Das Fest der toten Besucher

Seit vielen Jahrhunderten gibt es in Rasing das "Fest der toten Besucher".

Von jeher haben die Einwohner Rasings in Krisenzeiten einfach ihre Stadttore vermauert und die schlechten Zeiten ausgesessen. Der Elander hat die Rasinger in solch schweren Tagen mit allem versorgt. Trinkwasser und frischen Fisch gibt es im Elander im Überfluss, und mutige Schmuggler haben alles andere über die Brückenpfeiler vom Fluss aus herangeschafft.

Ebenso kann man alles im Fluss verschwinden lassen, das keinen Wert mehr hat. Jeglicher Unrat wird hinfort geschwemmt.
Und so geschah es auch mit den Toten, die im Vertrauen auf die Götter dem Elander übergeben wurden, wenn die Friedhöfe an den Ufern nicht erreicht werden konnten, oder wenn man nicht hochwohlgeboren genug war, um eine der wenigen Ruhestätten im Leib der Brücke für seine verstorbenen Anverwandten nutzen zu können.

Alles wäre gut, die Hinterbliebenen können irgendwann mit ihrer Trauer abschließen, und das Leben geht weiter.

 

Aber nicht in dieser einen Nacht. Dieser Nacht, als beide Monde voll am Himmel standen. Als das Wasser stieg und der Fluss gegen seine Richtung zur Quelle statt zum Meer floss. Und mit sich brachte er die Toten.
All die Toten der letzten Wochen. Pesttote, Kriegstote, Alte und Kinder. Das Wasser stieg so hoch, dass die Toten sich an der Brückenbrüstung verfingen. Und die Angst aller lebenden Seelen in Rasing ließ die Stadt so still werden wie die Toten im Elander.
War es nicht die Lehre der Rabenkönigin, dass man die Toten nicht betrauern soll, da jedes Leben unvermeidlich mit dem Tod endet? Warum kamen dann all die Toten zurück? Kein Priester wusste Rat, kein Gelehrter hatte eine Erklärung.

Nur jene, deren Trauer stärker war als ihre Angst, suchten unter all den Toten ihre Lieben, um sich noch einmal verabschieden zu können. Und, so geht die Sage, als ein kaum fünfjähriger Junge seiner verstorbenen Schwester sein Lieblingsspielzeug, ein geschnitztes Pferd, in ihre Hand legte, löste sich ihr Körper aus den Verstrickungen der anderen Leiber und trieb langsam stromabwärts.

Schneller noch als der große Brand von 203 NdA verbreitete es sich, wie man die Toten wieder auf ihren Weg bringen konnte. Und nur wenige Stunden später sah man am Unterlauf des Elander hunderte von Toten mit kleinen Gaben in ihren Händen vorbeitreiