassen sich nur in
ihrer Wirkung temporär unterdrücken. Um die Magie
aufzulösen bräuchte es einer Disjunktion, so etwas kann
ich noch nicht. Eine Disjunktion löst die Magie von
Gegenständen in ihre einzelnen Bestandteile auf. Bei
Gegenständen bricht man also keine Zauber, sondern
man disjunktiert sie.“
„Dis ... junk ... tiert“, Kinaras Lippen formten lautlos
das Wort. „Das macht nichts. Wie lange hält die Dämpfung
an?“
Deaszeah zuckte mit den Schultern. „So genau ist das
nicht berechenbar. Vielleicht ein paar Sekunden – eine
halbe Minute. Diese Magie hier ist ja nicht wirklich
sehr mächtig. Solange ich mich darauf konzentriere, die
arkanen Strömungen ephemer zu intermittieren, sollte
der Effekt gedämpft sein.“
„Nur eine halbe Minute? Dann dämpfe bitte die
gesamte Zeit während der Zeremonie. Schaffst du das?
Aber, teste es bitte jetzt aus, bevor es nicht klappt und
Isra ... äh ... Hand anlegen müsste.“
Die drei Freundinnen schauten sich für einige Sekunden
an und brachen dann in Gelächter aus. Deaszeah
musste sich ihre Haare anschließend aus dem Gesicht
streichen.
„Das ist alles so bescheuert, wisst ihr das?“, gackerte
Kinara und setzte fort: „Ich stelle mir gerade vor, wie
Isra ihm die ganze Zeit in den Schritt fassen müsste,
damit sein Ding wieder schlaff wird. Wobei, bleibt es
dann wirklich schlaff?“
Isra verdrehte ihre Augen und Hidron, der immer noch
die verschneite Landschaft genoss, seufzte laut. Deaszeah
stand mit Tränen in den Augen auf.
„Ich fange dann mal an.“
Ihre Haare begannen leicht aufzuwallen. Um Hidron
bildete sich eine magentafarbene kristalline Sphäre,
welche direkt nach ihrem Entstehen in tausende Splitter
zerbarst, welche ihn dann langsam umkreisten nur um
sich anschließend wieder zusammenzufügen. Die durch
die Sphäre verursachten Reflexionen und Dispersionen
des in das Zimmer hineinstrahlenden Sonnenlichtes
ließen tausende Lichtpunkte an den Wänden entstehen.
Hidron fasste sich in den Schritt und atmete erleichtert
auf. „Es hat funktioniert. Danke!“
Deaszeah nickte zufrieden. „Natürlich hat es das! Ich
werde dir diese Kraft beizeiten beibringen und mit dir
dann zusammen repetieren. Aber vielleicht lässt du
sicherheitshalber Kinara dein ... deine Problemstelle
nochmal nachprüfen.“
Ihre Freundin gab ihr einen leichten Schlag auf den
Hinterkopf und welche darauf mit einem breiten Grinsen
reagierte.
„Geht das auch ohne dieses ... Lichterschauspiel?“,
hinterfragte Kinara mit einem Stirnrunzeln.
„Ja, aber dazu müsste ich mich stärker konzentrieren.
Möglicherweise verliere ich dabei zeitweise die Kontrolle
vollständig. Diese Kraft ist mir neu und ich
bräuchte da mehr Übung.“ Deaszeah presste ihre
Lippen zusammen.
„Das ist schon in Ordnung Dea“, erwiderte Kinara,
„ich möchte nicht, dass du dich während der gesamten
Zeremonie unwohl fühlst. Wenn es zu kraftraubend
wird, beende einfach die Dämpfung.“
„Habe verstanden. Bevor das aber alles zu albern wird,
strenge ich mich lieber an. ... Gut, nachdem das nun
geklärt ist, gehe ich wieder auf meinen Kontrollgang
und frage mich durch, ob ich hier oder da helfen kann.
Isra bleibt solange bei dir Kinara. Und Krätz bei
Hidron.“
Krätz stolperte in den Raum hinein, als Deaszeah die
Tür öffnete. Sie verpasste ihn beim Rausgehen eine
Kopfnuss aufgrund des Lauschangriffes.
Kinara und Isra machten sie auch auf dem Weg.
„Wir sollten unsere Waffenröcke anlegen Hidron.
Krätz, hilf ihm bitte dabei! Ich bin dann mit Isra auf
meinem Zimmer.“
Krätz kratzte sich die Kopfnuss weg und nahm das
Kleidungsstück in die Hände, welches trotz seiner ausgestreckten
Arme noch den Boden berührte. Er blickte
Hidron fragend an und stieg dann auf einen Tisch.
Kinara hatte die Waffenröcke selber angefertigt. Bis auf
ihre Größen sind beide Kleidungsstücke identisch. Sie
hatte sich für einen Schnitt entschieden, welcher eher
einer Mischung aus Tappert und Waffenrock ähnelte.
Dies begründete sie damit, dass während der Hochzeitszeremonie
keine Rüstung darunter getragen wird und
das Erscheinungsbild sonst dürftig aussähe. Demzufolge
hatte sie zusätzlich Ärmel angenäht.
Auf ein großräumiges Bestücken der üblicherweise
angenieteten Metallplättchen an der Innenseite hatte sie
auch verzichtet. Sie ließ es sich jedoch nicht nehmen,
diese Metallplättchen an der Außenseite zu befestigen,
somit wurde aus dem Tappert-Waffenrock ein Tappert-Plattenrock,
wenn man so will – auch wenn nur teilweise.
In diesem Fall flankierten die Plättchen nur den
Saum des vorderen Teiles des Kleidungsstückes,
anstelle einer vollflächigen Anbringung. Für Plättchen
aus massivem Gold war nicht genug Material vorhanden
(doch schon, aber Kinara hatte für das Material
beider Waffenröcke bereits einhundert Dukaten investiert),
und so verzierte sie die Metallplättchen, welche
aus Eisen bestanden, mit Blattgold.
Die Plättchen wiesen zwei unterschiedliche Stanzungen
auf: eine mit einer Zusammenführung des heiligen
Symboles[Fußnote 3] Iomedaes und Rondras, ein Schwertkreuz
auf einer Sonne und Schild. Das andere Symbol war
das von Kor: ein Schwertkreuz mit Blutstropfen in
einem Trigon.
Jedes dieser Plättchen war so klein wie ein Fingernagel
und fest mit dem Damast vernietet, direkt neben dem
Saum. Des Weiteren hat Kinara alle Kanten der
Wappenröcke mit goldenen Paspeln versehen.
Auf der Brust prangten die beiden Stickereien eines
Löwen und eines Mantikors – beide mit goldenen Garn
gestickt. Der Grundstoff im Gesamten war recht schwer
und als fünf-schäftiger Atlas gebunden, und zeigte dort
auch die beiden heiligen Tiere der Rondra und des Kors
als handflächengroße Motive, in etwas hellerem Indigo,
als der dunklere Hintergrund. Kinara musste dafür
einen Webstuhl modifizieren.
Kinara hatte deutlich Krätz angewiesen darauf zu
achten, dass Hidron den Waffenrock nicht zerknittert
während des Anziehens.
Schweißperlen bildeten sich auf Krätz Stirn, als Hidron
ein wenig ruppig mit dem Kleidungsstück umging, in
dem Versuch es anzulegen, wie ein schnödes Nachtgewand.
„Passt gut, nicht wahr Krätz?“
Mit einem Seufzen sprang Krätz vom Tisch. „Da hat
Kinara bei dir gut Maß genommen. Aber, ist dir eigentlich
aufgefallen, dass sie jetzt ein Tattoo am Handgelenk
trägt? Hatte sie das schon immer?“
„Nicht, dass ich wüsste“, begegnete Hidron.
„Was ist denn das für eine Antwort? So etwas beantwortet
man mit einem Ja oder einem Nein. Du wirst sie
gleich heiraten und weißt nicht, ob sie so etwas vorher
trug? Ihr macht mir es nicht leicht, Alchemie für euch
zu praktizieren. Solche Abweichungen muss ich
wissen. Ich habe mich damals darauf eingestellt Menschen,
Elfen, Zwerge, Halblinge, Gnome und meine
Spezies als meine Versu ... als Zielpersonen für meine
Alchemie zu haben. Jetzt habe ich einen Tiefling, eine
Aasimar und eine Schwangere. Habe sowieso schon
von Isra einen Einlauf bekommen, dass ich wegen
Kinaras Schwangerschaft aufpassen muss. Dann sind
zwei von euch noch psionisch veranlagt. Ok, also du
weißt es auch nicht mit dem Tattoo. Ist aber erstmal
nicht so wichtig. Ich frage sie später danach.“
Nachdem Krätz sein Lamento ins Finale führte, fing er
an, Hidrons Waffenrock zu inspizieren und glatt zu
streichen.
„Vielleicht sind ja einige Jungfern mit auf der Hochzeitsfeier“,
bemerkte Hidron und schaute Krätz an, welcher
ihn danach ein wenig verständnislos anblickte.
„Hast du mich mal betrachtet Hidron? Schau genau hin!
Ich sehe dank dieses göttlichen Wunders von Praios aus
wie ein zwölfjähriger Menschenbengel!“, klagte Krätz.
„Die hier in Weiden sollen ja selbst schon Zwölfjährige
verheiraten“, warf Hidron ein.
„Das stimmt, aber das macht der Adel. Komische Sitten
Kinder zu verheiraten,“ Krätz schüttelte seinen Kopf,
welchen Hidron dann tätschelte.
„Wäre es dir lieber, wenn das Wunder jetzt aufhören
würde zu wirken?“
„Was? Nein! Natürlich nicht! Wobei ... Ich könnte beim
Anbändeln erwähnen, was für einen tollen Schwanz ich
doch habe ...“
Hidron musste lachen.
„Weißt du Hidron ... Kinara liebt dich sehr. Als ich ein
paar meiner Aufzeichnungen gesucht habe, kamen
zufällig ein paar ihrer Notizen und Bücher in mein
Blickfeld. Ich musste diese kurz überfliegen, um sicher
zu sein, dass es nicht meine waren. Mehrfachkontrolle
ist immer sicherer.“
Hidron schaute Krätz mit einer Mischung aus Neugierde
und Verblüffung an. „Du hast ihre Tagebücher
gelesen und warst dir dann erst nach, sagen wir, dreihundert
Seiten sicher, dass es nicht deine Aufzeichnungen
waren?“
„Zweitausendeinhundertelf Seiten auf sechs Bücher
verteilt. Sie schreibt, seitdem sie von Zuhause fort ist
täglich durchschnittlich eine Seite voll, wobei sie, seitdem
sie mit uns zusammen ist, anfing mehr zu schreiben.
Vor allem über dich. Dein Name wird übrigens
neunhundertvierundzwanzig Mal erwähnt. Letzter Eintrag
war vorgestern. ... Jetzt schau mich nicht so an!“,
gab Krätz gekränkt wieder. „Nicht auszudenken, wenn
ein Blatt meiner Formelsammlung zufällig in einem
ihrer Bücher landen sollte!“
„In Büchern, welche mit einem Schloss abgesichert
sind?“
„Ja.“
Beide schauten aus dem Fenster und beobachteten wie
vier Frauen einen kleinen Karren aus der Burg zogen.
„Was schreibt sie denn so über mich?“
Krätz grinste und fing an: „Also da wäre ...“
1.3 Der
Morgen – Kinaras Zimmer
„Wo ist mein Schwert? Ich habe es doch dort angelehnt.
Hidrons Antwort war ein Ja, habe ich. Warum kennt er
die Absicht einer implizierten Fragestellung nicht? ...
Helvíti! Af hverju getur hann ekki bara hlustað eða skilið
hvað ég meina? Fordæmdir menn! Allir ættu að þvo
höfuðið!!! ...“, Kinara schaute sich hektisch im Zimmer
um, auf der Suche nach ihrer Waffe, während sie auf
Skald weiter fluchte.
„Wir haben es Selinde gegeben. Ihr erhaltet eure
Waffen während der Zeremonie. Und ich habe keine
Ahnung, was du mit impliziert meinst, oder mit diesem
Fordaimdir oder dem Höwedifs“, beschwichtigte Isra
sie. Was ihr auch gelang.
Im Gegensatz zu Krätz brauchte Kinaras Bundzeugin
nicht auf einen Tisch steigen, um ihr mit dem Waffenrock
zu helfen. Dennoch streckte sich Isra, damit nichts
verknitterte. Es gab außerdem eine Anweisung der
Rondra-Tempelvorsteherin Selinde von Trallop, dass
Kinara einen halben Brustharnisch (eigentlich war es
ein recht breiter Kettengürtel) unter dem Waffenrock
tragen musste. War es für Selinde doch das erste, jedenfalls
offenkundige, Mal, eine Schwangere zu trauen. ...
Hidron brauchte, wen wundert's, keinen zu tragen.
Kinara schaute aus dem Fenster, während ihre Freundin
den Waffenrock zurechtzupfte.
Nachdem Isra fertig war, stand ihre Freundin einfach
nur ausdruckslos da und schaute in die Ferne.
Die Sonne war mittlerweile vier handbreit über den
Horizont gewandert und das goldene Licht schien auf
ihr Gesicht.
„Isra, weißt du, warum wir hier sind?“
Isra schüttelte den Kopf und holte tief Luft, denn sie
wusste, dass Kinara sich nicht mit einer kurzen Antwort
zufriedengab.
„Da ich davon ausgehe, mit hier meinst du nicht dieses
Zimmer, sondern diese Welt, kann ich nur sagen: Wir
wissen es nicht Kinara. Es ist nicht auszuschließen,
dass es jemand weiß. Und diejenige Person werden wir
möglicherweise nie zu Gesicht bekommen. Du möchtest
wieder zurück. Deine Familie wiedersehen. Das
weiß und verstehe ich. Aber du hast dich für die Reise
entschieden. Jetzt bist du dir nicht mehr so sicher und
zweifelst an dieser Entscheidung. Aber das ist normal.
Jeder Reisende hat Zweifel auf seinen Wegen. Die
meisten entscheiden sich für die gut gepflegten Wege.
Jene Wege, die auch mit Wegweisern ausgeschmückt
sind. Da weiß man, was einen erwartet. Du, aber auch
Dea, Hidron, Krätz und ich, wir nehmen den beschwerlichen
Weg, der mit Schlaglöchern übersät ist, von
Wegelagerern heimgesucht, durch tiefe dunkle Wälder
führt und über Riffe der Meere führt. Und es stehen
keine Schilder an Wegesrändern und Kreuzungen. Aber
wir treffen auf diesen Wegen jene, die sich verirrt
haben, verletzt wurden – jene, die Hilfe brauchen. Was
uns am Ende erwartet? Das weiß niemand. Vielleicht
ein Hafen oder gar ein Abgrund. Wir wissen aber, dass
wir jenen helfen konnten, die auf den für sich falsch
gewählten Wegen gewandelt sind.“
Ihre Freundin zeigte keine Reaktion.
Isra begann Kinaras Haare zu kämmen und fing an zu
intonieren:
„Wir sitzen alle im gleichen Boot
und reisen quer durch die Zeit.
Wir fahren alle im gleichen Boot
und keiner weiß wie weit.
Der eine schläft, der andere klagt,
ein Dritter redet viel.
Das Boot, das durch die Jahre jagt,
kommt niemals an sein Ziel.
Wir packen aus, wir packen ein.
Wir finden keinen Sinn.
Wo werden wir wohl morgen sein?
Kinara steigt ins Boot hinein,
und lächelt vor sich hin.
Auch sie weiß nicht wohin sie will
und schaut lang aufs Meer hinaus.
Da heult das Signalhorn schrill.
Das Boot fährt langsam und hält still,
die Toten steigen aus.
Und stehen stumm,
am Hafen der Vergangenheit.
Das Boot fährt weiter, es jagt durch die Zeit,
und keiner weiß, warum.“
Isra ist nun soweit mit Kinaras Haaren, dass sie
anfängt, diese zu flechten.
Noch nachdenklicher als zuvor blickt die kleine Nordfrau
aus dem Fenster. „Isra, hast du Geschichten
gelesen? Ich meine solche, wo eine oder mehrere
Person etwas bewirken. Egal was. Irgendjemand denkt
sich doch solche Geschichten aus und bringt dann die
Wörter zu Papier. Meinst du, jemand schreibt auch
unsere Geschichte? Das wir all das, was wir tun, sagen
denken und fühlen durch jemanden geschrieben wird?
Du kennst doch Meri, für eine einfache Burgmagd
scheint sie mir sehr abgeklärt zu sein. Ich möchte sie
damit nicht denunzieren. Hat sie doch neulich geantwortet,
als ich mit Hidron zusammen unsere neue Sprache
trainierte. Sie hat in dieser Sprache geantwortet, als
ich Hidron eine Frage stellte. Und sie hat auch in einem
Buch etwas niedergeschrieben, dessen Einband mir
sehr sonderbar vorkam – eine grobe Lederstruktur mit
einer metallenen Eule eingelassen. Ich würde das Buch
zu gerne mal lesen.“
Für einen Moment hörte Isra mit dem Flechten auf. „Du
hast eine sehr sonderbare Weltsicht Kinara. Manche
sagen, es wären Götter, welche unser Schicksal bestimmen.
In gewisser Weise tun sie das auch. Aber manche
nicht mehr oder weniger, als es Sterbliche tun. Du
meinst, wenn jemand eine Geschichte schreibt, dass
diese in einer gewissen Ebene ein Eigenleben führt?
Das ist möglich. Aber was ist mit der Geschichte des
Geschichtsschreibers? Schreibt diese Geschichte auch
jemand? Wer hält als Letztes die Schreibfeder? Und
was Meri betrifft, dein ganzer Kram liegt ja verteilt hier
in der ganzen Burg herum. Die hat sich bestimmt einige
Schriften davon angesehen. Und hier in dieser Welt
gibts auch andere Sorten Bücher. Vielleicht führt Meri
ganz einfach, genauso wie du, ein Tagebuch. Abgesehen
von alldem, du heiratest heute Kinara, lass deine
Gedanken nicht allzuweit auf Wanderschaft gehen.
Bleibe heute hier und in diesem Moment. Wir können
uns auf unserer Reise nach Rommilys genug darüber
unterhalten. Und jetzt hilf mir mal mit deinen Haaren.
Ich weiß immer noch nicht, wie ich diese verdammten
Bänder dort einarbeiten soll!“
Kinara nahm ihr die Bänder ab und befestigte diese
selbst in ihrem Haar.
„In gut einer Stunde ist es soweit, dann heirate ich. Ich
dachte immer ... ich weiß selbst nicht, was ich dachte.
Jemanden aus meinem Dorf zu heiraten? Nein, das
nicht. Eher erst in ein paar Jahren zu heiraten.“
Mit eindringlichem Blick schaute Isra Kinara an: „Du
bist schwanger und da heiratet man vorher. Eigentlich
noch bevor man schwanger wird. Es ist hier und dort
auch wo wir herkommen Tradition. Einige Gegenden
haben sicherlich auch etwas lockere Traditionen in
dieser Hinsicht. Aber sag mir jetzt nicht, dass du nicht
wusstest, dass man schwanger von bestimmten Aktionen
werden kann!“
Kinara errötete und schaute verlegen zu Boden: „Nein!
Ach quatsch!“
Isra legte besorgte ihre Stirn in Falten: „Bist du dir
unsicher?“
„Das ist es nicht. Es ist gar nichts. Nur...“ Kinara
schaute erneut aus dem Fenster.
„Nur was?“, fragte Isra erneut.
„Ich ... Er ...“
„Du liebst ihn doch Kinara? Sag mir jetzt nicht, dass du
nicht so fühlst und das hier alles nur mitmachst, weil
man es so macht. Scheiß auf Tradition in diesem Fall!
Also?“
Kinara drehte sich zu Isra um: „Ich liebe ihn. Aber ich
habe Angst, Isra. Angst, dass jemand ihn verletzt oder
euch verletzt. Das will ich nicht. Ich habe Angst, dass
man euch mir wegnimmt. Ich habe Angst, dass so
etwas mit meinen Kindern passieren könnte. Seit ich
schwanger bin, liege ich nachts öfters wach. Dann sehe
und höre ich sie. Aber nicht meine Kinder. Damals ...
Ihre Schreie, welche immer höher wurden, als mehr
und mehr Knochen brachen. Ich habe sie dorthin
geführt. Sie haben mir vertraut. Dann sehe ich wieder
Rania vor mir. Ich stelle mir immer wieder vor, wie sie
lebendig in einen dieser großen kochenden Kessel in
Weißthron geworfen wird. Sehe, wie sich ihr Fleisch
löst. Höre sie nach meinen Namen schreien. ... Wird
das alles jemals aufhören?“
‚Oh bei Irori[Fußnote 4] und Hathor[Fußnote 5]! Letzterer lass ihr doch ein
wenig Freude zukommen! Seit sie schwanger ist, fängt
sie mit diesen Sachen immer und immer wieder an. Ich
sollte mich mal morgen mit Schwester Linai ausgiebig
unterhalten‘, dachte Isra und legte beruhigend ihre
Hände um Kinaras. Doch es half nichts. Kinara zitterte
weiter und fing an zu weinen. Also entschloss sich Isra
das zu tun, was sie sonst nur in schweren Fällen einsetzen
sollte, dies war vielleicht sogar einer: den Dorn
der Furchtlosigkeit[Fußnote 6]. Sie beobachtete Kinara für ein
paar Sekunden und erkannte dann, wo sie ihn wirken
lassen sollte. Direkt über Kinaras Brustbein. Dort
resonierte die akashische Kraft momentan wie ein Berserker.
Glücklicherweise musste sie dazu nicht den
Waffenrock durchstechen. Er hinterlässt auf nicht
lebendigem Material sonderbare Muster. Es handelt
sich dabei auch nicht wirklich um einen gegenständlichen
Dorn.
Mit einer schnellen Bewegung stach sie den Dorn
direkt ins Fleisch. Kinara erschrak kurz, und ihre
Augen bewegten sich eine Zeitlang hektisch von einer
Zimmerecke zur nächsten. ...
„Was hast du gemacht Isra?“ fragte Kinara auf einmal
begeistert, fast schon euphorisch.
„Ich hatte vor, dir ein wenig die Ängste zu nehmen. So
wie es aussieht, habe ich sie dir nicht nur komplett
genommen, sondern dich auch beflügelt. Außerdem,
ich habe dir ja gesagt, lass deine Gedanken nicht immer
so weit wandern. Wir können alle auf uns gut aufpassen.
Wir haben uns in den letzten ein zwei Jahren
erstaunlich gebessert. Erinnerst du dich an das Ereignis
am Nachtschattenturm? Die Gegner, bis auf ein paar
Ausnahmen, haben fast nur dich verprügelt. Ja, und die
Ausnahmen konnte keiner verhindern. Rede dir nicht
ein, dass du hättest es verhindern können. Das wird nie
gehen. Außerdem gibts du mir viel zu tun. Aber ich
heile dich gerne, auch wenn ich dich nur ungern verletzt
sehe.“
Beide saßen noch eine Zeitlang im Zimmer und
beobachteten wie eine einzelne kleine Wolke an dem
sonst wolkenlosen, blauen Himmel Richtung Westen
vorbeizog. Kinara lächelte vor sich hin.
„Wir sollten bei Hidron und Krätz vorbeischauen.“
Isra nickte und stand zusammen mit Kinara auf.
1.4 Der
Morgen – Linai und Selinde
Währendessen in der Sakristei der Halle der Orkenwehr:
„Es ist mir wahrlich eine Freude die beiden mit eurer
Unterstützung zusammen zu trauen, Selinde“, teilte
Schwester Linai mit.
„Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Mutter Linai.“
„Nur noch Schwester Linai, Selinde.“
„Ihr werdet stets für mich in de facto eine Mutter sein,
unabhängig von den Rängen der Traviakirche. Da ich
es nicht anstrebe, abseits dessen, jemanden mit falschen
Betitelungen in Bedrängnis zu bringen, rede ich euch
freilich mit Schwester Linai an“, Selinde zeigte der
ehemaligen Praetorin[Fußnote 7] der Traviakirche ein Lächeln,
welches erwidert wurde.
„Schwester, seid ihr sicher, dass wir die beiden neben
dem heiligen Eid auf den Rondrabund mit Rondras
Gunst und Segen und Travias Huld und Segen auch
diese zwei Texte hier schwören lassen sollen? Sie sind
etwas ... ominös.“ Sie zeigte Schwester Linai ein
Schriftstück.
„Mein Kin ...“, Schwester Linai zögerte einen Moment,
„... meine Schwester, ein jeder hat so seine persönlichen
Traditionen. Solange sie niemanden Schaden
zufügen, können wir mit gutem Gewissen dem zustimmen.“
„Ich vertraue eurem Urteil, Schwester Linai. Aber noch
etwas anderes: Bezüglich der Waffenwahl für den Tanz
– wir konnten Hidron schon vor dem Einüben schnell
umstimmen, dass seine Waffe eine nicht wirklich gute
Wahl wäre. Als was wird sie überhaupt bezeichnet?“
„Ich erinnere mich, als Kinara mal den Namen Tetsubo
erwähnte“, Schwester Linai zuckte nur mit den Schultern,
„also haben beide mit Schwertern ihren Tanz eingeprobt?“
„Ja, haben sie“, gab Selinde als Antwort, „ich untersagte
es jedoch Kinara, ohne Schutz zu üben. Sie wird
diesen Kettengürtel während des Tanzes tragen, jedenfalls
unter ihrem Waffenrock.“
„Ich hätte die gleiche Entscheidung getroffen“, pflichtete
Schwester Linai ihr bei. „Etwas prekär der
Umstand ihrer Schwangerschaft in Bezug auf den Tanz.
Das Paar hat sich für den Rondra- und Traviabund entschieden.
Ich maße mir nicht an zu sagen, dass in
diesem Falle der alleiniger Traviabund meine Sorgen
etwas schmälern Würde.“ Schwester Linai zeigte ein
leichtes Grinsen auf ihrem Gesicht.
Selinde musste lachen.
„Ihr habt es aber gesagt. Ich teile eure Sorgen Schwester.
Aber seid unbesorgt, Kinara und den ungeborenen
Kindern wird nichts passieren. Manchmal kann man
eine Tradition oder ein Ritual leicht biegen, ohne es zu
brechen. Und der Kettengürtel für eine Schwangere
liegt bezüglich dessen im Toleranzbereich. Außerdem
sind beide fähige Kämpfer. Sie lernten schnell den
Ablauf, welcher im Rondrarium[Fußnote 8] verzeichnet steht.
Hidron wird ein Zeremonieschwert benutzen, welches
das Brautpaar in gemeinsamer Arbeit vor ein paar
Wochen selbst geschmiedet hat. Beide lassen es dann
als Spende im Tempel. ... Wie hat Isra es eigentlich
geschafft, in Erfahrung zu bringen, dass Kinara Zwillinge
bekommt?“
„Sehr großzügig von den beiden mit der Spende. Wie
Isra es geschafft hat? Das ist mir auch ein Rätsel. Vielleicht
konnte sie drei Herzen schlagen hören. Sie kann
ja selbst durch eine dicke Steinwand jemandes Atem
hören. Aber, gehen wir nochmal die Chronik der beiden
durch Selinde?“ Schwester Linai zeigte auf ein
Buch, welches neben zwei Schwertern und dem Ring-
und Bänderkissen auf einem wuchtigen Eichentisch lag.
„Ja, sollten wir. Auch hier habe ich einige obskure
Fakten entdeckt. Was heißt einige? Man könnte meinen,
das Brautpaar und die Bundzeugen seien aus einer
anderen Welt.“ Selinde zog eine Augenbraue hoch und
schaute Schwester Linai an.
„Die Welt ist groß Selinde“, erwiderte die Schwester
mit einem Lächeln.
Die Rondrageweihte schaute die Traviageweihte einen
Moment lang stillschweigend an und widmete sich
dann dem Buch: „Zunächst die Braut: Kinara Emiliannvor-Salomasia-Estrina-Dottir
Tunga’Falrik’Vinvr-Til-Hirða
Bellanderby, Ritterin der Adlerritter, Ritterin der
Stahlfalken, Ritterin der Scharlachroten Wachen, Ritterin
des Bärenordens. Geboren am zweiten Sarenith im
Jahre 3828 nach Absalomer Zeitrechnung in Vennesverg
in den Ländern der Lindwurmkönige. Rasse:
Mensch. Bürgerin des Herzogtumes Weiden. Zu den
Eltern gibt es keine Eintragung.
Der Bräutigam: Hidron Isindal, Ritter des Bärenordens.
Geboren am siebten Abadius im Jahre 3825 nach Absalomer
Zeitrechnung in Rätselhafen in Varisia. Rasse:
Mensch. Bürgerin des Herzogtumes Weiden. Auch
keine Eintragungen zu seinen Eltern.
Die Bundzeugin der Braut: Ishra Va Mylon Aleayn
Aldhahabia, Ritterin der Scharlachroten Wachen, Ritterin
des Bärenordens. Geboren am 13. Choiak 1902[Fußnote 9] in
Kairo in Ägypten. Rasse: Aasimar.
Der Bundzeuge des Bräutigams: Krätz, Ritter des
Bärenordens. Geboren am 14. Abadius 3832 nach
Absalomer Zeitrechnung in Almas in Andoran. Rasse:
Menschlich? Auch hier keine Daten zu den Eltern.“
Selinde schaute Schwester Linai eindringlich an. „Ich
kann vieles hiervon nicht in der Zeremonie vortragen.
Was ich aber mache, ist ihre Namen zu nennen,
gekürzt, und, dass sie Bürger des Herzogtumes Weidens
und Ritter des Bärenordens sind. Alles andere führt zu
Verwirrung. Oder was meint ihr? Im Endeffekt müssen
sie ja ihre Namen nennen für das Anliegen.“
Schwester Linai wirkte nachdenklich. „Eigentlich bin
ich der Meinung, es sollte vollständig ausgesprochen
werden. Die beiden gehen keinen Geheimbund ein,
noch werden sie durch einen Geheimbund getraut. Falls
jemand mit den Begriffen nichts anfangen kann, möge
er sich später an mich wenden. Die meisten sehen die
Fünf eh als fremdländisch an. Und die meisten kennen
nur Weiden und dessen Grenzländer. Und es sind diese
Fünf, welche sich in einer fremden Welt befinden – sich
der Kultur, der Sprache, den Gepflogenheiten und all
dem anpassen. Ja, jetzt wisst ihr es auch Selinde.
Kinara hat mir von ihrer Familie erzählt. Sie wird sie
vielleicht nie mehr wiedersehen Selinde. Das weiß
keiner so genau. Isra wurde jetzt schon zweiten Mal in
eine andere Welt befördert. Wir sollten gegenüber
diesen Fremdweltlern ein wenig toleranter werden. Die
Götter führten sie zu uns. Es sind die Prophezeiten.
Aber ja, es ist natürlich bequemer vor der Wahrheit die
Augen zu verschließen. Dennoch, brennt manchmal die
Wahrheit heißer als ein Herdfeuer, so dass man lieber
nicht seine Hand darauf legen sollte.“ Mutter Linai
wirkte zufrieden mit ihrer Aussage.
Selinde nickte ihr zu.
„Da gibts nichts zu erwidern. Ich werde also die Wahrheit
etwas verbergen[Fußnote 10]. Wir wollen ja nicht, dass sich die
Unbedarften die Hände an ihr verbrennen.“
Beide Frauen verließen daraufhin die Sakristei und
brachten die Zeremoniegegenstände in die Haupthalle.
Von draußen drang der Geruch gebratenen Fleisches in
den Tempel.
1.5 Der
Morgen – Deaszeah
Deaszeah nahm etwas in die Hand, was durchaus als
Klemmbrett bezeichnet werden konnte und befestigte
daran ein Blatt Papier. Sie hatte vor, in der Küche, dem
Speisesaal, dem Tempel und bei den Spielleuten vorbeizuschauen.
Nicht, dass sie es nötig gehabt hätte
Informationen für sich zu Papier zu bringen – Sie hatt
ein ausgezeichnetes Erinnerungsvermögen, da braucht
sie solche ordinären Schreibutensilien nicht. Aber sie
wirkte damit etwas präsenter auf die Leute. Und die
Leute werden arbeitsamer, wenn sie jemanden sehen,
der Notizen zu ihrer Arbeit niederschreibt.
In der Küche waren Meri und vier andere Frauen damit
beschäftigt das Bankett vorzubereiten. Das eigenst für
die Zeremonie erlegte Reh, lag in Stücken auf einer der
Arbeitsplatten. Brun Wolfsgrimm, ein Weidener Waidmann,
dessen Jagdgründe östlich des Finsterbaches und
westlich des Pandarils lagen, hatte es vor einigen Tagen
geschossen.
„Oh hallo Dea, guten Morgen!“, Meri schaute von
einem von ihr filetierten und fast einen Meter langen
Neunauge auf – ein fischähnliches Tier, das zumindest
in Weiden als Delikatesse gilt, und im, wie der Name
suggeriert, Neunaugensee zu finden ist.
„Guten Morgen. Wie ich erkenne, seid ihr alle fleißig.
Läuft alles gut? Braucht ihr meine Hilfe?“, fragte Deaszeah.
Meri zeigte mit dem Daumen nach oben. „Bis jetzt alles
anstandslos. Ihr seid eine Ritterin Deaszeah, da kann
ich euch nicht zu irgendwelchen Küchenarbeiten bitten
oder gar verpflichten! ... Wobei ... einen Moment ...“
Die Burgmagd wendet sich an ihre vier Küchenkräfte:
„Permine, Fiya, Alrike und Henny, würdet ihr bitte das
Bratgestell zusammen mit diesem Korb in die Halle der
Orkenwehr bringen?“
Die vier Frauen nickten und machten sich an die Arbeit.
Meri wandte sich wieder an Deaszeah: „Ich entschuldige
mich im Voraus euch, um so etwas zu bitten, aber
ich habe gesehen, mit welchen Mitteln ihr kämpft und
ich habe mir gedacht ... nun ja, es könnte den Garvorgang
hier beschleunigen. Ich weiß momentan nicht, wie
ich diesen Bratspieß hier zeitgerecht gegart bekommen
sollte. Würdet ihr ...“
Sie hob den Bratspieß an, wuchtete ihn um und streifte
eines der beiden Hörner von Deaszeah. So nahm Deaszeah
an, es gespürt zu haben.
„Entschuldigung, ich kann manchmal ...“, sie betrachtete
Deaszeah genauer, „... tapsig sein. Ich habe euch
doch nicht verletzt?“
Deaszeah schüttelte den Kopf. Als Meri wegsah, fasste
sich der Tiefling[Fußnote 11] in Menschengestalt an ihre, für
andere nicht existenten, Hörner.
‚Eine winzige Macke? Das kann nicht sein‘, dachte sich
Deaszeah, denn nur sie selbst kann ihre Hörner
anfassen und sehen, für andere sind sie gar nicht da.
‚Bestimmt nur eine Einbildung.‘
Sie schaute sich den Spieß an. „Ich fürchte, das Ergebnis
wird in keiner Weise einem Rösten ähneln. Ich habe
es einmal an Kartoffeln ausprobiert. Die sind einfach
nur auseinandergefallen. Es funktioniert auch eher nur
bei Kreaturen. Ich sehe da bestimmte, wie soll ich das
erklären, Muster? Jede Spezies hat so ihre eigenen
Muster. Menschen, Elfen, Fische, Ratten, usw.. Eine
Kartoffel hat keines dieser Muster, genauso wenig wie
ein Stein oder totes Fleisch.“
„Hmmm ... wie schade!“, Meri stützte ihr Kinn auf
ihrer Hand ab, „... vielleicht ist es besser, wir verschwenden
nicht den schönen Braten wegen eines
Experimentes.“
„Ganz meine Meinung Meri“, stimmte Deaszeah zu
und ihr Blick blieb an einer Schüssel haften. „Ist das
dort Rosenkohl, warum sind da rote Sprenkel drauf?“
„Dschelef wollte, dass ich das Gericht so zubereite. Er
meinte, damit was vorzuhaben.“
Deaszeah nickte. „Dinge gibts! Gut. Ich schaue in der
Schänke vorbei, ob die Spielleute nüchtern sind. Wir
sehen uns spätestens auf dem Fest.“
„Bis später Dea.“
Deaszeah begab sich sodann zur Schenke, welche
unmittelbar nördlich der Bärenburg in der Nähe des
großen Marktes lag und den Namen Norderwacht trug.
Unterwegs überholte sie die vier Küchengehilfinnen,
welche auf einem kleinen Karren einen Grill, mitsamt
Grillgut transportierten.
Deaszeah erreichte die Schenke in nur wenigen Minuten.
Die alte Laya, die Wirtin, begrüßte sie und deutete
auf drei Männer, welche dabei waren sich im Schankraum
vorzubereiten.
‚Puh, alle nüchtern, gut gelaunt und tüchtig‘, dachte
Deaszeah erleichtert.
Die drei Musikanten standen auf und verneigten sich.
Der Fiedler ergriff das Wort: „Wohlgeborene[Fußnote 12] Deaszeah
Arrit, eure Gesellschaft ist uns wieder einmal eine Ehre.
Wie ihr seht, sind wir für das bevorstehende Fest bestens
vorbereitet.“
„Das ist gut. Ich wollte nur nachschauen, ob es euch an
nichts fehlt.“, gab Deaszeah zu verstehen und hielt ihr
Klemmbrett samt Stift in den Händen.
„Wir sind, dank euch, bestens versorgt.“
„Gut, dann werde ich mich weiter um die Vorbereitungen
kümmern. Ihr kennt ja das Prozedere?“
„Gewiss, meine hohe Dame[Fußnote 13].“ Deaszeah nickte und
verabschiedete sich.
Es waren mittlerweile nur noch anderthalb Stunden bis
Mittag, als ein Rondrageweihter, mit einem Blatt Papier
in der Hand, das Burggelände betreten wollte. Er
erblickte Deaszeah und steuerte direkt auf sie zu.
„Guten Morgen! Das trifft sich gut! Ich habe hier eine
Nachricht von der Tempelvorsteherin an euch und
Krätz.“
Deaszeah nahm die Nachricht in Empfang und las sie
sogleich. Sie entschied, dass es doch nicht nötig wäre,
den Tempel noch einen Besuch abzustatten und machte
sich direkt zu ihrem Zimmer in der Bärenburg auf.
Es standen ein paar Änderungen bezüglich der Ansprache
der Bundzeugen drin. Man hatte einige Sachen
gestrichen und sich auf den Kern beschränkt. Ihr solls
recht sein – sie musste nur noch Krätz informieren.
Eine halbe Stunde später verließ sie dann neu eingekleidet
ihr Gemach und gesellte sich zu ihren vier Gefährten,
welche zusammen im Flur ein Stockwerk über ihr
standen.
1.6 Auf
dem Weg zum Tempel
Deaszeahs Blick blieb an Kinara und Hidron haften,
denn diese trugen ihre Waffenröcke zum ersten Mal im
Beisein ihrer Freundin. „Kinara, Hidron, ihr seht so
hinreißend in euren Trachten aus. Du hast die Waffenröcke
wirklich selbst geschneidert? So etwas musst du
mir beizeiten mal beibringen!“
Deaszeah bemerkte, dass Kinara gut gelaunt war –
wirklich sehr sehr gut gelaunt, und fragte sich, ob es an
dem heutigen Ereignis liegt, ihrer Schwangerschaft,
etwas ganz anderem oder einer Mischung aus alldem.
Vielleicht lag es an Isra, immerhin war sie mit ihr die
letzte Stunde zusammen gewesen. Hidron wirkte zwar
auch gut gelaunt, jedoch zeigte sich seine stete
Unbekümmertheit auch hier wieder.
„Danke Dea, aber meine Güte, du siehst auch toll in
diesem Kleid aus. Deine Schuhe gefallen mir auch. Die
habe ich ja noch nie gesehen. Und danke nochmal für
das Tattoo. Es ist wahrhaftig schön geworden – das
Muster mutet so elysisch an. Du bist echt eine wunderbare
Freundin. Weißt du, dass ich auch deine Art mit
anderen Leuten umzugehen sehr schätze. Du bleibst
immer so ruhig und greifst auch nicht sofort zu den
Waffen. Wobei deine Waffe ist ja total abgedreht. Der
Tag ist so schön. Ist er auch für dich schön? Ich hoffe,
er ist für euch alle schön. Krätz wie sieht es bei dir aus?
Findest du den Tag auch schön? Vor allem, der blaue
Himmel. So einen habe ich lange nicht mehr gesehen.
Wie in meiner Heimat. Aber meine Heimat seid ja jetzt
ihr. Ich freue mich so ...“
Kinara wippte die ganze Zeit auf ihren Zehenspitzen
auf und ab und plapperte weiter wie ein Wasserfall.
Deaszeah schaute Isra verdutzt an und flüsterte ihr zu:
„Was hast du mit ihr gemacht?“
„Ich habe ihr die Ängste und Sorgen genommen, jedenfalls
für die nächste Stunde“, erklärte Isra und legte
dabei eine Hand auf ihre eigene Stirn.
„Drogen?“, fragte Deaszeah im Flüsterton.
„Du meine Güte, nein! Ich erkläre es dir später
genauer.“
Die Heilerin hielt ihre eigene Hand fest und betrachtete
abermals die dort klaffende akashische Leere, welcher
ihr die Anwendung des Dornes der Furchtlosigkeit
hinterlassen hatte, als dieser ihre Kraft aufnahm. Jetzt
spürte sie auch selbst Kinaras Ängste und Sorgen,
konnte aber aufgrund ihrer sehr hohen Willenskraft
dem vergleichsweise gut entgegenwirken. ‚Bei Irori,
das ist ja schrecklich! Die Arme. Ich hoffe, ihr wird in
naher Zukunft kein unglückseliges Ereignis widerfahren.
Wenn etwas mit der Schwangerschaft schiefläuft,
das wäre dann das letzte Bisschen, was noch
gefehlt hat. Ich kann Kinaras Geisteszustand nicht
immer beschützen und umsorgen. Beizeiten und auf der
Reise nach Rommilys sollte ich wohl bei der Boronkirche
das Gespräch suchen, denn ich ahne nichts Gutes,
und habe gehört, dass die Boronanhänger sich mit solchen
Dingen auskennen könnten. Schwester Linai wird
sicherlich auch etwas helfen können, aber sie begleitet
uns ja nicht auf der Reise. Jedenfalls wäre das eine bessere
Lösung, als Akasha[Fußnote 14] zu benutzen – zu unergiebig
auf Dauer. Hidron scheint auch jetzt ihr Ankerpunkt zu
sein, aber sie will vor ihm keine Schwäche zeigen. Verflixt,
ich hätte mich in Sothis[Fußnote 15] in die Disziplin des
Strahlenden Morgens mehr einarbeiten sollen. Jetzt
muss ich mir das alles mühsam zusammenarbeiten!
Jedenfalls sollte ich auch vorerst mit Kinara das
Gespräch suchen ... vorsichtig!‘
Die Gruppe hatte mittlerweile die Burg verlassen auf
dem Weg zum Rondra-Tempel. Kinara plapperte immer
noch. Doch als Hidron ihre Hand nahm, wurde sie ruhiger
und lächelte vor sich hin. Deaszeah erzählte Krätz
beiläufig von den Änderungen der Bundzeugenansprache.
Als er dann meinte, er hätte den Zettel schon längst
gelesen, schaute Deaszeah ihre Hand an und bemerkte,
dass sie eben jenen Zettel die ganze Zeit mit sich
führte, aber irgendjemand ihr diesen unbemerkt entrissen,
gelesen und dann wieder zurück in ihre Hand
geschoben hat. Sie wusste natürlich wer.
Die Gruppe passierte das nördliche Tor des Gebäudekomplexes,
zu dem auch der Rondra-Tempel gehörte.
Dort wurden sie von zwei vollgerüsteten Rondrageweihten
in Empfang genommen und zum Eingangsbereich
der Halle der Orkenwehr[Fußnote 16] eskortiert.
Mittlerweile hatte der morgendliche ferne Streifen an
Wolken aus dem Gebirge der roten Sichel bereits die
Hälfte des Himmels eingenommen und breitete sich
Minute um Minute weiter aus.
Der Tempel der Rondra, Bernhelms Halle der Orkenwehr
lag im Stadtteil Hohenufern. Er war Bestandteil
eines Gebäudekomplexes, welcher zusätzlich die
Ordensburg des Donnerordens und das südliche Bernhelms
Tor umfasste. Die Ordensburg lag direkt gegenüber
dem Tempel. Der Komplex wies zusätzlich einen
Innenhof auf. Der Tempel der Leuin[Fußnote 17] war ein prachtvoller
und zugleich wehrhafter Bau: Strahlend weiße
Mauern mit einem von zwei riesigen roten Löwinnen
flankierten Eingangsportal.
Eine Handvoll Kinder flitzten im Innenhof hin und her
und spielten geräuschvoll Fangen. Eines der Kinder
wäre fast mit einem Schwenkgrill kollidiert an dem vier
Küchenfrauen standen, rempelte aber stattdessen eine
der Frauen an. Mit erhobenem Pfannenwender jagte sie
ihrem Angreifer hinterher, bis er schließlich die Flucht
in den Tempel ergriff.
Das Portal des Tempels stand weit auf, und einige
Gäste schienen sich schon dort eingefunden zu haben.
Ein wenig Zeit blieb noch. Hidron zählte flüchtig alle
Anwesenden – in etwa sechzig bis siebzig Leute. Hier
und da standen noch kleine Grüppchen von Gästen.
Kurze Zeit später nickten die beiden Rondrageweihten
dem Brautpaar zu und sagten sich los, um sich dann
neben den beiden Löwinnenstatuen zu positionieren.
Die restlichen Gäste und Deaszeah begaben sich
sodann in die Halle.
2. Die
Zeremonie
Hidron und Kinara schritten zwischen den anderen
Gästen durch das hohe Portal, dem gegenüber ein
gewaltiges bronzenes Standbild der Herrin von Blitz
und Donner[Fußnote 18] stand. Die Wände waren geschmückt mit
sorgfältig geknüpften Teppichen, die die Taten der
Heiligen von Geron bis Yppolita von Kurkum zeigten –
einige der Werke schienen noch aus der Zeit vor Bosparans
Fall zu stammen, so alt wirkten sie, andere waren
frisch hinzugefügt worden. An diesem Tag war das
Webtuch der Heiligen Thalionmel auf ihrer einsamen
Wacht gegen ein hundertfaches Heer von Ungläubigen
auf der Brücke von Neetha mit Blüten des Winterschneeballs
geschmückt.
Hidron
und Kinara waren gewandet in ihre indigoblauen
Wappenröcke mit goldenen Löwen und Mantikore
als Stickereien auf der Brust. Zudem Mäntel in
gleicher Farbwahl.
Neben den beiden Brautleuten warteten Isra Vamylon
als Brautführerin und Krätz als Bräutigamsführer, die
die beiden vor den Altar des Tempels und die Tempelvorsteherin
Selinde von Trallop, welche das Gewand
einer rondrianischen Hochgeweihten trug, führen sollten.
Einige Personen aus dem Weidener Adel, sowie Hochadel
hatten sich komplett eingefunden, als da waren
Herzog Waldemar von Löwenhaupt, seine Frau Yolina
von Aralzin, ihrer beider Tochter Walpurga von Löwenhaupt,
ihr Mann Dietrad von Ehrenstein, deren gemeinsamer,
wenige Wochen alte Sohn Arlan von Löwenhaupt.
Des Weiteren befanden sich Dschelef Ibn Jassafer,
ein Verbündeter der Beiden und ihrer Gefährten, ihr
ehemaliger Wagenführer Boril Bagoltin, Stallmeister
Thomas, sowie auch Meri und ihre vier Küchengehilfinnen,
einige Ritter des Bärenordens und des Donnerordens,
sowie ein paar Schaulustige unter den
Anwesenden. Viele hatten auch ihre Kinder mitgebracht.
Insgesamt wurden es etwa doch hundert Leute.
Die für Hidron wohl mit wichtigste Person für dieses
Ereignis, seine Braut und seine Bundzeugen mal ausgenommen,
war wohl Deaszeah, welche dafür Sorge
trug, dass der Zauber des verfluchten Versteifungsringes
unterdrückt wurde. Unter allen Anwesenden waren es
in der Tat ihre drei Gefährten, welche für das Hochzeitspaar
die größte Bedeutung innehatten.
Isra bemerkte, dass die Akashalücke sich längst bei ihr
geschlossen hatte und ihre Blicke wanderten ruckartig
zu Kinara, mit der Befürchtung sie könnte wieder in
Schwermut gefallen sein. Dem war aber nicht so – sie
strahlte immer noch und Hidron auch. Der Dorn der
Furchtlosigkeit hatte schon längst seine Wirkung verloren.
Unter den heiligen Gesängen der Rondrianer wurden
die zukünftigen Eheleute vor Selinde von Trallop und
Linai Perainiane Arvenspfordt geführt, welche sie mit
ernsten Mienen erwarteten.
Mit einem Kniefall erwiesen ihnen die vier Herrschaften
die Ehre und trugen ihnen ihr Anliegen vor.
„Euer Hochwürden“, sprach Isra, „Kinara Falrik
wünscht, im Namen Rondras, den heiligen Bund der
Ehe einzugehen.“
Krätz wiederholte den Wunsch im Namen Hidrons, und
die Tempelvorsteherin fragte mit beherzter Stimme:
„Wer
ist es, der die beiden Eheleute freigibt?“
Ein kräftiger Wind rauschte in die Fensteröffnungen,
als Kinaras Gefährtin mit „Isra Vamylon, Ritterin von
Weiden und Freundin der Braut!“,
und Hidrons Bräutigamsführer mit „Krätz ... , Ritter
von Weiden und Freund des Bräutigams!“, antworteten.
Beide traten sodann zurück.
„Speist vom heiligen Bock, denn auch der Ehebund ist
ein Kampf im Namen der Herrin Rondra!“ Selinde
reichte beiden ein Stück gebratenes Rehfleisch in den
Mund.
„Prüft euch vor den Augen der Göttin und beweist, dass
ihr würdig seid, dass euer Bund ihren Segen trägt.“
Und an alle Anwesenden gerichtet, sprach Selinde die
rituellen Worte des Rondrariums: „So sollen die Liebenden
im leuingefälligen Kampfe das Blut des Anderen
vergießen, um den Wert dieser Bande schätzen zu
lernen. Und wenn dies geschehen ist, sollen sie fortan
mit ihrem Heile und Wohle dafür einstehen, dass dem
anderen nimmer mehr ein Leid geschehe.“
Raunen ging durch die Reihen der Gäste, als ein fernes
Grollen zu hören war, als die Eheleute ungerüstet von
den beiden Bundzeugen ihre Großschwerter erhielten
und begannen, sich langsam zu umkreisen.
Zu den Zeilen aus dem Rondrarium, welches die
Bundesmeisterin mit heller Stimme zitierte, führten sie
eine Reihe von Schlägen gegen den Anderen, die
gerade im letzten Augenblick mit der richtigen Wehr
pariert wurden, und wer die Konzentration in den
Gesichtern der Eheleute betrachtete, konnte sie eher für
Feinde denn für Liebende halten.
Derweilen tobte draußen der Sturm, und Regen
rauschte heran.
Erste Schweißperlen bildeten sich auf Deaszeahs Stirn,
welche emsig mit der Dämpfung beschäftigt war – mit
so hoher Konzentration, dass keine Effekte ihrer eigenen
Kraft sichtbar waren.
Hidron
und Kinara umkreisten einander fast vier Minuten
lang und zum Schluss folgte die Besiegelung: Beide
ließen die Wehr außer Acht und schlugen sich eine blutige
Wunde – das Symbol des letzten Schlages, den sie
gegeneinander führen sollten. Mit einem wilden Schrei
zog Kinara das Schwert über die Brust ihres Gemahles,
so kunstvoll, dass Wappenrock und Haut zerschnitten,
er selbst aber nur leicht verletzt wurde.
Der wiederum führte seinen Schlag still und kraftvoll,
so dass seine Klinge der Geliebten Haut und Wams
über Schulter und Schlüsselbein zerteilte. Isra zuckte
zusammen – das zwölfte Mal in den letzten vier Minuten.
„Der Göttin gefällt‘s!“, rief Selinde in die Menge und
riss die Arme empor, und unter den Rondra
gefällt’s!-Rufen der Menge ließen die Eheleute die
Schwerter fallen und sanken einander in die Arme, um
ihr Blut zu vereinigen. Der wilde und leidenschaftliche
Kuss ließ auf eine unbändige Hochzeitsnacht schließen.
Nun ließen beide voneinander ab und erneut trat
Selinde an sie heran. „Heilige
Herrin Rondra, höre
diesen Schwur und bezeugt und heiligt ihn mit eurem
Geiste. Was nun geschworen wird, sei euch anempfohlen.
Diese Worte werden freiwillig geschworen,
ohne Hintergedanken oder Falschheit, und sollen heilig
sein in eurem Angesicht. Wer aber diesen Schwur
ablegt, um seine Bedeutung zu entstellen, wer den
anderen zwingt oder gar diesen heiligen Schwur bricht,
der sei eurer Strafe überantwortet.“
Das Brautpaar trat sich gegenüber und Kinara sprach
zuerst die folgenden Worte:
„Herrin Rondra, Beherrscherin des Sturmes, vor dir
leiste ich dieses Gelübde: Wie mein Schwert an meiner
Seite stehe ich von nun an Hidron zur Seite. Aufrecht
und stolz will ich gemeinsam mit ihm kämpfen, denn
sein Kampf soll auch mein Kampf sein. Wer Hidron
fordert, der fordert auch mich, denn in deinem Namen
stehen wir uns näher als Bruder und Schwester, als
Vater und Sohn, Mutter und Tochter. Meine Klinge soll
Hidron dienen, und niemals wieder werde ich sie
ziehen wider ihn. Seite an Seite mit dir, Hidron, bis in
Rondras Hallen.“
Ebenso tat es Hidron im Namen Kinaras.
Nun ergriff Schwester Linai das Wort: „Heute wird den
Beiden nicht nur der Segen Rondras zu teil, sondern
auch der, von Mutter Travia. Ich bitte nun die beiden,
welche heute Mutter Travia anrufen, um Zeuge des
Bundes zwischen ihnen zu sein, erneut vorzutreten.“
Hidron und Kinara traten vor Linai, welche bereits ein
Kissen in ihren Händen hielt, auf dem zwei Ringe und
zwei Bänder lagen. „Haltet eure Hände und willigt in
die Worte der heiligen Mutter ein.“
Linai begann, mit den beiden Bändern die Hände des
Brautpaares zusammenzubinden.
„Wir wollen leben wie die Wildgänse, einander treu
sein und nie allein“, rezitierte Linai.
Hidron und Kinara antworteten mit: „So sei es.“
„Wir wollen jedem Fremden Heimstatt bieten.“
„So sei es.“
„Wir wollen unser Heim ehren und pflegen.“
„So sei es.“
„Wir wollen den Verfolgten Schutz gewähren.“
„So sei es.“
„Wir wollen Sitte und Moral im Sinne Travias
bewahren.“
So sei es.
„Und nach unserem Tode auf einander warten in Travias
Herberge.“
„So sei es.“
„Die Familie ist unser Hort; Sitte und Anstand unser
Gesetz.“
„So sei es.“
„Die Heimstatt ist unsere Zuflucht.“
„So sei es.“
„Der Reisende ist uns ein Freund.“
„So sei es.“
„Die Treue umschließt den ewigen Bund.“
„So sei es.“
„Wir sind ein Teil der himmlischen Familie.“
„So sei es, ja so sei es.“
Linai nahm wieder die Bänder wieder an sich und überreichte
die Ringe, welche sich beide gegenseitig aufsetzten.
Erneut trat Selinde vor die Beiden und richtete ein paar
Worte an die Anwesenden: „Kinara und Hidron
wünschten sich, jeder für den anderen einen weiteren
Schwur zu leisten, so wie es in ihrer Heimat üblich ist.
Mögen die Beiden diese nun leisten!“
Hidron stand vor Kinara, schaute sie an, nahm ihre
Hand und rezitierte folgenden Schwur:
„Und plötzlich bist du da. Ich könnte versprechen dich
zu lieben und zu ehren. Ich könnte versprechen, in
Gesundheit und in Krankheit für dich da zu sein. Ich
könnte sagen, bis dass der Tod uns scheidet. Aber das
werd ich nicht. Das wäre ein Versprechen für optimistische
Paare. Für Menschen, die voller Hoffnungen
sind. Aber ich stehe hier an meinem Hochzeitstag nicht
optimistisch und voller Hoffnungen.
Ich bin nicht optimistisch. Ich bin nicht voller Hoffnungen.
Ich bin mir sicher. Ich bin bereit. Ich weiß es.
Ich bin ein Herzmann: Ich nehme Herzen auseinander
und ich setze sie wieder zusammen. Ich halte sie in
meinen Händen. Ich bin ein Herzmann. Daher weiß ich
das genau: Du bist mein Partner, meine Geliebte und
meine allerbeste Freundin. Mein Herz, mein Herz,
schlägt für dich und an diesem Tag, am Tag unserer
Hochzeit, verspreche ich dir Folgendes: Ich verspreche
dir mein Herz in deine Hände zu legen. Ich verspreche
dir mich!“[Fußnote 19]Hidron
und Kinara standen immer noch von
Angesicht zu Angesicht gegenüber und nun war es Kinara,
die ihren persönlichen Schwur leistete: „Ich
schwöre alle Götter und alle Schöpfungen der Geschichte
der Demiurgen von Avaroth, der Raufbolde
von Disputa, der Drachen von Ur’Uuva, der Duellanten
von Kar Bracheng, der Vergänglichen von Lumalabay,
der Gefallenen von Caido, der Grabwächter von Lathaerum,
der Erinnerungen von Iranti, der Mächtigen
von Cor Eldoris, der Alpträume von Sharlandra, der
Beschützer von Melekessa, der Schnellen von Hen
Kuai, der Resoluten von Vendosur, der Plänkler von
Pertempuran, der Scharfschützen von Mergan, der
Spezialisten von Tortores, der Sturmbringer von Menelya,
der Zwillinge von Mahoe, der Giftigen von Mejele
Ti, der Beobachter von Laniakea, der Kriegsherren von
Senapati und der Wilden von Jengali, als Zeugen
anrufend, dass ich nach bestem Vermögen und Urteil
diesen Schwur erfüllen werde: Hidron Isindal, geboren
an den Gestaden der Geschichte der Beschützer im
Jahrhundert vor der vereinten Weltenchronik, mit dem
ich dieses Ehebündnis eingehe, meine ewige Treue,
Loyalität, Unterstützung, Offenheit und Liebe, dass ich
meine Wahrheit ihm stets offenbare, dass ich mich für
ihn aufopfern werde, sollte sein Leben in Gefahr sein,
und dass ich keine Handlung vornehmen werde, welche
ihm zum Nachteil gereichen würde. All dies für ihn, als
auch für unsere gemeinsamen Nachkommen.“
Die meisten der Anwesenden blickten verwirrt, als
Kinara mit ihrem Schwur fertig war, wussten sie nicht
recht etwas damit anzufangen.
Einem sehr aufmerksamen magisch begabten Beobachter
wäre vielleicht aufgefallen, dass sich, während der
Eidsprache eine Macht zeigte, welche sich mit keiner
bekannten Form des Übernatürlichen beschreiben ließe.
Es war Dschelef, welcher sich hastig Notizen machte,
ohne dass es jemand mitbekommen hätte. Irgendwann
müsste Kinara ihm die Worte genauer erklären, denn er
selbst war es, welcher vier dieser Worte einmal
irgendwo gelesen und auch gehört hatte. Er wusste nur
nicht mehr wo. Sein Bauchgefühl wies ihn auf eine
immense in sehr ferner Zukunft liegende Wichtigkeit
hin.
Meri, die vermeintliche Burgmaid, beobachtete Dschelef,
während dieser sein kleines Büchlein hervorholte,
welches der Größe eines typischen Vademecums[Fußnote 20] entsprach,
um darin unauffällig seine Notizen zu machen.
‚Kinara hat einen der Anker gelegt. Das ist gut. Jetzt
darf die Geschichte sich hier entfalten und hat zusätzliche
Auswirkungen auf Cor Eldoris. Ich weiß, dass du über
mich in diesem Augenblick schreibst ... Und Laniakeas Anker fügt
sich auch gut in die Chronik ein. Die Autoren müssten
nur noch etwas mehr Ehrgeiz an den Tag legen. ... Wir
leben alle in verschiedenen Welten, doch wir haben nur
diese eine‘, dachte sich Meri.
Damit war auch die Zeremonie beendet und einige der
Anwesenden steuerten direkt auf das Brautpaar zu.
2.1 Der
Aufbruch zur Burg
Unter Johlen wurden Hidron und Kinara gepackt und
aus dem Tempel Richtung Bärenburg getragen. Deaszeah
war mittlerweile so sehr erschöpft, dass sie etwas
riskierte, im Glauben ihre Konzentration sei momentan
nicht stark genug, um den Zauberbann zu dämpfen:
Und so unterdrückte sie zusätzlich die visuellen Effekte
ihrer eigenen Kraft. Mit prekären Folgen. Denn, die
visuellen Effekte äußerten sich nicht als Kristallsphäre
hier im Tempel, sondern Blitze zuckten einige Sekunden
lang hinauf zur Decke des Tempels. Zunächst
herrschte unter den Anwesenden Stille, gefolgt von
einem Raunen, welches dann in ein Jubeln überging.
Offensichtlich hielten es die Rondragläubigen für eine
Art göttliches Zeichen. Denn auch draußen blitzte und
donnerte es aus der Ferne. Ein junger Ritter des
Donnerordens geriet ins Taumeln, als sein Blick an der
Tempeldecke haften blieb und er versuchte sich an
Deaszeah zu klammern, riss sie dann jedoch um und
landete auf ihr – zum Glück ungerüstet. Sie verlor beim
Aufprall schlagartig ihre Konzentration und der Zauber
des verfluchten Ringes wurde nicht mehr gedämpft.
Hidrons drittes Bein erhob sich im rechten Winkel. Und
da man ihn überkopf trug, war dies für alle Anwesenden
eklatant zu sehen.
Die Menge johlte und lachte noch lauter. Einige der
Männer klopften Hidron auf die Schulter. Der Zweimetermann
schloss für einen Moment die Augen und
seine Wangen wurden rot.
Kinara bekam davon erstmal nicht viel mit. Als sie aber
einen Moment später Deaszeah erblickte, wie sie von
einem Mann, der sich mehrmals bei ihr entschuldigte,
wieder auf die Beine gezogen wurde, schaute die getragene
Braut sich erneut um. Ihr Blick fiel auf Hidron
und sie sah direkt wieder Deaszeah an. Diese zuckte
nur mit den Schultern und verzog dann leicht ihren
Mund. Kinara stöhnte innerlich auf.
Das Gewitter war noch nicht heran, als das Ehepaar mit
den Feiernden zur Bärenburg zog – der Schneeregen
aber wohl, der sich zu einem regelrechten Graupelsturm
gesteigert hatte, so dass man schließlich lachend und
nass in der Herzogenhalle der Bärenburg anlangte.
2.2 Hidrons
und Kinaras Zimmer
Die Eheleute wurden weiter unter dem Johlen der Gäste
und Spielleute durch die Gänge der Bärenburg
getragen. Einer der Burschen, welcher wohl in Kinaras
Alter wäre, hätte sie nicht die chronale Verzerrung in
Dragenfeld erlitten, tat kund: „So gehen denn der Pfau
und der Drache[Fußnote 21] in ihr Gemach.“
Das brachte ihm eine Kopfnuss seiner Mutter, eine
Ritterin des Donnerordens, ein.
„Aua! Es sei einem doch wohl gestattet mal einen rahjagefälligen[Fußnote 22] Satz zu äußern!“
Die Mutter schüttelte nur den Kopf.
Hidron und Kinara hatten keine Ahnung, was dieser
Satz zu bedeuten hatte – Letztere machte sich sicherheitshalber
eine geistige Notiz.
Wo bei Kinara nur zwei Frauen nötig waren um sie
durch die Gänge der Burg zu tragen, brauchte es für
Hidron teilweise sechs Männer bis man des Brautpaares
Gemach erreichte.
Dort wurden sie auf das in der Zwischenzeit hübsch
hergerichtete Bett befördert. Während des Tragens
hatten einige der Frauen Kinara bis auf ihr Untergewand
entkleidet. An Hidron schien sich wohl doch
keiner ranzutrauen.
Diese Sitten wirkten auf die Gefährten sehr befremdlich,
doch so rau waren diese hier nun mal.
Deaszeah, Isra und Krätz verließen als letzte der Träger
den Raum. Isra schaute Hidron ermahnend an und
tippte dabei gleichzeitig auf ihre Heilertasche, welche
sie als Gürtel trug. „Ich will die gleich nicht nutzen
müssen!“ Dann schloss sie die Tür.
Zwei Stunden durften die Vermählten nun nutzen, um
die Ehe zu vollziehen und Rahja[Fußnote 23] zu opfern[Fußnote 24], während
sich die geladenen Gäste schon einmal warmfeierten.
Man hatte auch das Zimmer für die beiden ein wenig
hergerichtet – die Blendläden waren geschlossen und es
brannte eine Reihe von Kerzen auf der Kommode. Eine
Holzkiste aus Rosenholz stand in der Nähe des Bettes.
Ihr Deckel zeigte das Symbol[Fußnote 25] Rahjas in goldener
Farbe. Es war Isras Hochzeitsgeschenk und Kinara
ahnte schon, welchen Inhalt sie zu Gesicht bekämen,
sollten sie den Deckel anheben. Der kleine Kamin war
noch vor ihrer Ankunft in der Burg angezündet – und
so war das Zimmer recht warm. Die Frischverheirateten
schenkten der Kiste erstmal keine weitere Beachtung.
Während Hidron sich auszog, saß Kinara noch immer
gehemmt und halb entblößt auf ihrem mit Blütenblättern
von roten Schneerosen bestreuten Bett. Wo die
Hochzeit und ihre Zeremonie auf Rondra- und Traviaart
ritualisiert wurde, sollten diese zwei Stunden nun der
Rahja zugesprochen werden.
Kinara betrachtete ihrer beider Wappenröcken, welche
über eine Stuhllehne gelegt worden waren, und vernahm
etwas wehmütig die beiden Schnitte, welche die
letzten beiden zeremoniellen Schläge angerichtet
hatten. Auch wenn der Stoff an dieser Stelle beschädigt
war, so waren diese Schnitte ein Zeichen ihres Ehebundes.
Sie würden die Gewänder gleich auf dem Fest
erneut tragen.
Kinara nahm eines der Rosenblätter, schob es sich in
den Mund und begann darauf herumzukauen. Sie fühlte
sich unwohl und unter Druck gesetzt.
‚Müssen wir das jetzt tun?‘, dachte sie sich und nahm
Hidron, während dieser sich seiner Kleidung entledigte,
in Augenschein.
Ein zweites Blütenblatt wanderte in ihren Mund.
Hidron drehte sich um, realisierte Kinaras Gemütszustand
und nahm sie in die Arme. Seine Finger glitten
durch ihr Haar. Sie stieß einen Seufzer aus.
„Meine Mondblume, wir müssen nichts machen wo wir
beide nicht zustimmen.“
Hidron spürte, wie seine Liebste zitterte, und er würde
normalerweise nun seine sexuellen Triebe unterdrücken
und von Kinara ablassen, doch er war gerade so scharf
auf sie, dass er den Gedanken sie jetzt zu nehmen nicht
beiseiteschieben konnte. Er löste ihren Haarknoten, so
dass ihr fast taillenlanges Haar ihren Rücken herunterglitt,
und wagte sich etwas, was er sich bei ihr noch nie
gewagt hatte: Er packte das lose Haar, zusammen mit
ihren beiden Ährenzöpfen – und zog sie nach hinten.
Sie schrie auf. Als Antwort verpasste er ihr eine Ohrfeige
und zog noch fester an ihren Haaren. Erneut
schrie sie, diesmal lauter und vehementer. „HIDRON!?
WAS MACHS...“
Er packte ihre Hand, mit der sie versuchte, ihn wegzuschieben,
und zwang Kinara mit einem Ruck auf die
Knie.
Die Rosenblätter stoben durch den Aufprall in alle
Richtungen davon. Sie keuchte auf.
Und noch immer versuchte sie, sich mit ihrem freien
Arm zu wehren – es half nichts, seine Arme waren
länger und er viel stärker. Hidron sah und spürte, wie
sie mit ihren Fingerspitzen versuchte, sich an seinem
Unterarm festzukrallen und ihn zu kratzen, doch ihre
kurzen Nägel störten ihn nicht.
Er ließ Kinara in dieser Position eine Zeitlang verharren,
bis sie keinen Widerstand mehr leistete.
Ihr Atem ging schwer.
„Kinara?“, fragte er sie unsicherer als beabsichtigt.
Sie antwortete nicht.
Er lockerte seinen Griff.
Immer noch keine Antwort.
Er nahm seine Hände gänzlich von ihr.
Hätte er ihr Gesicht gesehen, hätte er bemerkt, dass sie
schmunzelte.
Sie drehte sich um und zog ihn zu sich heran.
„So wie gerade eben gefällst du mir sehr gut.“
[...]
Etwa eine Stunde später schauten sich die beiden die
Holzkiste an, welche Isra ihnen zur Hochzeit geschenkt
hatte. Eine schlichte, aber elegante Kiste mit dem Symbole
Rahjas auf ihrem Deckel.
Man muss es Isra vergönnen, dass der Inhalt in keiner
Weise von ihr selbst ausgewählt wurde, noch hatte sie
eine ausgeprägte Vorstellung von den Lehren der Rahja,
auch wenn ihr Besuch vor einer Woche im Tempel
etwas anderes vermuten ließe.
Und für genau diesen Besuch springen wir in der
Geschichte ein paar Tage zurück:
Es war der 25. Firun – eine Woche vor der Hochzeit.
Isra verzagte ein wenig in Anbetracht der Wahl eines
Hochzeitsgeschenkes. Zwar kannte sie ihre Freundin
recht gut, Hidron eher weniger, und beide als Paar
erforderte eine andere Betrachtungsweise hinsichtlich
einer Geschenkwahl. Haushaltsgegenstände? Weißwaren
für ihre Kinder? Kunstgegenstände? Nein, es
sollte etwas anderes sein. Handwerklich war sie eher
ungeschickt – ein persönlich angefertigtes Präsent entfiel
sonach aus der Selektion.
Als Isra sich früh morgens einem Rundgang durch die
Altstadt widmete, blieb ihr Blick an einem kirschblütenweiß
getünchtem Gebäude haften. Das Dach
zierte eine kupferfarbene Kuppel, welche das Licht der
Morgensonne metallisch Rot reflektierte – Der Tempel
der Rahja.
Sie mochte keine Tempel. Nicht wegen der Götter, sondern
die Gebäude an sich riefen in ihr Unbehagen
hervor – der Grund dafür entzog sich jedoch ihrer
Kenntnis. So etwas wie eine Art Grundahnung war
zwar da, sie ging von einem frühkindlichen Trauma
aus, aber die Feinheiten und Details ihrer Beklommenheit
lagen im Verborgenen für ihre Auffassungsgabe.
Mit den hiesigen Göttern war sie nicht wirklich vertraut.
Einzig mit der Göttin Rondra stand sie, dank
Kinara, ein wenig im Wissensbunde.
Der Tempel vor ihr nannte sich das Haus der Sinnen
und der Freude.
‚War Rahja nicht die Göttin der Liebe? Vielleicht finde
ich dort etwas Passendes für die Beiden‘, dachte sich
Isra und steuerte auf den Eingang zu.
Noch bevor sie das Portal mit einem letzten Schritt
erreichte, tat es sich scheinbar von selbst auf und stand
eine handbreit offen. Sie hörte eine Stimme aus dem
Inneren: „Ich bringe die beiden Geldbeutel noch eben
zum Efferd-Tempel[Fußnote 26].“
Dann wurde das Portal aufgerissen, und eine junge Frau
prallte mit ihr zusammen, so dass einer ihrer Geldbeutel
ungeschickt zu Boden fiel und sein Inhalt sich auf die
Eingangstreppe des Tempels ergoss.
„Tut mir so leid meine Süße!“, keuchte die Frau.
‚Meine Süße?‘, fragte sich Isra, so hat sie noch nie
jemand genannt.
Das Gesicht der Frau erhellte sich. „Isra? Ach ihr seid
es! Danke nochmal für neulich! Wegen euch kann ich
wieder meiner Arbeit nachgehen.“
„Nichts zu danken Fedosja. Lasst mich euch helfen!“
Beide sammelten die Münzen auf. Isra zählte 215
Dukaten zuzüglich einiger im Beutel.
‚Arbeit? ... Oh!‘, und so kam Isra doch die Eingebung.
„Was verschlägt euch denn zu unserem Haus?“, fragte
die Bornländerin.
„Ich suche noch ein Geschenk für meine beiden Freunde,
welche in einer Woche heiraten.“
„Da seid ihr hier genau richtig!“, platze es aus der
jungen Frau heraus. „Ulman kann euch dabei behilflich
sein. Ihm ist eh gerade langweilig und ihr wäret die perfekte
Ablenkung für seine ... meldet euch einfach bei
ihm.“
Isra nickte zögernd und beide Frauen verabschiedeten
sich voneinander.
‚Für seine WAS?‘
Dann betrat sie den Vorraum des Tempels und staunte
nicht schlecht, als sie die tropischen Gewächse sah,
welche hier überall gediehen.
Ein wirklich sehr attraktives, gutaussehendes Mannsbild
war gerade damit beschäftigt die Schlingen einer
roten Pfeilblüte zu beschneiden. Er legte dabei behutsam
die mit abgeschnittenen Blüten in einen kleinen
Eimer.
Isras Blicke blieben an dem Mann haften wie eine
Mücke in einem klebrigen Spinnennetz.
Als er sie erblickte, schaute sie reflexartig weg und ihre
Knie wurden ein wenig weicher.
„Eine Schönheit ehrt uns mit ihren Besuch!“
Isra entdeckte keinerlei Sarkasmus in seinen Worten.
‚Verdammt!‘
„Die hohe Frau Isra Vamylon! Mein Name ist Ulman“,
er verbeugte sich so weit nach vorne, dass nicht mehr
viel fehlte und Isra einen Schritt hätte zurückgehen
müssen um sein Gesicht nicht in ihrem Dekolletee vergraben
zu sehen ... und zu spüren.
‚Friert er gar nicht? Und warum schwitzt er?‘, dachte
sie sich, als sie seinen entblößten, eingeölten genauer
Oberkörper betrachtete.
Viel zu genau. Denn Ulman war sich selbstverständlich
ihrer Blicke bewusst.
„Ihr bereitet mir viel Freude mit dieser Begegnung.
Welche Dienste ersucht denn die liebreizende Isra hier
in diesem Hause?“
Ulman trat mit einem eleganten Schritt an sie heran und
befestigte eine der Blüten in ihrem Haar. Sie spürte die
Wärme seines Körpers.
Isras Instinkte der Abwehr waren ausgeschaltet. Jedenfalls
teilweise.
Mit so einem hatte sie nicht gerechnet.
„Wir ... Ich ... Hochzeit ... Also ... Ich meine, ... Ich
suche etwas.“
„Was da wäre?“, fragte der Hübsche.
„Etwas für die Beiden.“
„Was für für ein Etwas und welche beiden?“
Er stand nur einen halben Schritt von ihr entfernt und
sie nahm den Geruch seines Parfümes wahr. Wenn sie
jetzt einen Schritt zurückginge, würde sie nur Willensschwäche
offenbaren.
„Kinara und Hidron. ... Geschenk.“
„Das sind eure Freunde, welche in einer Woche den
Bund der Ehe eingehen werden, wenn ich mich recht
entsinne?“
„Ja ... “
Isra spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Sie regelte
ihren Puls mit purer Willenskraft wieder herunter. Was
ihr diesmal nicht so leicht fiel. Eine andere Frau, die
diesen Mann zum ersten Mal so begegnet wäre, wäre
vielleicht im Erregungsschwindel zu Boden gestürzt
und hätte sich wahrscheinlich die Kleider vom Leib
gerissen.
„Ich hätte Vieles für die beiden zur Auswahl, habt ihr
an etwas Bestimmtes gedacht?“
„Ich weiß nicht ... vielleicht etwas ... Schönes?“, Isra
räusperte ihre hohe Stimme weg.
„Wir haben hier nur Schönes und seit ein paar Minuten
sogar eine Schönheit mehr.“
Er zwinkerte ihr zu, nahm ihre Hand und sie verspürte
nun etwas, was sie nicht so relativ einfach mäßigen
konnte wie den erhöhten Herzschlag. Mit ihren überdurchschnittlichen
Wahrnehmungsfähigkeiten bemerkte
sie, dass Ulman seinen Geruchssinn verstärkt einsetzte,
nachdem er ihre Hand berührte. Sie presste ihre Oberschenkel
zusammen[Fußnote 27].
‚Ich hätte einfach ein paar Socken kaufen sollen!’,
stöhnte sie innerlich auf.
Wenige Sekunden später führte er sie in das Zentrum
des Tempels – ein größerer Raum, der mit Wandbehängen,
die bestimmte Szenen darstellten, verziert war.
Dutzende bestickte und farbige Kissen, eine große
Ansammlung exotischer Pflanzen, Rosengestecke, eine
Statue der Rahja, sechs Chaiselounges und diverse
andere, hauptsächlich in roten Farbtönen gehaltene
Dekorationen, bildeten das Interieur.
Auf einer der Liegen räkelte sich eine reizvolle, beinahe
vollständig entblößte Frau und las in einem kleinen
Buch. Sie bemerkte Isra, lächelte sie an und winkte
ihr zur Begrüßung zu. Die Aasimar[Fußnote 28] hob kurz ihre
Hand und winkte zurück, schaute dann schnell verlegen
woanders hin, wobei sie jedoch kaum etwas zu Gesicht
bekam, was nicht wenigstens im entferntesten Sinne
mit Laszivitäten zu tun gehabt hätte.
Noch immer mit Isra händehaltend steuerte Ulman mit
ihr auf eine der Chaiselounges zu und bat sie, Platz zu
nehmen. Sie setzte sich hin und presste ihre Beine
wieder zusammen.
Die andere Frau saß ihr halb liegend direkt gegenüber
und schaute sie fortwährend mit verführerischen Blicken
an.
Ulman goss aus einer Karaffe Wein für sich und Isra
ein und nahm neben ihr Platz, ein wenig zu nah für
ihren Geschmack. Isra spürte das auf sie gerichtete
Augenpaar der anderen Frau und zog ihr Gewand
zurecht.
„Wein?“
„...Was? Ja.“ Isra nahm das Glas – Ulmans Finger
berührten dabei ihre, sie atmete dabei unterbewusst
lauter aus, als ihr lieb war und nahm dann einen tiefen
Schluck.
„Erzählt mir ein wenig von euch Isra! Ich habe gehört,
insbesondere von Fedosja, eure Heilkünste wären
bemerkenswert.“
Sie fing an zu wie ein Wasserfall zu reden: „Also, ich
habe noch keinen Partner. Und aktiv suche ich auch
nicht. Wobei, den ein oder anderen habe oder hatte ich
schon ins Auge gefasst. Manchmal liege ich abends
alleine in meinem Bett ...“, Isra klappte ihren Mund
zusammen, ‚was bin ich denn für eine Idiotin? Warum
ich plapper ich das alles aus?‘, sie setzte fort, „ ... und
denke stets über neue medizinische Techniken und
Heilmethoden nach. Ja, ich kann vermutlich ganz gut
heilen. Wie dem auch sei, das tut gar nichts zu Sache.
Fakt ist, ich brauche ein Hochzeitsgeschenk und wäre
bereit, etwa zweihundert Dukaten dafür auszugeben –
plus minus. Danke für eure Kooperation!“
Sie wirkte zufrieden mit sich selbst, ihre Fassung
wiedererlangt zu haben. Ihr Gegenüber schaute sie mit
einem Lächeln an und überlegte kurz.
„Wir könnten euch eine Zusammenstellung diverser
rahjagefälliger Waren anbieten. Oder wir suchen etwas
gemeinsam aus. ... May, würdest du bitte für uns den
Spielkasten herbringen?“
Isra fiel fast von der Liege. „Ja. NEIN! Also, stellt mir
bitte einfach etwas weit gefächertes zusammen! Nicht
nötig, dass wir das alles im Detail besprechen.“
May setzte sich wieder hin.
Ulman nickte und grübelte. ‚Sie ist sehr willensstark
und ziert sich. Das erregt mich umso mehr. Außerdem
weiß sie sich rahjagefällig zu kleiden, und das im
Winter. Ich werde ihr die Bestellung mit den Geschenken
höchstpersönlich vorbeibringen.‘
Isra stand wieder auf. „Danke für den Wein. Werden die
Sachen geliefert, oder muss ich sie abholen?“
„Wir werden sie euch bringen lassen. Heute Abend.
Seid ihr gegen Sonnenuntergang auf eurem Burgzimmer
anzutreffen?“
„Ja. ... Ich muss nun los und ... ein paar Kranke pflegen.
Einen schönen Tag wünsche ich!“
Ulman wirkte etwas enttäuscht, konnte aber ihrem für
ihn offensichtlichen Feigenblatt[Fußnote 29] nichts entgegensetzen.
Kurz bevor Isra den Ausgang erreichte, rief er ihr
abschließend zu: „Noch etwas! Sorgt bitte dafür, dass
ihr heute Abend alleine auf eurem Zimmer seid!“
Isra wäre fast gestolpert, hob dann aber ihre Hand zum
Abschied, verließ das Haus der Sinnen und der Freude
und erschrak, denn der alte Markt, der an den Rahja-Tempel
angrenzte, war bereits mit Händlern, ihren
Ständen und Käufern bevölkert.
‚Wie lange um alles in der Welt war ich da drin?‘
Schwester Linai entdeckte Isra, als diese gerade dabei
war, den Eingangsbereich des Tempels zu verlassen,
und winkte ihr zu.
‚Heute ist nicht mein Tag‘, jammerte Isra innerlich. Sie
bemerkte, dass Linai eine wartende Körperhaltung eingenommen
hatte. Mit einem Seufzen, gefolgt von
einem Lächeln näherte sie sich der ehemaligen Praetorin
der Travia-Kirche.
„Einen schönen guten Morgen Isra!“
Isra erwiderte den Gruß und versuchte so zu wirken, als
wäre sie in Eile.
„Ich möchte euch nicht lange aufhalten“, gab Linai von
sich und kramte etwas aus ihrer Tasche, „wäret ihr so
freundlich und überbringt diese zwei Spulen Kinara?“
Sie hielt zwei goldene Garnspulen in den Händen.
Isra stimmte zu und wollte sich gerade verabschieden,
als Linai noch anmerkte: „Blumen stehen euch gut.“
Isras Wangen färbten sich ein wenig rot, „Äh ... ich ...
danke!“
Linai schmunzelte ein wenig und Isra empfahl sich.
Als der Tempel und der Markt außer Sicht waren,
lehnte sie sich an eine Mauer, ließ sich auf eine vorstehende
Kante gleiten. Dann zog sie etwas Wurzelartiges
aus ihrer Heilertasche und kaute darauf herum, während
sie die Blume aus ihrem Haar entfernte und danach in
ihrer Hand hin und her drehte. ‚Kinara wird mich
köpfen! ... Habe ich der Linai gesagt, ich wollte dort im
Tempel nur ein Geschenk kaufen? ... Ahhh!‘
Auf ihrem restlichen Weg zur Bärenburg spielte sie die
Szene im Tempel mindestens ein dutzend Mal in ihrem
Kopf nach. ‚... alleine auf eurem Zimmer seid.‘
– Eine Woche später und zurück in Hidrons und Kinaras
Zimmer. –
Ein süßlicher rosenartiger Duft strömte den beiden entgegen,
als sie den Deckel der Kiste aufklappten. Kinara
humpelte einen Schritt zurück, so als würde Belkelel[Fußnote 30]
persönlich aus dieser Kiste springen und sie angreifen.
Der Großteil des Kisteninhaltes war in Seidentüchern-
und beuteln verstaut, die Bücher jedoch nicht. Kinara
nahm sich eines der literarischen Werke und las den
Titel vor: „Rahjasutra.“
Das Buch war in rotes Leder gebunden und der Einband
mit einem kreisförmigen Muster, welches Rosenblüten
und Weintrauben zeigte, verziert. Sie klappte das
Buch an einer zufälligen Stelle auf und las vor: „Der
Schlüssel zu deiner Lust ist die Göttin in dir, deren
Leidenschaft du erwecken musst. Gelingt es dir, wird
ihre Ekstase dich auf eine Woge der Lust heben und
dich hinforttragen, hinauf zu ihren höchsten Gipfeln.“
Sie schlug eine weitere Seite auf.
„Und dann sah er mich an mit hochrotem Kopf und ließ
sich auf alle Viere sinken. Ich starrte wie eine Gazelle
auf ihren Jäger und wusste nicht recht, was ich tun
sollte. ›Bestrafe mich, Herrin‹, flüsterte er heiser, und
als ich noch immer nicht verstand, entblößte er seine
makellose Kehrseite, die geformt war wie ein praller,
rosiger Apfel. Sein Gemächt aber war steif und hart,
und ich konnte seine Lust erahnen, ...“
Sie klappte das Buch wieder zu, räusperte sich und griff
sich einen der Seidenbeutel. Sie zog etwas Unförmiges
heraus, was aussah wie ein Pilz.
„Für was soll das denn gut sein?“, fragte Kinara und
hielt das Dingen vor Hidrons Nase.
„Keine Ahnung“, log er, „Vielleicht ein Mörser.“
Kinara bekam den richtigen Gedankenblitz und warf
das Teil wieder in die Kiste.
‚Oh Isra, du bekommst von mir was zu hören! Die ach
so prüde Isra!‘, dachte sich Kinara.
Hidron öffneten einen weiteren seidenen Beutel, auf
dem sich auch das stilisierte Rahja-Symbol, diesmal als
Stickerei, zeigte, zog eine einen Spann[Fußnote 31] lange rote
Kerze heraus und stellte sie auf einen kleinen Schemel.
„Sollen wir sie anzünden?“, fragte er Kinara.
„Mach mal!“
Beide setzten sich auf den Boden – zwischen ihnen die
Kerze ...
„Riecht ein wenig nach ...“, Hidron schnupperte, zuckte
aber dann mit den Schultern.
Beide schauten die Kerze ein paar Minuten an, bis
Kinara ein verblüfftes Gesicht machte.
„Die brennt ganz schön schnell ab! Was hat man davon,
wenn so eine Kerze nur eine halbe Stunde brennt? Wir
sollten sie erstmal löschen.“
Hidron zuckte erneut mit den Achseln und pustete dann
mit zu viel Kraft die Kerze aus, so dass gut eine Unze[Fußnote 32]
Wachs in Kinara Gesicht und auf ihre Brust spritze.
„Aua!“, sie sprang auf.
Hidron verzog sein Gesicht, bereit, eine Entschuldigung
zu äußern, doch fast im selben Moment wurde die Tür
aufgerissen und ein paar Frauen, mit Deaszeah und Isra
im Anhang, in das Zimmer platzten.
Die zwei Stunden waren um, und Hidron und Kinara
hatten anscheinend das Zeitgefühl verloren.
Eine wahrlich peinliche Situation für beide. Nicht so
für die anderen Beteiligten. Hidron klappte schnell den
Deckel der Kiste zu, um den restlichen Inhalt[Fußnote 33] vor den
Blicken der anderen zu verbergen. Fast im selben
Moment riss er auch eine Decke an sich, ohne zu
merken, dass Kinara nach dieser griff, und bedeckte
damit seine Scham. Kinara hingegen schaute nur entsetzt,
als das Textil vor ihren Augen weggeschnappt
wurde, hatte aber keine Zeit Hidron zu tadeln und
bedeckte schnell ihre Blöße mit ihren Händen.
Nachdem nun Deaszeah und Isra es geschafft hatten,
das Zimmer nach den ganzen anderen ungezügelten
Frauen zu betreten, blieben sie erstmal ein paar Sekunden
entgeistert stehen. Kinaras Gesicht und Brust waren
mit roten Flecken übersäht. Isra dachte zunächst an
Blut, setzte dann direkt einen an Hidron bestimmten
bösen Blick auf und griff nach ihrer Heilertasche, hielt
aber inne, als sie erkannte, was es wirklich war. Würde
man ihren Blick mit einem Fragezeichen figurativ ausschmücken,
müsste man mindestens drei von ihnen
anwenden.
Die Frauen schnappten sich Kinara, wickelten sie in ein
Tuch und brachten sie und Hidron ins Bad, um sie dort
zu waschen und anzukleiden. Kinaras Protest, sie könne
sich doch selbst waschen, wurde geflissentlich von den
Waschfrauen überhört. Man kleidete danach beide
wieder in ihre Gewänder, welche sie auch während der
Zeremonie trugen. Anschließend wurden sie wieder auf
die Feier zurückgeholt.
2.3 Das
Fest
Kichernd und lachend zogen einige junge Mädchen den
Ehemann in die Festhalle, während die Gemahlin von
den jungen Burschen umringt wurde. Die Spielleute
griffen in die Saiten und spielten mit Fidel, Leier und
Untertrommel zu einem
fröhlichen Tanz auf, in den
sich die Brautleute mit ihren Freunden ausgelassen einreihten.
Hidron wurde, mehr oder weniger, die gesamte Zeit
von Kinara beschirmt. Nicht weil sie auf andere Tanzpartner
eifersüchtig gewesen wäre, sondern um Hidrons
doch sehr sichtbare Beule gegenüber den Blicken anderer
verdeckt zu halten. Trotz allem musste er sich des
Öfteren Bemerkungen, wie „Möchte da jemand wieder
mit seiner Braut aufs Zimmer?“, oder „Rahja scheint
euch wohlgesonnen zu sein“, gefallen lassen. Kinaras
Gesicht wurde zunehmend röter aus Scham.
Natürlich ließen es sich der Herzog Waldemar von
Löwenstein, Dietrad von Ehrenstein und ein paar
diverse Ritter, mit denen das Brautpaar in den letzten
Wochen vor der Hochzeit öfters einige Kampftechniken
praktizierten, nicht nehmen, auch mit der Braut zu
tanzen.
Aber auch der Bräutigam stellte sich tapfer seinen
Tanzgefechtspartnerinnen, wie Dea, Isra und sogar der
Frau des Herzoges: Yolina von Aralzin. Letztere
errötete keineswegs, sondern schmunzelte in sich
hinein. Die fast sechzigjährige Frau, welche fast so
groß wie ein Troll war, umfasste Hidrons Oberarm mit
ihren Pranken und forderte ihn zu einem Armdrücken
für später heraus.
Es sei angemerkt, dass keines der Kinder mit Hidron
getanzt hat – denn Deaszeah fiel es beileibe zu schwer,
ihre Konzentration für die Zauberdämpfung hier aufrecht
zu halten.
Nachdem Kinara von ihrem vorletzten Tanzpartner,
einem Mitglied des Donnerordens, welcher ihr beinahe
bei jedem zweiten Schritt auf die Füße trat, entlassen
wurde, stand sie wieder an Hidrons Seite. Seit Beginn
des Einstimmungstanzes wurde ihr Atem von Minute
zu Minute schwerer. Und als nach gut einer Stunde sich
dieser Tanz dem Ende zuneigte, keuchte sie: „Das ist
anstrengender als zu kämpfen“, und hielt sich an
Hidron fest. „Ich muss mich hinsetzen!“
Jedoch, reihte sich ein weiterer Mann, diesmal sollte es
der letzte Tanzpartner gewesen sein, ein und reichte ihr
die Hand. Und wie es die Etikette vorschrieb, durfte sie
diesen Wunsch nicht abschlagen.
Es war ein bärtiger älterer Ritter, wohl einer vom
Bärenorden. Sein Gesicht kam ihr bekannt vor, aber sie
konnte es nicht genau zuordnen. Er tanzte gut und wirbelte
Kinara sogar mehrmals herum.
Nach kurzer Zeit bildeten sich in ihrem Blickfeld
schwarze Punkte und als sich ihre Sicht kurz verfinsterte,
sah sie zwar immer noch ihren Tanzpartner, doch
seine Gesichtszüge wirkten anders.
Kinara fuhr zusammen.
Es war das Gesicht des Mannes, welcher aus dem
Kessel im Nachtschattenturm stieg.
Ihr Auge begann zu schmerzen und sie schrie kurz auf
und stieß den Mann von sich weg. Er stolperte leicht
nach hinten und schaute, ebenso wie ein paar andere
Tanzende, sie verwirrt an. Dschelef sprang von seinem
Stuhl auf und blickte alarmiert in Richtung des Geschehens.
Deaszeah und Isra bekamen all dies auch mit,
wirkten aber gelassen – trotzdem, die Kryptikerin[Fußnote 34]
stellte ihre dissonante Einstimmung instinktiv auf Menschen
ein und Isra suchte mit ihren Sinnen den gesamten
Saal ab. Die anderen, nicht unmittelbar in Kinaras
Nähe stehenden Gäste, nahmen diesen Zwischenfall gar
nicht zur Kenntnis.
Kinara bemerkte jedoch schnell, dass sie Opfer der
eigenen Wahnvorstellung war, und reagierte unwillkürlich
mit vorgetäuschten Bauchschmerzen – Schmerzen
hatte sie ja so oder so, jedenfalls an ihrem Auge, und
ihre Schwangerschaft war den meisten der Anwesenden
bekannt.
Sie entschuldigte sich bei ihrem Tanzpartner, der aber
machte ihr keine Vorwürfe, sondern bat selber um Verzeihung
und bot ihr mehr als besorgt seine Hilfe an. Die
brauchte sie in zweierlei Hinsicht nicht, denn Hidron
war ihr sofort zur Seite und die Bauchschmerzen waren
eh nur vorgetäuscht.
Die Schmerzen am Auge ließen nach, während Hidron
Kinara in seine Arme nahm.
„Geht es dir gut?“
Kinara nickte.
„Wie wäre es, wenn wir eine Pause einlegen? Anscheinend
wollen unsere Gäste uns beschenken.“ Er deutete
mit einer Kopfbewegung auf ihren ehemaligen Kutscher
Boril Bagoltin, welcher ein kleines verschnürtes
Päckchen in den Händen hielt und hin- und herdrehte.
Kinara nickte, sichtlich erschöpft.
„Ja, setzen wir uns, und nach den Geschenken sollten
wir das Bankett eröffnen.“
Hidron vernahm ein leichtes Knurren aus der Magengegend
seiner Frau.
Man hatte für das Hochzeitspaar und deren Gefährten
einen eigenen Tisch hergerichtet. Ein Blumenarrangement
aus Blausternen und Schneerosen schlängelte sich
um die acht Kerzenständer, in denen dicke Honigkerzen
brannten. Zu Kinaras rechter Seite saßen Deaszeah und
Isra und zu Hidrons linker Seite Krätz. So saßen sie
vorerst ein paar Minuten, um wieder zu Atem zu
kommen. Dann sprach Hidron sie an: „Mein
Schatz, ich
möchte dir gerne ein Geschenk machen.“ Er stand auf
und nahm Kinaras Schwert, welches zusammen mit
seinem Tetsubo direkt hinter ihnen an der Wand lehnte,
und überreichte es ihr.
Kinara stand langsam auf. „... Mein Schwert?“
Hidron deutete auf die Innenseite des Knaufes. Kinara
schaute sich den Knauf genauer an: „Da ist irgendwas
eingraviert. Hast du das gemacht Hidron?“
„Machen lassen“, erwiderte Hidron.
Kinaras Miene erhellte sich. „Was bewirkt sie? Eine
Verzauberung?“
Hidron lächelte Kinara an. „Das wirst du vielleicht bei
den Übungsgefechten gleich herausfinden. Ich glaube,
wir werden heute Abend ein paar Schaukämpfe veranstalten
müssen.“.
„Das ist gemein mir so eine Information vorzuenthalten!“,
schmollte sie verspielt, „Aber das ist lieb von
dir, dass du mir etwas schenkst. Vielen Dank mein
Schatz!“ Sie küsste und umarmte ihn.
Nachdem sie wieder voneinander ließen, wandte sich
Kinara an Deaszeah und Isra im Flüsterton: „Warum
habt ihr mir nicht gesagt, dass er mir was schenken
wird? Ich habe jetzt nichts für ihn! Was mache ich denn
jetzt? ... Ich könnte ... könnte ... nein ... oder doch?“
Deaszeah und Isra schauten ihre Freundin lächelnd an
und zuckten dann mit den Schultern. „Also für uns ist
dieser Brauch auch neu, dass sich die Brautpaare
gegenseitig etwas schenken. Aber es macht ihm Freude,
wenn du dich freust.“
„Mir ja auch wenn er sich über ein Geschenk von mir
freut,“ bemerkte Kinara, „aber was ist, wenn er deswegen
traurig wird, weil er von mir nichts bekommt?“
Hidron beobachtete Kinara, wie sie mit den beiden flüsterte.
Kinara lächelte ihn an und stand auf. „Mein
Sonnenschein, auch ich habe etwas für dich.“
Hidron erhob sich ebenfalls. Kinara nahm seine Hand,
auf dem der Ring des Weltenschleiers steckte.
„Schließ bitte deine Augen!“
Beide schlossen ihre Augen. Die Musik der Spielleute
wurde leiser, bis sie ganz verschwand. Der Duft der
Honigkerzen verflog. Das Einzige was Hidron noch
fühlen konnte, war Kinaras Hand, die seine festhielt. ...
„Schatz, kannst du mich hören?“
Er bejahte ihre Frage.
„Öffne deine Augen!“
Es war dunkel.
Kinara sprach weiter: „Mein Licht, soll dein Licht
sein.“
Ein winziger Lichtschein flackerte zwischen den beiden
auf und fing in einem warmen Gelbton an zu pulsieren.
Einige Minuten vergingen und beide saßen nun Hand in
Hand und ihre Körper berührten sich.
„Lathaerum![Fußnote 35]“
Es ertönte ein flüchtiges Geräusch, als ob jemand mit
einem feuchten Finger über den Rand eines Glases gleitet.
Das Licht erstrahlte und erfüllte ein kleines
Zimmer. Hidron bemerkte, dass er und Kinara etwas
zusammen in ihren Armen hielten. Er wusste es sofort:
Es waren ihre Kinder.
„Dies ist jetzt auch dein Licht, welches die Finsternis in
dir vertreibt. Hidron ...“, Kinara schluckte, den Tränen
nahe, „immer wenn die Finsternis nach dir greift,
berühre das Licht.“
Visionen und Abbilder wurden sichtbar, verschwanden
wieder und zogen wie Lichterwolken am Lebensfirmamente
Kinaras umher.
Dies ist ihr Wille etwas Gutes zu erschaffen auch in
tiefster Nacht.
Hidron nahm wahr, dass vielmehr dahinter steckte,
denn sollte er Kinara jemals verraten, würde das Licht
schwächer oder restlos seine Existenz erlöschen. Er
hatte nun durch den Ring des Weltenschleiers nicht
mehr ausschließlich Einsicht in Kinaras Erinnerungen,
sondern soeben auch Zugang in und auf ihr Seelenleben
als Geschenk empfangen. Er wusste sich nicht zu
äußern, spürte er doch das Verlangen all seine Ängste
und Schmerzen in ihrem Licht zu lindern.
Beiden saßen wortlos noch eine Weile so da, dann
erklang aus der Ferne sehr leise Musik, welche sich in
ein Crescendo steigerte und mit einem Duft von Honig
begleitet wurde. Das Zimmer und die beiden Kinder
verblassten.
Etwas wehmütig schaute Hidron noch in seine Arme.
Dann standen beide wieder im Festsaal.[Fußnote 36] Isra hat beide
beobachtet, wie sie das Reich des Ringes verließen. Für
Außenstehende sah es aus, als wären die Reisenden
schlaftrunken oder komplett regungslos. Isra wurde des
Akashas beider ansichtig und stieß gedanklich einen
gewaltigen Seufzer aus, der eher ein Aufschrei hätte
sein können. ‚Dieses Mädel gönnt mir auch keine
Ruhe!‘, Isra stellte sich auf dornenreiche Zeiten ein.
Keiner bekam mit, wie Meri ein Buch hervorholte, auf
dessen Einband eine metallene Eule eingelassen war,
und folgenden Eintrag mit der Feder eines mysteriösen
Vogels vornahm:
Du hast die Nacht erschaffen, mein Herz ruft zu den
Waffen. Verrat steigt aus dem Schatten empor, und die
Treue ihre Krone verlor. Getäuscht zu blinder Wut, verdunkelt
der freie Mut. Wenn Liebe nur mit Hass
gedeiht, die Güte nach Verleumdung schreit. Ein Licht,
das in der Dunkelheit schreibt, alles Böse in uns vertreibt.
Das Päarchen saß nun Arm in Arm an seinem Tisch, bis
Krätz an Hidrons Waffenrock zupfte. „Ämmm ... hier
das ist für euch. Die Linai hat mir den Vorschlag
gemacht. Ich hoffe, es ist hilfreich.“
Er stellte einen kleinen Koffer auf den Tisch – der
Inhalt klirrte ein wenig. Hidron öffnete ihn und zum
Vorschein kamen sechs kleine Glasfläschchen mit
Schraubverschlüssen, gummierte Aufsätze und eine
kuriose Vorrichtung.
„Eine Schnapsbrennerei?“, fragte Kinara.
„Ähhh, nein nein! Das ist zum ... zum ...“, Krätz
schaute sich nervös um und kratzte sich am Kopf. Ein
paar Gäste hatten ihre Hälse gereckt um einen Blick auf
den Inhalt des Koffers zu werfen. „Also ...“, Krätz räusperte
sich.
„Vielleicht demonstrierst du es mal“, schlug Kinara vor.
Ihr Gefährte quiekte panisch auf, nahm dann aber
heldenhaft die Vorrichtung in die Hand und ... setzte
einen Teil davon auf Kinaras Brust – über ihren
Wappenrock. Er griff dann mit der anderen Hand einen
faustgroßen Blasebalg und fing an, den Balg rhythmisch
zu drücken.
Es vergingen einige Augenblicke, dann blickte er, während
seine Hand immer noch pumpte, zu Kinara auf.
Die schaute ihn perplex an. Er erwiderte ihren
Gesichtsausdruck mit: „So ein ähnliches von mir
konstruiertes Gerät habe ich mal bei einer Kuh ausprobiert,
aber du hast als Mensch einen anderen Körperbau,
jedenfalls da diese ... diese ... Milchdrüsen, und ich
fand keine freiwillige Versuchsperson für eine Kalibrierung.
Außerdem könnte ich dir die Funktion besser
zeigen, wenn du keinen Waffenrock trögest.“
Man muss es Krätz zuteilwerden lassen, dass er in
keiner Weise irgendwelche sexuellen Hintergedanken
hegte, noch Kinara in Verlegenheit bringen wollte. Es
beruhte auch auf Gegenseitigkeit. Krätz war weder
Mensch, noch Elf, noch Zwerg. Er gehörte der Spezies
des Rattenvolkes an – große Ratten in humanoider
Form[Fußnote 37] ...
„Ämm ... das ... das kannst du später machen, aber
nicht hier vor den ganzen Leuten. Ich gehe davon aus,
dass sie Muttermilch abpumpt und in die Flaschen
füllt? Du denkst wirklich mit Krätz. Hidron und ich
freuen uns sehr über dieses Geschenk. So kann er auch
unsere Kinder stillen ... während ich zum Beispiel
nachts weiterschlafe. Danke Krätz!“
Mit einem Grinsen im Gesicht schaute Kinara ihren
Mann an. Er hatte sich in der Zwischenzeit wieder an
seinen Platz gesetzt und schaute sie ahnungslos an.
Krätz erklärte dann noch ein wenig die Funktionsweise
der gesamten Apparatur.
Einer ihrer Verbündeten näherte sich ihrem Tisch.
„Meine
Freunde, meine Glückwünsche für euren
Bund!“ Dschelef stand mit einem in Atlasstoff verschnürten
kleinen Bündel vor dem Brautpaar. „Ich
möchte euch dieses kleine Geschenk überreichen.“ Er
legte das Bündel auf ihren Tisch und entfaltete es. Zum
Vorschein kam eine kleine verzierte Öllampe aus Messing.
Hidron strahlte: „So etwas kenne ich! Das ist ein
Soßenkännchen! Haben die Leute mit ordentlich Patte[Fußnote 38]
bei den Fressgelagen genutzt, da wo ich herkomme.“
Kinara blickte für zwei Sekunden in die Leere und
atmete tief durch. Dschelef schaute zwischen beiden
hin und her.
„Ja, mein Schatz.“, bekräftigte sie, „die aus meiner
Heimat waren dagegen aus Stein und die Soßen sehr oft
mit Honig verfeinert.“
„Ämmm ...“, warf Dschelef ein, „bitte nicht mit Soßen
befüllen diese Lampe! Es ist eine Dschinnlampe. Der
Dschinn, der dort drinnen wohnt ...“
„Ah, davon habe ich schon gehört, dann hat man drei
Wünsche oder so frei.“, unterbrach ihn Hidron.
„Nein, das nicht,“, setzte Dschelef fort, „aber er kann
für euch drei Botschaften an mich übermitteln, über
jegliche Entfernung, und auch die entsprechenden Antworten
meinerseits, sollte diese gewünscht sein.“
„Das ist wirklich ein sehr wunderbares Hadije[Fußnote 39] Dschelef“,
bedankten sich beide Empfänger gleichsam.
„Dschelef,“, brachte Kinara ergänzend vor und sah sich
verstohlen um. Sie setzte mit gedämpfter Stimme fort:
„Liegt es im Bereich des Möglichen, meine Familie mit
Hilfe des Dschinns zu kontaktieren?“
Dschelefs Miene zeigte Bedauern. „Oh, meine Tochter,
es tut mir leid, aber leider kannst du kein Wort damit an
deine Familie richten, denn der Dschinn und ich haben
ein Abkommen und er kann nur mich drei Mal kontaktieren,
bevor er von seiner Schuld erlöst wird.“
Kinara wirkte niedergeschlagen und Hidron legte seine
Hand auf ihre Schulter. Dschelef schaute sie beunruhigt
an. „Ich wollte euch beide nicht kränken mit dem
Geschenk, es tut mir leid, wenn ich es doch getan
habe.“ Er macht Anstalten sich tief zu verbeugen, aber
Kinara schritt mit ihren Worten dazwischen: „Nein,
nein, nicht, Dschelef, das Geschenk ist wunderbar. Es
eröffnet uns für unsere Kampagne Optionen des
Informationsflusses, welche dringend nötig werden
könnten. Ein sehr taktisches Geschenk. Und wir sind
beide sehr berührt über diese wertvolle Gabe. Und ich
bin es, welche sich für ihre Reaktion entschuldigen
sollte.“ Kinara machte auch Anstalten diese Abbitte
unterwürfig und wortwörtlich zu beknien. Dschelef
unterbrach sie, indem er ihr geschickt keinen Platz ließ:
„Meine Tochter, bitte, einigen wir uns darauf, dass es
ein Missverständnis war.“
Kinara nickte und war froh, dass sie nicht in einer
unendlichen Entschuldigungsverschachtelung den Rest
des Tages verbringen musste.
Als Dschelef wieder an seinem Tisch Platz nahm, stieß
Kinara Hidron in die Seite: „Du solltest unsere Gäste
nicht interpellieren.“
„Inter ... was?“ Hidron schaute sie fragend an, während
er immer noch die Dschinnlampe inspizierte.
„Das Wort abschneiden ... dazwischenquatschen ...
übers Maul fahren ... jemanden keinen Gedanken zu
Ende führen lassen ...“, Kinara klopfte ihm auf die
Schulter ... ‚Soßenkännchen‘, dachte sie und kicherte in
sich hinein.
Ein weiterer Schenkender näherte sich dem Ehepaar.
„Oh hallo, Boril!“, begrüßte Hidron ihren ehemaligen
Kutscher. Kinara reichte ihm die Hand.
„Euere wohlgeborene Kinara Falrik, euer wohlgeborener
Hidron Isindal. Ich spreche meine Glückwünsche
zur Vermählung aus und möchte dieses bescheidene
Geschenk überreichen.“
Kinara nahm es entgegen und öffnete es. Zum Vorschein
kamen zwei Tabakpfeifen und ein gefüllter
Tabakbeutel.
„Danke Boril! Die können wir gut auf unserer Reise
gebrauchen.“
Er nickte ihnen zu und begab sich wieder an seinem
Tisch.
„Du rauchst doch gar keine Pfeife“, warf Hidron ein.
„Pscht!“
Als Nächstes stellte sich Selinde vor das Hochzeitspaar.
Die Hochgeweihte hatte sich in der Zwischenzeit
umgekleidet und stand nun mit einem schlichten, tiefroten
Kleid, auf dem sich eine kleine goldene Stickerei
eines Löwen auf Herzhöhe zeigte, vor dem Brautpaar.
Sie hatte ihre Haare hochgesteckt und mit Hilfe einer
Nadel, in Form des Symboles der Göttin Rondra, festgehalten.
In ihren Händen hielt sie ein Buch, auf dessen
Einband Brevier der zwölfgöttlichen Unterweisung
stand.
„Alles Gute euch beiden, möge euch die Leuin auf ewig
den Weg weisen. Nehmt dies als mein Geschenk. Ich
habe vernommen, ihr seid sehr belesen und dachte mir,
ein wenig Götterkunde wird euch sicherlich gefallen.“
Kinara nahm das Buch an, und noch bevor sie sich
bedanken konnte, eröffnete Hidron das Wort: „Ich lese
eigentlich gar nicht.“
Kinara trat ihm leicht auf die Füße. „Danke euer Hochwürden.
Es stimmt, ich lese gerne und freue mich
dieses Exemplar lesen zu dürfen. Und ... ich lese
Hidron immer vor. Deswegen liest er so gut wie gar
nicht mehr.“
Selinde lächelte und verabschiedete sich.
Stallmeister
Thomas gesellte sich auch noch kurz zu
den beiden und schenkte ihnen zwei Satteldecken und
eine Striegelbürste.
Danach traten Walpurga und Dietrad an das Ehepaar
heran. Beide wurden flankiert von jeweils einer Burgmagd
und die Hände aller vier waren beladen mit diversen
Geschenken. Die frisch gebackenen Eltern beglückwünschten
Hidron und Kinara zu ihrem Bündnis. Walpurga
trug eine Kinderwiege, welche gefüllt war mit
Babykleidung.
„Arlan ist schon aus diesen Sachen rausgewachsen.
Meine Güte, ich hätte nie gedacht, dass das so schnell
geht! Ich habe auch ein paar Sachen für euer Kind neu
schneidern lassen..“
„KindER!“, warf Hidron ein.
Walpurga lachte: „Da ist aber jemand beharrlich, was
die Zukunft angeht.“
„Vielen Dank Walpurga, vielen Dank Dietrad. Die
Wiege ist sehr schön und Kleider auch.“, entgegnete
Kinara.
„Da sind zwei drin. Wir haben auch schon Nam... “,
erwähnte Hidron und tätschelte dabei Kinaras Bauch.
Sie schnitt ihm das Wort ab: „Es werden Zwillinge. Isra
sagte es uns.“
Ihre Freundin spitzte die Ohren, als sie ihren Namen
hörte.
„Das freut mich so für euch.“ Walpurga umarmte beide.
„... Oh nein, jetzt haben wir euch nur eine Wiege
geschenkt. Ich lasse direkt eine Zweite anfertigen.“,
fügte Walpurga bestürzt hinzu.
Kinara winkte ab: „Habt keine Sorge, mehr können wir
nicht annehmen. Außerdem glaube ich, dass mindestens
ein Kind eh immer wach sein wird.“
Selinde und Dietrad grinsten. „Wenn ihr Glück habt,
dann schlafen eure so wie unser Arlan – ohne Unterbrechung.
Aber hier schaut: Wir wissen, dass ihr bald
abreist, diesen kleinen Waschzuber mussten wir euch
unbedingt schenken. Ich hoffe, die Schnitzereien
gefallen euch.“
Hunderte diverse Tierarten in allen möglichen Szenen –
einige davon sehr makaber dargestellt. ‚Der Künstler
hatte sich wohl so sehr verausgabt, dass man ihn nach
Fertigstellung mit einer Zwangsjacke abholen musste‘,
dachte sich Kinara und wandte sich an die beiden
Schenkenden: „Er ist wirklich sehr ... schön. Vielen
Dank!“
Nun trat Dietrad mit einen schmalen Koffer an Kinara
heran: „Ich möchte der Braut noch ein Geschenk
machen. Allein schon als Dank für die ganzen Liedtexte,
welche sie mir vermacht hat.“
Er überreichte Kinara den Koffer. Sie inspizierte ihn
zunächst. Er war aus Birkenholz gefertigt und nicht
verziert. Sie öffnete ihn.
„Eine Laute, eine Laute, eine Laute, eine Laute!“,
Kinara hüpfte aufgeregt auf der Stelle auf und ab und
freute sich wie ein kleines Kind, welches man ein einzigartiges
Spielzeug in die Hand drückte.
„Schau mal Hidron ich habe eine Laute! Dea, Isra,
Krätz, schaut mal, ich habe eine Laute!“ ...
„Wusstet ihr eigentlich dass, das Wort Laute aus dem
tulamidischen abstammt? Dort nennt man sie Al’ûd,
was so viel heißt wie das Holz und daraus entwickelte
sich hier das Wort Laute.“, erklärte die immer noch
ganz euphorische Kinara.
„Wenn ihr wollt, kann ich euch gleich ein wenig unterrichten“,
warf Dietrad noch ein, als er und seine Frau
sich wieder zurückzogen.
Pling!
„Oh schau mal Dea, sie gibt sogar Töne von sich!“
„Muss daran liegen, dass es ein Musikinstrument ist
Kinara.“
Die Ritter des Bärenordens schenkten ihnen alle
gemeinsam ein Übungsschwert für ihren Nachwuchs
und einen verzierten Dolch.
Ein weiteres Übungsschwert für Kinder schenkte der
Donnerorden mitsamt zwei Waffenpflegesets, als
Gemeinschaft. So hatten beide Orden, passend und
ohne Absprache untereinander, Zwillingsschwerter
geschenkt.
Vereinzelte Ritter beider Orden schenkten noch zwölf
Zinnteller und Becher. Dazu passendes Zinnbesteck.
Zwei einfache Silberpokale, mit dem Wappen des
Bärenordens verziert. Eine Eisenpfanne. Ein Eisentopf
mit zwölf Maß[Fußnote 40]. Ein Bratspieß aus Eisen. Zwei Paar
Schneeschuhe. Drei Wolldecken. Zwei Paar Wollhandschuhe.
Eine Stoffpuppe. Zwei Eierbecher, dazu zwei
Hühner. Außerdem noch eine Obstschale.
Hidron und Kinara bedankten sich bei allen Schenkenden,
auch wenn sie nicht wirklich wussten wohin
mit den beiden Glucken.
Nachdem alle Geschenke verteilt wurden, stand der
Aufbau für das Bankett auch schon in den Startlöchern.
Es musste nur noch aufgetischt werden. Kinara tanzte
den Schleiertanz[Fußnote 41] Sich vor Ansprachen drücken. Aber
es half nichts, man hatte ihr gesagt, dass von dem
Brautpaar eine Ansprache erwartet wird. Kinara wusste
aber nicht so richtig, was sie sagen sollte aus dem Stegreif
und sie fand es doof, Geschriebenes abzulesen.
Alle Anwesenden befanden sich auf ihren Plätzen und
es wurde ruhig im Saal.
Kinara stellte sich hin und knurrte leise in sich hinein,
als sie bemerkte, dass sie im Stand ein Stück kleiner
war, als sitzend auf dem Stuhl. Hinter dem Blumengesteck,
welches ihr Gesichtsfeld ausfüllte, konnte sie
kaum eine Rede halten. Yolina, die Frau des Herzogs,
schaute Kinara etwas ruhelos an. Denn es war sie,
welche den Tisch samt Stühle ausgewählt hat. Anscheinend
hatte sie zwar dafür gesorgt, dass der Zweimetermann
Hidron bequem Platz nehmen konnte, ohne sich
seine Kniescheiben zu stoßen, aber an das Detail, dass
Kinara jetzt doch ziemlich verloren wirkte, hat Yolina
nicht gedacht. Hidron bemerkte, wie sich seine
Gemahlin mehrmals auf die Zehenspitze stellte – die
Hoffnung starb zuletzt.
Gerade in dem Moment als Kinara anfing, auf ihren
Stuhl zu klettern, fasste Hidron sie unter ihren Achseln
und setzte sie sich auf seine Schulter. Zufriedenes Grinsen
machte sich in seinem Gesicht breit, bei dem
Gedanken Kinara etwas Gutes getan zu haben. Sie
errötete und ließ davon ab sich zu wehren, um eine Verschlimmerung
der Situation zu vermeiden. Glücklicherweise
hatte Kinara sich dafür entschieden, unter dem
Wappenrock kein Kleid zu tragen, sondern eine Hose.
Fast jeder der Gäste runzelte seine Stirn. Anders als
erwartet fingen sie aber nicht an zu kichern, und ein
jeder hatte eine Miene aufgesetzt, welche ein Ich
schenke dir, meine volle Aufmerksamkeit verriet.
So viel Respekt war Kinara nicht gewohnt, hatte sie
sich schon darauf eingestellt mit Gickeln und Schmunzeln
bedacht zu werden. Hidron rührte sich kein Stück
und geriet bei Kinaras Federgewicht auch nicht ins
Wanken.
‚Bleib ruhig Kinara! Das sind nicht deine Feinde. Es
sind deine Freunde!‘ ... Und da war es wieder, das Wort
Freunde. Sie schaute in all ihre Gesichter. ‚Wer wird
den nächsten Winter am Hafen der Vergangenheit
stehen?‘
Es war zu viel für sie. Trotzdem fing sie an zu sprechen:
„Þakka vinum þínum ...“, und verfiel damit in
ihre Muttersprache.
Die Gäste schauten sie mit einer Mischung aus Verwirrtheit
und Verständnis an. Als sie es bemerkte,
erschrak sie: „ ... Ich ... ich ... ich möchte euch allen
danken. ... Danke! ...“
Mehr bekam sie nicht raus. Hidron merkte, wie sein
Haupt nass wurde. Kinara presste ihr Gesicht gegen
seinen Kopf[Fußnote 42].
Die nächsten paar Sekunden herrschte unangenehme
Stille im Saal, welche nur durch ein paar zerstreute
Räusperer unterbrochen wurde. Hidron setzte sich mit
Kinara auf den Schultern wieder hin. Sie klammerte
sich noch immer an ihn fest. Die Gäste merkten unterdessen,
dass die Rede, wenn auch eine Kurze, beendet
war, und stampften und johlten Kinara zu.
Sie blickte wieder auf und schaute sich die Leute durch
einen Tränenschleier an – und ein Lächeln zeigte sich
in ihrem Gesicht. Hidron nahm sie wieder von seinen
Schultern und begann selbst mit einer Rede.
Er erzählte, wie er Kinara kennengelernt hat. Was er für
sie empfand. Und er dankte auch allen, dass sie so zahlreich
erschienen waren™. Kinara wirkte erleichtert,
dass er durchaus eine gute Rede halten konnte.
Dann war es an der Zeit, dass die Gesellschaft endlich
was zwischen die Zähne bekam.
Kinara
schaute Hidron voller Argwohn an, als das Bankett,
welches obendrein mit einem Buffet glänzte, aufgebaut
wurde.[Fußnote 43] Des Weiteren wurden Weinkaraffen,
Flaschen mit „teuren Etiketten“, exotische Früchte,
welche wahrlich nicht in dieser Klimazone gediehen,
aufgetischt. Das Porzellan und Silber waren die Kirsche
auf der Torte dieser dukatenschmälernden Dekadenz.
Nun nicht wirklich dekadent, aber dennoch schluckte
sie, da sie ihrem Hidron die finanzielle Handhabe und
Logistik über die Festivität überlassen hatte.
‚Ich hätte Dea und Isra darum bitten sollen‘, seufzte sie
in sich hinein – es war eher ein Jammern.
Aber wie sollte sie ihn kritisieren, wo sie doch selber
fast einhundert Dukaten für die Waffenröcke ausgegeben
hat? Nur an Material! Das Anfertigen jener war
ihre Eigenarbeit.
‚Dessen ungeachtet ist so ein Kleidungsstück für die
Ewigkeit! Eine Flasche Wein, importiert aus einem
zweitausend Meilen entfernten Land hingegen ...‘, sie
wollte diese Gedankengänge lieber nicht weiterführen,
dann die Verzauberung des Schwertes ... ‘
Ihre Hand wanderte automatisch in ihr Haar um an
einen der beiden Zöpfe, welche aus einem Chignon[Fußnote 44]
entsprangen, zu ziehen – sie griff ins Leere. ‚Ach ja,
...‘, erinnerte sie sich. Stattdessen strich sie ihren
Waffenrock glatt. Hidron lächelte sie mal wieder an.
Sie lächelte zurück.
Als der Herzog sich erhob, wurde es abermals still im
Saal. Waldemar der Bär gab seinem Spitznamen alle
Ehre, denn der turmhohe Mann war sogar um einen
Finger[Fußnote 45] größer als Hidron. Er und Yolina sprachen ihre
Glückwünsche während des Einstimmungstanzes aus.
So blieb der Bär an seinem Platze und hielt eine
geräuschvolle Ansprache, in der auch schon ein wenig
der Met mitschwang.
„ ... Als ich die Beiden, ach, die Fünf zum ersten Mal
sah – es war ein kalter Tag und Firun hatte das Land
schon fest in seinem Griff – konnte ich meinen Augen
kaum trauen. Eine Gruppe Menschen, wie sie verschiedener
nicht sein könnten. Aus einem fernen Land ...
Ohne zu zögern, nahmen sie sich meines Hilfegesuchs
an und erledigten in den darauffolgenden Wochen die
Schrecken, welche unser Land heimsuchten, unter Einsatz
ihres Lebens ... Und damit noch nicht genug – böse
Mächte hatten sich im Nachtschattenturm bei Baliho
gezeigt. Auch hier zögerten sie nicht, ihre Hilfe anzubieten,
und waren dort auch erfolgreich[Fußnote 46]. Wegen ihrer
Leistungen nahm ich sie in den Bärenorden auf. ...
Genau solche Leute braucht das Land und genau solche
Leute sind das Land! ... Auch wenn ihr die fernen
Länder eurer Heimat nennt, so ist Weiden auch eure
Heimat! Es ist mir und meiner Frau eine Ehre, euch zu
unterstützen und deswegen sauft, speist und tanzt nach
Herzenslust, denn dieses Fest ist unser Geschenk an das
Hochzeitspaar!“
Kinara atmete bei diesen Worten erleichtert auf. Waldemar
setzte seine Rede, nachdem sein Magen sich ein
wenig seiner Luft entledigte, fort:
„... Ich muss außerdem sagen ...“,
Yolinas Hand wanderte unbemerkt unter den Tisch,
„ ... Hidron! Du bist ein ganz schön strammer Bursche
und du kannst dich glücklich schätzen, eine so tolles,
ehrliches, intelligentes, loyales, treues und gutaussehendes[Fußnote 47] Weib an deiner Seite zu haben. Und du Kinara,
hast dir einen wirklich starken und zielstrebigen Burschen
geangelt. Euer Größenunterschied ist ja, wenn
man sich dran gewöhnt hat, kaum wahrnehmbar!“
Deaszeah verschluckte sich ob dieser Aussage fast an
einer Weinbeere.
„Und solange es im Be...“,
Waldemar zuckte zusammen, als er Yolinas Ferse und
zwickende Finger an seinen Beinen spürte,
„... im Kampf, ... im Kampf auch klappt, ist alles
wunderbar. ... Und nun feiert alle schön!“
Nachdem der darauffolgende Applaus verklungen war,
machten sich die Diener und Mägde daran aufzutischen.
Zentrale Zutaten der Küche waren klar ersichtlich
Rindfleisch, Kohl in beinahe allen Varietäten und
Zubereitungsarten, Kartoffeln, Wurzelgemüse, Neunauge
und Käse.
Das Mahl bestand aus drei Gängen, wobei die Zwischengänge
(und Nachspeisen) als Büffet zur Verfügung
standen.
Den ersten Gang bildete ein Tatar vom Rinderfilet mit
Meerrettich, Kapern und Sauerteigbrot. Im zweiten
Gang servierte man gebratene Rindswurst auf Kartoffelpüree,
Welschkraut[Fußnote 48], Preiselbeeren, gebackenen
Zwiebeln und Majoransauce. Der dritte und letzte Gang
strahlte mit einem Birnen-Mandelstrudel mit Weinbrandschaumcreme,
Schokoladenmousse und Birnenragout.
Deaszeah tauschte ihre Mousse mit Kinaras Sabayon.
Das Büffet wartete mit anderen Häppchen auf, wie zum
Beispiel: Weißem Käse auf Olivenbrot mit Schnittlauch,
Tralloper Krachwurst mit Gewürzgurken,
geräucherten Neunauge mit einer Preiselbeervinaigrette,
Neunaugenpasteten, geräuchertes Roastbeef mit
Traubenchutney, Zwiebel-Lauch Quiches mit Kräutercreme,
marinierten Fenchel, Gulaschsuppe von der
Rinderbrust mit Paprika und saurer Sahne, und noch
einigem mehr.
Der Gedanke an die Kosten der Küche, obwohl der
Herzog diese eh übernahm, war bei Kinara schnell verflogen,
als sie sich nach dem ersten Gang zusammen
mit Krätz über das Büffet hermachte.
Es war wie ein Wettkampf zwischen den beiden, wer
den höchsten Berg Essen auf seinen Teller in kürzester
Zeit bauen kann.
„Du hättest für uns aber nichts mitbringen brauchen
Kinara,“ erwähnte Deaszeah als Kinara wieder zum
Tisch zurückkehrte mit ihrem Essensberg.
„Was denn? Ich muss immerhin für drei Leute essen!“
Kinara schirmte dann ihren Teller mit beiden Armen ab
und grunzte ihre Freundinnen kurz an.
Nachdem sich die meisten pappsatt gegessen hatten,
fingen die Spielleute wieder an ihre Lieder anzustimmen.
Hidron und Kinara mischten sich unter das sitzende
Volk, um ein wenig zu konversieren.
Kinara hopste freudestrahlend mit ihrer geschenkten
Laute in Richtung Dietrad und Walpurga. Letztere war
gerade damit beschäftigt Arlan zu stillen. Sie unterhielten
sich über alle möglichen Dinge, auch zum Beispiel
über das Elternsein und mit Dietrad unterhielt sich
Kinara über Musik im Allgemeinen. Sie ließ sich von
ihm ein wenig zum Lautenspiel anleiten. Mitten in
dieser Lehrstunde überlegte sie kurz und brach dann
heraus: „Wie ist das mit der Anordnung der Töne im
Griffbrett – wie gehe ich am besten mit der Stimmung
nach reinen Quarten und den in der pythagoreischen
Stimmung angebrachten Bünden um? An einigen Stellen
ergeben sich doch dann entsprechend unreine Oktaven.
Wenn ich zum Beispiel die Laute in groß a, klein
d, klein g und h, eingestrichen e und a stimme, so
müsste ich doch die Oktaven eingestrichen dis mit es
und eingestrichen gis mit as um ein pythagoreisches
Komma verstimmen? Aber, und das habe ich mich
gerade gefragt, dann könnte man doch eine gleichmäßige
zwölfstufige Temperatur anstreben. Dann verschwände
das problematische Komma und alle Intervalle
wären Vielfache des Halbtons von der Größe der
Zwölfteloktave. So hätten wir eine Halbton-Näherung
von achtzehn zu siebzehn. Oder als Proportionen in
Potenzen wäre das die zwölfte Wurzel aus zwei.[Fußnote 49]“
Dietrad schaute Kinara ein paar Sekunden lang
regungslos an und antwortete mit: „... Ja.“
Seine Frau kicherte. Dschelef der in unmittelbarer Nähe
saß und dem Gespräch ein wenig Beachtung schenkte,
nickte und dachte sich: ‚Da hat sie natürlich auf
mathematischem Wege recht. Ist sie wirklich keine
Magierin? Eine sehr sonderbare Frau!‘
„Kinara“, fing Dietrad an, „ihr solltet euch weniger auf
... wissenschaftliche Theorien um das Lautenspiel
bemühen, als um die Praxis es zu üben. Ich bin mir
sicher, dass, wenn wir uns in einigen Monaten wiedersehen
werden, ich mir ein paar Lieder von euch
anhören darf. Und wenn ihr mit der Laute genausogut
umgehen könnt, wie mit dem Schwert, dann werden es
wohl wirklich wunderbare Lieder.“
Kinara errötete leicht. „Ich werde es mir zu Herzen
nehmen. Danke für eure motivierenden Worte!“ Sie
legte die Laute hin und hielt noch ein paar Minuten
Arlan in ihren Armen. „Wenn wir von unserer Reise
zurück sind, könnten unsere Kinder gemeinsam spielen.“
Die beiden Eltern lächelten sie an.
Hidron unterhielt sich mit Stallmeister Thomas während
Kinara in ihr Gespräch mit Dietrad und Yolina
vertieft war. „... und dann habe ich sie an den Haaren
gepackt und von hinten genommen. Sie ist ein richtiges
Luder“, brachte Hidron hervor.
Stallmeister Thomas nickte. „Meistens sind es die höflichsten
Weiber, die am schmutzigsten im Bett sind.“
„Genau, und als sie dann auf mir ...“
Isra bekam das Gespräch aus fast zwanzig Schritt Entfernung
gut mit, und wollte erst einen Apfel nach
Hidrons Kopf werfen, entschied sich dann aber für
etwas anderes und bat Deaszeah um Unterstützung. ...
„Kann ich machen“, teilte sie Isra mit.
Die Kryptikerin fing an, ihre Dämpfung stroboskopisch
einzusetzen, so dass Hidrons drittes Bein mal stand,
mal hing.
Es klopfte rhythmisch unter Hidrons und des Stallmeisters
gemeinsamem Tisch.
„Was war das?“, fragte der Stallmeister.
„Ich glaube mein Schwanz.“
„Ihr könnt mit eurem Schwanz klopfen?“
„Sieht ganz so aus.“
Hidron drehte seinen Kopf zu der Verursacherin hin
und sah die beiden Frauen mit vorgehaltenen Händen
kichern.
Krätz gesellte sich zu seinem aktuellen Liebling, dem
Buffet, welches natürlich noch nicht abgebaut war.
Abwechselnd wanderte das Essen entweder in seinen
Mund, auf seinen Teller oder, wenn es um die exotischen
Speisen und Zutaten ging, in eine seiner Probenfläschchen.
Ein zwei bis drei Jahre älteres Mädchen, beobachtete
ihn dabei und stupste ihn schließlich an. „Was machst
du denn da?“
„Wer? Ich? Sammel Dinge, die ich vielleicht später
noch gebrauchen kann.“
„Falls du später nochmal Hunger bekommst auf deinem
Zimmer?“
„Kann sein. Was willst du von mir?“
„Ich ...“, das Mädchen wirkte etwas konsterniert, fasste
sich dann aber schnell wieder. „Ich dachte mir, wir
nehmen uns ein paar Weintrauben und gehen etwas an
die frische Luft ... zusammen?“
Das Praioswunder machte Krätz zwar nicht hübscher, ...
eher doch, denn wenn man die Rassenänderung mit einbezieht,
sieht er nun mal aus wie ein ganz normaler
durchschnittlicher junger Mann. Aber, es änderte natürlich
nicht seine Umgangsformen.
„Ich finde die Luft hier drin gar nicht so schlecht.
Draußen ist es zu kalt. Und wenn es kalt ist, zieht sich
mein Schwanz immer zusammen. Das mag ich nicht
so.[Fußnote 50]“
Es dauerte nur einen Bruchteil einer Sekunde, bis Krätz
dann der Gedanke ‚Arrrgs‘ ihm in den Sinn kam.
„Bitte was?“, fragte das Mädchen verdutzt.
„Das ist nur eine Redensart aus meiner Heimat. Dort
tragen die Leute ihre Haare lang und binden sie zu
Zöpfen und wenn es kalt ist, dann tragen sie diese eher
offen ...“, Krätze hoffte, dass das Mädchen die Ausrede
mit dem Schwanz schlucken würde.
„Ach so ist das! Willst du mir nicht mehr von deiner
Heimat erzählen? Ich bin mein ganzes Leben nur in
Weiden gewesen. Mein Name ist übrigens Torbenia.“
Sie reichte ihm die Hand. Krätz stellte eines seiner Probenfläschen
beiseite. „Krätz.“
Sie ließ ihn nicht los und zog ihn Richtung Ausgang.
„Komm mit Krätz, mein Mantel ist auch groß genug für
uns beide!“
Krätz schaute hilfesuchend nach Hidron. Der aber war
in einem Gespräch mit Stallmeister Thomas versunken.
Torbenia zog ihn an Deaszeah und Isra vorbei. Auch
diese achteten nicht auf seinen hilfesuchenden Blick
und kicherten gerade nur. Aus der Ferne konnte er noch
ein paar Lautenklänge von Kinaras musikalischen
Übungsversuchen hören.
So war der Saal nun um zwei Personen ärmer.
Dietrad ließ es sich auch nicht nehmen seine musikalischen
Künste zur Schau zu stellen. So sang er ein
selbstverfasstes Lied in Skald[Fußnote 51] und eines in Shoanti[Fußnote 52].
Beide natürlich mit für das Brautpaar deutlich hörbarem
Akzent.
Kinara war erstaunt, dass er trotz der wenigen Unterrichtsstunden,
welche sie in den letzten Wochen für die
Allgemeinheit gab, so schnell die Grundzüge beider
Sprachen verinnerlicht hatte.
Es wurde immer später. Die Spielleute pausierten und
Dschelef betrat die Tanzfläche. Er wies unter mehrmaligem
Verbeugen das tanzende Volk an, ihm ein wenig
Platz zu gewähren, und nahm dann eine Kanne voll
Wasser und goss den Inhalt auf die Tanzfläche. Danach
platzierte er eine Schüssel auf einem der Tische. Darin
lagen Dutzende Sprossen Rosenkohl.
Alle sahen der kuriosen Vorbereitung gebannt zu.
„Luebat Alma‘ Alhaqiqa[Fußnote 53] – das Spiel um die Wahrheit
und den scharfen Mund“, er fuchtelt ausgiebig mit
seinen Armen, um den Worten etwas Bedeutung zu
geben, stellte sich vor und begrüßte das Publikum mit
einer ausgiebigen Tirade. Dann fing er an, das Spiel zu
erklären.
„Ich habe den Rosenkohl mit alanfanischem Pfeffer[Fußnote 54]
würzen lassen. Wisset, dass dieser Pfeffer euch Feuer
spucken lassen wird“, er überlegte und ergänzte, da
man bei diesem abergläubischen Volk nicht sicher sein
konnte, ob sie diese Aussage wortwörtlich nehmen,
„damit ist gemeint, dass er so scharf ist, dass es sich
anfühlt, als ob euer Mund brennen würde.“
Meri, welche an einem Nebeneingang des Saales stand
und alles beobachtete, grinste in sich hinein.
„Die Spieler können von euch gestellte Fragen beantworten
und über das Wasser laufen“, er deutet auf die
Wasserlache.
„Wenn sie die Wahrheit sagen, bekommen sie nur eine
nasse Schuhsohle. Jedoch, wenn der Spieler schwindelt,
wird seine Hose nass. Es dürfen nur Fragen gestellt
werden, welche dem Spieler keinen Schaden zufügen
oder gar ihn in seiner Ehre verletzen. Der Fragesteller
muss von dieser Speise einen Brocken verzehren, nachdem
er seine Frage gestellt hat, und er darf keinen
Schluck trinken, solange der Spieler sich nicht hingesetzt
hat. Sollte der Spieler die Frage nicht beantworten
wollen, so muss auch dieser davon speisen. Ich bitte
nun den Earis[Fußnote 55] den ersten Schritt als Spieler zu wagen.“
Er winkte Hidron zu sich heran und verbeugte sich tief.
„Wer möchte die Frage stellen?“, frage Dschelef in den
Saal hinein.
Deaszeah sprang auf, „Ich!“, und nahm eine Sprosse in
die Hand, „Hidron, isst du gerne, was Kinara kocht?“,
steckte sie sich dann in den Mund und schluckte sie
herunter.
Hidron überlegte einen Moment und sagte dann:
„Nein.“
Sein Blick schnellte direkt auf Kinara, welche ihn
pikiert ansah. Die Anwesenden fingen an zu lachen. Als
er dann über die Wasserlache ging, sank er weder ein,
noch spritze Wasser hoch.
Dschelef verbeugte sich. „Danke für deine Teilnahme.
Du bist entlassen, Hidron.“
Isra gab Kinara, welche mit einen Schmollmund da saß,
einen Klaps auf den Rücken. Deaszeah keuchte ob der
Schärfe in ihrem Mund und fächelte sich Luft zu. Als
sich Hidron hinsetzte, griff sie nach einen Becher Milch
und trank ihn in einem Zug aus.
„Die Zawja[Fußnote 56] möge nun bitte uns die Ehre erweisen, als
Spieler im Luebat Alma‘ Alhaqiqa teilzunehmen.“
Kinara schüttelte emsig und verlegen den Kopf. Deaszeah
gab ihr einen leichten Schubs und stieß sie damit
vom Stuhl. Mit ermahnenden Blick, welcher für Deaszeah
eher dem eines trotzigen Kindes geähnelt hat,
schaute die Ulfe[Fußnote 57] ihre Freundin an und steuerte dann
auf Dschelef und die Wasserlache zu.
Kinaras Herz raste. Sie mochte es nicht im Mittelpunkt
zu stehen. Was sich natürlich auf der eigenen Hochzeit
nicht vermeiden ließ. Ihre kurze Rede vor etwa drei
Stunden brachte sie bereits an ihre Grenzen. Doch
mutig stellte sie sich der Herausforderung, als ob
jemand sie zu einem Zweikampf herausgefordert hätte.
Hidron stand wieder auf und griff sich eine Sprosse des
scharfen Rosenkohls. Kinara wirkte erleichtert. Ihr
Schatz würde ihr bestimmt keine unangenehme Frage
stellen, so dass sie sich nicht in irgendeinerweise genieren
müsste.
Und so ergriff denn Hidron das Wort und fragte: „Kinara,
hast du Schmerzen, wenn ich dich ficke?“
Es war Stallmeister Thomas, welcher ihm die Worte,
mehr oder weniger, in den Mund gelegt hat. Man muss
Hidron zugutehalten, dass er einiges in seiner Vergangenheit
gelernt hatte, aber Etikette nicht dazugehörte.
Seine leibliche Mutter war eine Priesterin der
Calistria und Tochter von Zceryll die Sternenbrut. Sie
hatte ihn verstoßen, da ein Kind ihr nur hinderlich
gewesen wäre. Seinen Vater hatte er nie zu Gesicht
bekommen. Im Geheimen erzählte man sich, dass
Hidron seine sonderbaren Kräfte von seiner Großmutter
mütterlicherseits geerbt haben könnte, welche mit den
befremdlichen Mächten von Xoriat kommuniziert hatte.
Und wie sollte Hidron als fremdes Kind in einer Pflegefamilie,
welche ihn mehr verschmähte als liebte, als
halbes Straßenkind und als Gladiator in der Arena von
Rätselhafen, so etwas wie gesittete und gesellschaftliche
Umgangsformen gelernt haben?
Kinara wusste all dies, doch sie starrte mit leeren Blicken
auf eine der brennenden Honigkerzen. Für einen
Moment lang wanderten ihre Gedanken an einen schönen
Ort. ‚Oben im Gebirge war es recht idyllisch. Eine
leichte Prise wehte einem ins Gesicht. Ein klarer
dunkelblauer Himmel, und vor einem erstreckte sie die
Landschaft, welche wie gemalt unter dem Sternenzelt
lag.‘
Dann landeten ihre Gedanken mit einer Bruchlandung
wieder im Festsaal der Bärenburg. Sie schaute sich um
und sah, wie die meisten Gäste ihre Hände vor ihren
Mündern hielten um ihre Lachanfälle abzuschirmen.
Sie hatte jetzt die Wahl: Entweder stellte sie sich der
Frage mit einem einfachen Ja oder sie aß eines dieser
Kohldinger. So oder so wäre es egal.
‚Wobei ...‘, ein Einfall kam ihr: ‚Ich könnte doch einfach
übers Wasser laufen und keiner würde es merken.
... Dann könnte ich mit einem Nein antworten. Jedoch
... dann denken die Leute noch, dass ich rumgehurt
haben könnte vorher. Auch nicht gut.‘
Es war in Endeffekt egal, wie ihre Antwort ausfiel,
denn der peinliche Kern lag sowieso schon in der
Fragestellung.
„Ja“, sagte sie, schritt über die Wasserlache und sank
nicht ein. Röter als ihr Gesicht davor schon war, konnte
es jetzt auch nicht mehr werden. Sie atmete tief durch
und sah Hidron an. Der aber schenkte ihr gerade keine
Beachtung – er kam gerade so richtig in Fahrt. Denn
noch bevor Dschelef etwas sagen konnte, nahm er sich
schon eine zweite Sprosse, „Brennt es beim Küssen
Kinara?“, und aß sie auf.
Seine Frau blickte ihn verwirrt an. So auch die
Zuschauer und einer warf die Frage, „Warum sollte es
denn beim Küssen brennen?“, ein.
Hidron beantwortete die Frage: „Also wenn ich etwas
Scharfes esse und sie dann unten küsse – sie steht
drauf, wisst ihr – ob es dann bei ihr brennt.“
‚Eine wirklich tolle Gebirgslandschaft ...‘, Kinara versuchte
verzweifelt, diesem Eskapismus zu umarmen. Es
klappte nicht. Das Gelächter konnte wohl der weltbeste
Gaukler nicht herauslocken, welches gerade in dem
Saal vorherrschte. Dschelef schaute auf den Boden und
räusperte sich.
„Ja, tut es“, gab Kinara als Antwort und schritt, ohne
unterzugehen, über die Pfütze. Und ohne sich umzuschauen,
steuerte sie auf ihren Tisch zu und stellte sich
vor ihren Stuhl um sich hinter dem Blumengesteck zu
verstecken.
Deaszeah und Isra tätschelten ihr den Rücken und versuchten
unter großer Anstrengung eine ernste Miene zu
bewahren.
Dschelef verzog ein wenig verlegen sein Gesicht und
legte sich vor seinem geistigen Auge schonmal ein ausgiebiges
Entschuldigungsschreiben für Kinara zurecht.
Wie hätte er auch ahnen können, dass in diesem Land
etwas ungehobelte Sitten vorherrschen.
Die Bundzeugin der Braut sollte als nächste Spielerin
antreten. Isra zierte sich nicht, zumindest erkannte man
an ihr keine Zimperlichkeiten. Ganz locker und selbstbewusst
trat sie vor. Dschelef begrüßte und stellte sie
dem Publikum vor – ja, jeder wusste, wer Isra war, nur
ließ es sich der Tulamide mal wieder nicht nehmen,
eine wortreiche Rede zum Besten geben.
Isra schaute sich ein wenig um und beinahe hätte sie
gezuckt, als sie Fedosja, die neben Meri stand, zum
ersten Mal hier wahrnahm. Die Rahjageweihte zählte
zwar nicht zu den Geladenen, aber half Meri bei der
Ausrichtung der Festivität.
Fast jeder im Saal kannte Fedosja, die Männer, ebenso
wie die Frauen, und die Unverheirateten mehr noch als
die Verheirateten.
Fedosja steuerte mit einem sehr faunischen[Fußnote 58] Gang auf
die Rosenkohlschale zu. Man ließ ihr den Vortritt, eine
Frage an Isra zu richten. Einer der Männer, welcher
sich schon auf halben Wege zur Schale befand, drehte
sich schnurstracks wieder um, als er Fedosja erblickte.
Einige andere Männer schauten verlegen die Kronleuchter
an, als sie die Blicke ihrer Ehefrauen auf sich
spürten.
Fedosja nahm eine Sprosse und führte sie zu ihrem
Mund.
„Isra“, sie beleckte kurz das Stück Gemüse, so als
wolle sie zunächst die Schärfe prüfen, während ihr
Blick auf Isra haften blieb, „hast du im Haus der Sinnen
und der Freude neulich jemanden kennengelernt mit
dem du gerne das Bett teilen würdest?“
‚Meine Güte‘, dachte sich Isra, ‚kann denn hier wirklich
jeder nur an das Eine denken?‘.
Es dauerte einen Moment, bis Isra das Ausmaß dieser
delikaten Frage verstand. Ihr Liebes- und Sexualleben
sollte niemanden etwas angehen. Selbst Kinara vertraute
sie sich in dieser Hinsicht nicht an. ‚Warum
eigentlich nicht?‘ Und sowieso würde ihre Willenskraft
zu einer Lüge wohl ausreichen, damit dieses Wasser
diese nicht entlarven könnte. Sie entschied sich aber,
den Spaß mitzumachen, und warf diplomatisch ein:
„Welche unverheiratete Person würde das nicht wollen?
Natürlich würde ich das Bett mit jemanden aus diesem
Hause teilen wollen.“
Einer der Männer im Saal pflichtete ihr lautstark bei,
was ihm von seiner Ehefrau einen Schlag in den
Nacken und daraufhin schallendes Gelächter der Gäste
einbrachte.
Fedosja wirkte ein wenig enttäuscht, hatte sie doch
gehofft Isra würde sich offenkundig zieren, eine Antwort
zu geben oder zumindest eine Lüge wagen – sie in
nasser Kleidung zu sehen, hätte auch etwas. Und so
musste sie frustriert mit ansehen, wie die Spielerin die
Wasserlache problemlos überquerte.
Im Anschluss erkundeten Isras Blicke mehrfach den
Saal, ob nicht vielleicht dieser Ulman hier anwesend
gewesen war. Hätte ja sein können ...
Auch der Bundzeuge des Bräutigams sollte nicht verschont
bleiben und so musste auch Krätz sich diesem
Spiel stellen. Keiner der Anwesenden hatte das Verlangen,
bei Krätz jungem Erscheinungsbild eine Frage
zu stellen, welche die gleiche Thematik wie die vorherigen
Fragen aufwies.
Kinara griff sich eine Sprosse, kaute auf ihr herum (was
sie eigentlich nicht hätte tun sollen) und schluckte sie
herunter. Noch bevor sie das erste Wort ihrer Frage aussprechen
konnte, spürte sie die widerliche Schärfe in
ihrem Mund, welche sich von einem kleinen Lagerfeuer
zu einem Waldbrand explosionsartig entwickelte. Sie
sprang und hüpfte im Saal umher auf der Suche nach
etwas Nicht-alkoholischem. Doch glücklicherweise, so
schnell das Brennen in Erscheinung trat, so schnell war
es auch wieder vorüber und Kinara konnte nun,
schweißgebadet, ihre Frage stellen. „Krätz hast du eines
meiner Tagebücher gelesen?“
Ihr Gefährte quiekte auf, hielt sich dann aber schnell
den Mund zu.
„Natürlich nicht Kinara! Wieso sollte ich so etwas tun?
Das ist dein Privatbereich. Da sollte ich nicht rumschnüffeln
... Niemals!“
Der Saal brach in Gelächter aus, als Krätz bis zu seinen
Schultern in die Wasserlache plumpste. Auch Kinara
lachte. Ihr Lachen hielt jedoch nur so lange an, bis sie
sich daran erinnerte, dass sie einige Intimitäten über
sich und Hidron in ihren Tagebüchern niedergeschrieben
hatte.
Deaszeah meldete sich anschließend freiwillig für das
Spiel. Sie konnte wohl kaum als Einzige der Gefährten
sich aus dieser Alberei herausnehmen, dachte sie sich.
So stand sie vor der Wasserlache, in Erwartung wieder
eine anstößige Frage zu hören, aber es kam anders.
Krätz, der mittlerweile wie von Zauberhand (in der Tat
war es von Zauberhand) wieder trocken war, stellte ihr
eine Frage: „Warum hast du so viele Tattoos?“
„Sie gefallen mir einfach.“
Für einen kurzen Moment dachte sie nach, ob sie ihr
Katzenbildnis nicht zum Leben erwecken sollte zur allgemeinen
Erheiterung, entschied sich dann aber anders.
Das Spiel verlief dann noch mit gut ein Dutzend Spielern
weiter und endete damit, das Dschelef sich mit
langen Sätzen, wie es bei den Tulamiden so üblich war,
für ihre Teilnahme bedankte.
Hidron
und Kinara wussten, dass es nun an der Zeit war
sich ein paar Übungsgefechten zu stellen. Und so ließen
die Frischvermählten sich von den begeisterten Gästen
– hauptsächlich den jüngeren – dazu auffordern, ein
solches zu zeigen, das sich allerdings wiederum ernsthafter
darstellte, als man das vielleicht von den Schaukämpfern
auf dem Gaukelplatz kannte. Ganz den
Lehren der Göttin Rondra und des Gottes Kor gefällig,
nahmen Kinara und Hidron das Gefecht sehr ernst und
überließen den Anderen keinen Fußbreit Boden ohne
Kampf. So schwirrten die scharfen oder wuchtigen
Waffen immer wieder haarscharf an dem Gegner
vorbei, ohne ihn zu verletzen. Ein Schauspiel, das bei
den Zuschauern ehrfürchtiges Schweigen hervorrief.
Oft parierte Kinara die schweren Wuchtangriffe
Hidrons und musste dabei Eideskal[Fußnote 59] so greifen, dass sie
mit einer Hand den Griff hielt und mit der anderen das
stumpfe Ende der Klinge direkt hinter der Parierstange.
Bei solchen Angriffen hätte Hidrons Tetsubo mit Leichtigkeit
einen Findling zertrümmert, doch Kinaras Waffe
hielt stand und summte bei jeder Parade. Teilweise
wurde Kinara durch die Wucht von seinen Angriffen
nach hinten gedrückt, so dass ihr Schuhwerk über den
Boden schabte. Jemand mit scharfen Augen hätte sehen
können, wie sich die dadurch entstandenen leichten
Scharten in ihrem Schwert kurz nach den Paraden
wieder selber schlossen. Und jemand mit einem noch
schärferen Auge, hätte bemerkt, dass Hidron zwar das
Übungsgefecht als Unterhaltung für die Zuschauer ernst
nahm, aber einige mögliche Treffer dann absichtlich
verfehlte. Kinara blickte ihn dabei mehrmals grimmig
an, so als wolle sie ihm sagen, er solle mit voller Ernsthaftigkeit
kämpfen – Hidron blieb jedoch stur. Er
konnte als ehemaliger Gladiator gut Schaukämpfe zum
Besten geben, wo es manchmal ratsam, ja ihm sogar im
Vorfeld befohlen wurde, seine Gegner nicht ernsthaft zu
verletzen.
Nach ihrem Brautpaarübungsgefecht waren sie gerne
auch bereit, mit anderen die Klingen zu kreuzen.
Kinara bewegte dabei ihr Großschwert in Mustern,
welche es ihren Kampfpartnern fast unmöglich machten
sich ihr zu nähern. Jeder Schritt, egal in welche Richtung,
könnte der falsche sein, sollte dieser zu unbedacht
ausgeführt werden. Sie nannte diese Technik Der wachsame
Wächter – Einige ihrer Trainingspartner aus dem
Bären- und Donnerorden kannten diese Technik aus
Trainingskämpfen mit ihr. Und wenn Kinara sich
fokussieren sollte, würden selbst Gegner in einer Entfernung
von fünf Schritt zu ihr, ihre Schwierigkeiten
haben sich mehr als schleichend zu bewegen damit
Kinara keine Verteidigungslücke entdecken konnte.
Hidron hingegen zeigte gerne sein Talent, anderen den
Boden mit seiner Keule – wir reden hier selbstverständlich
von seinem Tetsubo! – unter den Füßen wegzureißen.
Mit Bedacht setzte er hin und wieder seine psionischen
Kräfte ein, ohne dass es jemand für Zauberei
hielt. Dschelef schaute dabei sehr interessiert zu. Hatte
er doch als Magier ein Auge für Übernatürliches. So
konnte sich zum Beispiel Hidron wesentlich schneller
bewegen als all seine Partner.
Für Kinara waren diese Übungsgefechte aber auch eine
Zwickmühle, denn niemand wollte gegen die Schwangere
mit einer für einen richtigen Kampf geeignete
Waffe antreten. Und ebenso bat sie jeder inständig ihre
eigene Waffe Eideskal zu benutzen, obwohl ihre
Gegner die erwähnten Übungswaffen benutzten.
Nicht so Selinde. Als Hochgeweihte der Rondra nahm
sie die Ehre der Wächterin[Fußnote 60] ernst und zog blank mit
einem Rondrakamm[Fußnote 61], als beide anfingen, sich ihrem
dem Zweikampf zu stellen. An den ernsten Mienen
beider konnte keiner der Zuschauer ausmachen, dass es
eben kein Kampf auf Leben und Tod war.
Schwester Linai stöhnte hörbar auf und bedeckte ihre
Augen, als die beiden Gefechtspartner anfingen, sich zu
umkreisen. Ein geübter Kämpfer unter den Zuschauern
hätte bemerkt, dass Kinaras Bewegungs- und Pariermuster
instinktiv eher ihren Unterleib schützten, als
ihren Kopf, trotz dass Selindes Kampfmuster eben
jenen Bereich ausließen.
Als Linai sich wieder zu schauen traute, hob Selinde
den Rondrakamm, um Kinaras Schulter zu treffen, denn
diese hatte Eideskal, ihr Großschwert, gerade auf Hüfthöhe
nach hinten verlagert um selber auszuholen. Die
Traviageweihte quiekte auf.
Selinde war merklich schneller, denn Kinara hatte sich
zu weit seitlich gedreht für den Schwung, und diese
Bewegung machte sich als Unterleibsschmerzen für die
Schwangere bemerkbar – mit schmerzverzerrten Blick
verharrte sie zu lange am Scheitelpunkt des Angriffes.
Kinara schloss die Augen, denn sie wusste, dass dieser
Angriff ihre Schulter treffen wird – sie konnte ihm
nicht ausweichen. So war Selindes Klinge nur noch
zwei Spann[Fußnote 62] von Kinaras linker Schulter entfernt,
wohingegen ihre Waffe gerade dabei war von hinten
nach vorne zu schwingen.
Man muss Selinde zugutehalten, dass sie keineswegs
Kinara verletzen wollte – hätte sie das schmerzverzerrte
Gesicht gesehen, wüsste sie, dass ihre Partnerin sich
nicht wegdrehen konnte.
Mittlerweile war die Klinge des Rondrakammes nur
noch einen Spann von Kinaras Schultern entfernt. Dies
war der Moment, als Selinde versuchte ihre Waffe
leicht zu drehen. Sie fürchtete jedoch, dass sie es nicht
wirklich schaffen würde, und so sprach sie ein kurzes
Ein-Wort-Stoßgebet zu Rondra. Was jedoch keiner mitbekam,
denn zur gleichen Zeit sprangen Linai und
Hidron von ihren Stühlen auf, und Hidron brüllte, die
wohl schnellsten Worte seines Lebens: „ZWEITER
TSA!“
Selindes Waffe wurde, nur einen fingerbreit von Kinaras
Schulter entfernt, durch einen Lichtblitz abgelenkt
und glitt dann zur Seite und nach unten.
Hidrons Geschenk zeigte seine Wirkung.
Kinara ließ ihr Schwert, welches nun leicht blausilbern
funkelte, aus Reflex fallen. Sie selber fiel auch zu
Boden und landete auf ihrem hinteren Ende. Selinde
machte einen Kniefall und dankte Rondra, ihr Gebet
erhört zu haben. Die Zuschauer staunten ehrfürchtig,
denn für sie war es nicht die Verzauberung des Schwertes,
welche dafür gesorgt hat, dass Hidrons Frau keinen
Schaden nahm, sondern eine Intervention der Sturmbringerin[Fußnote 63].
Es wurde Beifall gegeben und gejohlt. Selinde half
Kinara wieder auf die Beine, welche nun verwirrt
dastand, bis Hidron sie packte und in seine Arme nahm.
Eideskal funkelte noch immer, während es auf dem
Boden lag.
„Ist das die Verzauberung?“, frage Kinara in Hidrons
Schulter hinein.
„Ja, du musst einfach nur das Datum unseres Hochzeitstages
sagen und schon bist du geschützt für eine
Zeitlang.“, antwortete Hidron.
„Lieben Dank. Das ist so lieb von dir, selbst in einem
Geschenk zeigst du, wie viel Sorgen du dir machst um
mich.“
Beide nahmen daraufhin wieder Platz an ihrem Tisch.
Nach den Übungsgefechten neigte sich das Fest auch
langsam seinem Ende zu. Die letzten Verbliebenden
waren die fünf Gefährten und Meri und ihre Gehilfinnen.
Letztere verließen dann auch den Saal, nachdem
alles weggeräumt und einigermaßen sauber gemacht
wurde. Meri schenkte den Gefährten noch einen Kräuteraufguss
nach. „Soll gegen Kopfschmerzen am
Morgen danach helfen“, merkte sie an.
Sie tranken ihren Tee aus und jeder begab sich auf sein
Gemach. Kinara legte sich ins Bett und schlief augenblicklich
ein. Hidron ließ sie schlafen, legte sich auch
hin und nahm sie in seine Arme. Schreib noch über den nächsten
Morgen!
3. Der
Morgen nach der Hochzeit
Die ersten Strahlen der Morgensonne erreichten die
Burg, wurden aber immer wieder durch eine Flickendecke
an Wolken verdunkelt, so dass das Licht im
Gemeinschaftsraum, wo sich die Gefährten nun
befanden, pulsierte wie ein sehr schwacher Herzschlag.
„Zweiter Tsa, was?“, bemerkte Kinara an Hidron
gerichtet, als sie Eideskal in ihren Händen hin und her
drehte.
Deaszeah und Isra waren damit beschäftigt das Gepäck
zu kontrollieren, welches in den Gemeinschaftsraum
gestellt worden war. Einiges davon müsste hier in
einem Lagerraum verstaut werden, denn ein komplettes
Tafelservice werden sie wohl kaum benötigen.
Krätz schaute sich den Reiseplan nochmal an, während
er an einer Gebäckstange knabberte. Kinara drückte
diesen in seine Hand mit der Bemerkung, er solle doch
zumindest die Leselitzen in ihren Tagebüchern wieder
an die richtige Stelle legen, nachdem er mit seinen
Recherchen fertig ist.
Die Tür öffnete sich und Schwester Linai trat ein.
„Einen schönen guten Morgen zusammen! Ich hoffe,
ihr konntet noch ein wenig Schlaf finden in der recht
kurzen Nacht. Kinara, Hidron, ich habe noch etwas für
euch. Nun ja, für die gesamte Reisegruppe, wenn man
so will.“
Linai überreichte Kinara eine kleine geöffnete Schatulle
aus Zinn. In ihr befand sich ein Stück Kohle, welches
schon teilweise abgebrannt war.
„Dies ist ein von mir gesegnetes Stück Kohle aus dem
Herdfeuer. Möge Travia euch stets den besten Lagerplatz
zuteilwerden lassen auf eurer Reise.“
Kinara und Hidron bedankten sich, und Linai verließ
die gesamte Truppe wieder im Versprechen, sie würde
sich morgen früh noch einmal bei ihnen richtig Verabschieden.
Isra hielt sie jedoch noch kurz an und bat
um eine Unterredung mit ihr an der frischen Luft.
Während Kinara das Stück Kohle beäugte, stupste sie
Hidron von der Seite an. „Ich habe noch etwas für
dich!“ Er hielt ihr einen kleinen Beutel hin.
Etwas zögernd nahm sie ihn an.
Sie zog ein aufgerolltes Lederband mit Schnalle heraus.
„Das ist ... aber kein Halsband?“, flüsterte sie.
„Nein, ein Armband, welches du zwei drei Mal um dein
Handgelenk wickeln musst.“
Sie entwickelte das Band, erkannte eine Gravur und
schaute genauer hin:
„Hidron & Kinara ∞ ∞ ∞ kann man so machen.“
Sie sprang auf und hielt das Band so, als wolle sie
Hidron damit auspeitschen. „KANN MAN SO
MACHEN!!! AHHH!!! DA IST ES WIEDER!!!“ Sie
lachte. „Danke! Es ist schön geworden.“
„Das kannst du dir jedes Mal ansehen, falls ich nicht da
sein sollte und eine Entscheidung getroffen werden
muss, die auch mich mit einbezieht. Denke einfach, ich
würde genau das sagen.“
Kinara schmunzelte. „Die Idee gefällt mir! Also ist das
Armband eher eine Vollmacht?“.
„Ämmm ...“, warf Hidron ein.
Eines ihrer beiden Hühner fing an zu gackern.
„Übrigens, dieses Getier sollte am besten hierbleiben.
Wir könnten sie als Spende den Travia-Tempel übergeben.
Was meinst du Hidron?“
Gack!
„Kann man so machen.“
[Fußnote 1] 1 Sack=100Kg [Fußnote 2] Eines der Stadttore von Trallop. [Fußnote 3] Symbole von links nach rechts: Iomedae, Rondra und Kor. [Fußnote 4] Gottheit der Heilung und des Selbstschutzes in Avistan. [Fußnote 5] Osirianische Gottheit des Tanzes und allgemeinen Vergnügens. [Fußnote 6] Variante aus „Macht des Weltenschleiers – Die Beschützer“. Siehe: https://www.worldanvil.com/block/46136 [Fußnote 7] Praetor (oder Prätor) ist ein sakraler Rang. Ein Praetor ist bei allen Kirchen – selbst bei denen ohne zentrale Autorität – üblicherweise der Leiter von Tempeln und gegebenenfalls noch eines dazugehörigen Tempelbezirkes. Seine Anrede ist „Hochwürden“. [Fußnote 8] Ein heiliges Buch der Rondra-Kirche. [Fußnote 9] Irdisch. Alt-ägyptischer Kalender. Entspricht: 18. Februar 1154 n. Chr. [Fußnote 10] „Die verborgene Wahrheit“ – Turmkarte [Fußnote 11] Tiefling ist eine Rasse, welche ein dämonisches oder infernalisches Erbe trägt. Dieses Erbe kann sich in diversen Charaktereigenschaften manifestieren. Bei Deaszeah sind es ihre beiden Hörner, welche jedoch, dank eines göttlichen Wunders, für andere nicht existent sind. [Fußnote 12] Anrede für Ritter. [Fußnote 13] Eine weitere Anrede für Ritter. [Fußnote 14] Die „eine Macht“, von der auch das Arkane, Göttliche, Psionische und alle anderen übernatürlichen und natürlichen Dinge zehren. [Fußnote 15] Eine Stadt in Osirion auf dem Kontinent Avistan. [Fußnote 16] Der Rondra-Tempel [Fußnote 17] Rondra [Fußnote 18] Anderer Name für die Göttin Rondra. [Fußnote 19] Teiltranskript, US-amerikanische Fernsehserie, deutsche Übersetzung: Greys Anatomy. (Wahl des Spielers des Protagonisten: Hidron) [Fußnote 20] Kleinformatiges Buch, das als nützlicher Begleiter bei der Berufsausübung, auf Reisen oder sonstigen Lebenslagen am Körper in einer Tasche mitgeführt werden kann. [Fußnote 21] Vgl.: Fran Cesco di Urbontris: Rahjasutra, S.55-57 [Fußnote 22] Es wird vornehmlich „{Gottheit}gefällig“ im DSA-Sprech erwähnt, sollte der Inhalt des jeweiligen Aspektes mit dem der Gottheit in Übereinkunft stehen. [Fußnote 23] Göttin der Liebe, Schönheit und sexuellen Freuden. [Fußnote 24] Mit anderen Worten: Fleischliche Beiwohnung betreiben. [Fußnote 25] Rahja-Symbol: [Fußnote 26] Hintergrundwissen: Der Rahja-Tempel hat im Vergleich zu allen anderen Tempeln die meisten Einnahmen in Trallop und, was jedoch wenige Leute wissen, der Tempelvorsteher Ulman gibt einen Großteil der Gelder an weniger gut gestellte Zwölfgötterhäuser ab, so wie es anderswo auch häufig gehalten wird. [Fußnote 27] OK, für den Leser welcher die indirekte Beschreibung nicht realisiert hat: Sie wurde feucht. ... Alles klar? [Fußnote 28] Isra ist eine Aasimar. Sie sieht, bis auf ihre goldenen Augen, jedoch aus wie ein Mensch. [Fußnote 29] Synonym für: Ausrede. [Fußnote 30] Ein Erzdämon und eine Widersacherin Rahjas, welche zwar mit der Herrin der Morgenröte einige Aspekte teilt, jedoch ohne dass Rücksicht auf andere genommen wird. [Fußnote 31] 1 Spann=20cm [Fußnote 32] 1 Unze („Derisches Maß“)=25g [Fußnote 33] Als da wären: ein Olisbos [Dildo], ein Olisbosgürten, ein Phallusstab, ein Ballknebel, ein Set Handschellen, ein Fesselset aus Leder, ein Seidentuch, ein Brabaker Rohr, eine rote Folterkerze, Klammern, eine Lustpeitsche, eine Neunschwänzige, ein Paddel, eine Reitgerte, eine Streichelfeder, kleines Gefäß mit Gleitmittel, eine Flasche Massageöl, Liebesperlen, ein Penisring, ein Po-Stöpsel, ein Po-Stöpsel mit einem Tierschwanz, eine erotische Statuette der Rahja, ein Potenztalisman. Dazu kleine Tongefäße und -fläschchen mit legalen Rauschenmitteln wie Cheriacha, Ilmenblatt, Morana-Liebessaft und eine Rahjasine. Desweiteren diverse Literatur. – [Fußnote wird zu lang ... ] [Fußnote 34] Cryptic – Klasse aus dem Pathfinder-Regelwerk. [Fußnote 35] Macht des Weltenschleiers – Die Grabwächter. Siehe: https://www.worldanvil.com/block/46138 [Fußnote 36] Dieses Ereignis beeinflusst den Aspekt „Finsternis“ und den Weltenschleier „Die Chroniken von Lathaerum – Die Grabwächter“. [Fußnote 37] Nicht zu verwechseln mit Werratte [Werwolf, ... , Wer{Tierart}]. [Fußnote 38] Shoantisch (umgangssprachlich): Geld [Fußnote 39] Tulamidisch: Geschenk [Fußnote 40] 1 Maß=0,8 Liter. [Fußnote 41] „Etwas meiden“. [Fußnote 42] Anmerkung des Autors: Ich wollte zunächst „Vergräbt ihr Gesicht in seine Haare, aber das geht ja nicht. Er har gar keine. Als Alternative wurde mir Skalp oder Kopfschwarte „angeboten“ ... Sehr poetisch. [Fußnote 43] An dieser Stelle würde gerne der Mann der Feder seine Diffizilität in persona zum Ausdruck bringen, eine gastronomische Darstellung zu verbalisieren, da er während des Schreibens den Zustand „ungesättigt“ innehatte. Und es ist folgerichtig anzunehmen, es handle sich dabei um keinen Zustand, sondern um eine Hexis. [Fußnote 44] Ein im Nacken getragener Haarknoten. [Fußnote 45] 1 Finger=2 Zentimeter. [Fußnote 46] Naja, Waldemar wird kaum so offen kundtun, dass Borbarad und Pardona „geflohen“ sind und dies nur der Auftakt einer globalen Bedrohung war. [Fußnote 47] Wenn der Autor seinen eigenen Spielercharakter lobpreist ... [Fußnote 48] Wirsing. [Fußnote 49] Hat der Leser Kinara verstanden? Nein? Macht nichts. Der Autor auch nicht. [Fußnote 50] Krätz gehört der Rasse des Ratfolks an. Und diese haben nun mal einen Schwanz. Aber durch das Praioswunder ist dieser natürlich nicht mehr da. [Fußnote 51] Kinaras Muttersprache [Fußnote 52] Hidrons Muttersprache [Fußnote 53] Tulamidisch (arabisch) für: Wasser der Wahrheit. [Fußnote 54] Eine sehr scharfe Pfeffersorte. [Fußnote 55] Tulamidisch: Ehemann. [Fußnote 56] Tulamidisch: Ehefrau. [Fußnote 57] Kinara ist ulfischer Abstammung. Eine Ethnie der Menschen, welche in den Ländern der Lindwurmkönige beheimatet ist. [Fußnote 58] Synonym für: erotischen [Fußnote 59] Kinaras Schwert [Fußnote 60] Kinaras Klasse (Pathfinder Regelwerk) [Fußnote 61] Eine Waffe, die einem Bastardschwert ähnlich ist und dessen Klinge wellenförmig ist. [Fußnote 62] 1 Spann=20cm [Fußnote 63] Alternativer Name der Göttin Rondra.
[Fußnote 1] 1 Sack=100Kg [Fußnote 2] Eines der Stadttore von Trallop. [Fußnote 3] Symbole von links nach rechts: Iomedae, Rondra und Kor. [Fußnote 4] Gottheit der Heilung und des Selbstschutzes in Avistan. [Fußnote 5] Osirianische Gottheit des Tanzes und allgemeinen Vergnügens. [Fußnote 6] Variante aus „Macht des Weltenschleiers – Die Beschützer“. Siehe: https://www.worldanvil.com/block/46136 [Fußnote 7] Praetor (oder Prätor) ist ein sakraler Rang. Ein Praetor ist bei allen Kirchen – selbst bei denen ohne zentrale Autorität – üblicherweise der Leiter von Tempeln und gegebenenfalls noch eines dazugehörigen Tempelbezirkes. Seine Anrede ist „Hochwürden“. [Fußnote 8] Ein heiliges Buch der Rondra-Kirche. [Fußnote 9] Irdisch. Alt-ägyptischer Kalender. Entspricht: 18. Februar 1154 n. Chr. [Fußnote 10] „Die verborgene Wahrheit“ – Turmkarte [Fußnote 11] Tiefling ist eine Rasse, welche ein dämonisches oder infernalisches Erbe trägt. Dieses Erbe kann sich in diversen Charaktereigenschaften manifestieren. Bei Deaszeah sind es ihre beiden Hörner, welche jedoch, dank eines göttlichen Wunders, für andere nicht existent sind. [Fußnote 12] Anrede für Ritter. [Fußnote 13] Eine weitere Anrede für Ritter. [Fußnote 14] Die „eine Macht“, von der auch das Arkane, Göttliche, Psionische und alle anderen übernatürlichen und natürlichen Dinge zehren. [Fußnote 15] Eine Stadt in Osirion auf dem Kontinent Avistan. [Fußnote 16] Der Rondra-Tempel [Fußnote 17] Rondra [Fußnote 18] Anderer Name für die Göttin Rondra. [Fußnote 19] Teiltranskript, US-amerikanische Fernsehserie, deutsche Übersetzung: Greys Anatomy. (Wahl des Spielers des Protagonisten: Hidron) [Fußnote 20] Kleinformatiges Buch, das als nützlicher Begleiter bei der Berufsausübung, auf Reisen oder sonstigen Lebenslagen am Körper in einer Tasche mitgeführt werden kann. [Fußnote 21] Vgl.: Fran Cesco di Urbontris: Rahjasutra, S.55-57 [Fußnote 22] Es wird vornehmlich „{Gottheit}gefällig“ im DSA-Sprech erwähnt, sollte der Inhalt des jeweiligen Aspektes mit dem der Gottheit in Übereinkunft stehen. [Fußnote 23] Göttin der Liebe, Schönheit und sexuellen Freuden. [Fußnote 24] Mit anderen Worten: Fleischliche Beiwohnung betreiben. [Fußnote 25] Rahja-Symbol: [Fußnote 26] Hintergrundwissen: Der Rahja-Tempel hat im Vergleich zu allen anderen Tempeln die meisten Einnahmen in Trallop und, was jedoch wenige Leute wissen, der Tempelvorsteher Ulman gibt einen Großteil der Gelder an weniger gut gestellte Zwölfgötterhäuser ab, so wie es anderswo auch häufig gehalten wird. [Fußnote 27] OK, für den Leser welcher die indirekte Beschreibung nicht realisiert hat: Sie wurde feucht. ... Alles klar? [Fußnote 28] Isra ist eine Aasimar. Sie sieht, bis auf ihre goldenen Augen, jedoch aus wie ein Mensch. [Fußnote 29] Synonym für: Ausrede. [Fußnote 30] Ein Erzdämon und eine Widersacherin Rahjas, welche zwar mit der Herrin der Morgenröte einige Aspekte teilt, jedoch ohne dass Rücksicht auf andere genommen wird. [Fußnote 31] 1 Spann=20cm [Fußnote 32] 1 Unze („Derisches Maß“)=25g [Fußnote 33] Als da wären: ein Olisbos [Dildo], ein Olisbosgürten, ein Phallusstab, ein Ballknebel, ein Set Handschellen, ein Fesselset aus Leder, ein Seidentuch, ein Brabaker Rohr, eine rote Folterkerze, Klammern, eine Lustpeitsche, eine Neunschwänzige, ein Paddel, eine Reitgerte, eine Streichelfeder, kleines Gefäß mit Gleitmittel, eine Flasche Massageöl, Liebesperlen, ein Penisring, ein Po-Stöpsel, ein Po-Stöpsel mit einem Tierschwanz, eine erotische Statuette der Rahja, ein Potenztalisman. Dazu kleine Tongefäße und -fläschchen mit legalen Rauschenmitteln wie Cheriacha, Ilmenblatt, Morana-Liebessaft und eine Rahjasine. Desweiteren diverse Literatur. – [Fußnote wird zu lang ... ] [Fußnote 34] Cryptic – Klasse aus dem Pathfinder-Regelwerk. [Fußnote 35] Macht des Weltenschleiers – Die Grabwächter. Siehe: https://www.worldanvil.com/block/46138 [Fußnote 36] Dieses Ereignis beeinflusst den Aspekt „Finsternis“ und den Weltenschleier „Die Chroniken von Lathaerum – Die Grabwächter“. [Fußnote 37] Nicht zu verwechseln mit Werratte [Werwolf, ... , Wer{Tierart}]. [Fußnote 38] Shoantisch (umgangssprachlich): Geld [Fußnote 39] Tulamidisch: Geschenk [Fußnote 40] 1 Maß=0,8 Liter. [Fußnote 41] „Etwas meiden“. [Fußnote 42] Anmerkung des Autors: Ich wollte zunächst „Vergräbt ihr Gesicht in seine Haare, aber das geht ja nicht. Er har gar keine. Als Alternative wurde mir Skalp oder Kopfschwarte „angeboten“ ... Sehr poetisch. [Fußnote 43] An dieser Stelle würde gerne der Mann der Feder seine Diffizilität in persona zum Ausdruck bringen, eine gastronomische Darstellung zu verbalisieren, da er während des Schreibens den Zustand „ungesättigt“ innehatte. Und es ist folgerichtig anzunehmen, es handle sich dabei um keinen Zustand, sondern um eine Hexis. [Fußnote 44] Ein im Nacken getragener Haarknoten. [Fußnote 45] 1 Finger=2 Zentimeter. [Fußnote 46] Naja, Waldemar wird kaum so offen kundtun, dass Borbarad und Pardona „geflohen“ sind und dies nur der Auftakt einer globalen Bedrohung war. [Fußnote 47] Wenn der Autor seinen eigenen Spielercharakter lobpreist ... [Fußnote 48] Wirsing. [Fußnote 49] Hat der Leser Kinara verstanden? Nein? Macht nichts. Der Autor auch nicht. [Fußnote 50] Krätz gehört der Rasse des Ratfolks an. Und diese haben nun mal einen Schwanz. Aber durch das Praioswunder ist dieser natürlich nicht mehr da. [Fußnote 51] Kinaras Muttersprache [Fußnote 52] Hidrons Muttersprache [Fußnote 53] Tulamidisch (arabisch) für: Wasser der Wahrheit. [Fußnote 54] Eine sehr scharfe Pfeffersorte. [Fußnote 55] Tulamidisch: Ehemann. [Fußnote 56] Tulamidisch: Ehefrau. [Fußnote 57] Kinara ist ulfischer Abstammung. Eine Ethnie der Menschen, welche in den Ländern der Lindwurmkönige beheimatet ist. [Fußnote 58] Synonym für: erotischen [Fußnote 59] Kinaras Schwert [Fußnote 60] Kinaras Klasse (Pathfinder Regelwerk) [Fußnote 61] Eine Waffe, die einem Bastardschwert ähnlich ist und dessen Klinge wellenförmig ist. [Fußnote 62] 1 Spann=20cm [Fußnote 63] Alternativer Name der Göttin Rondra.
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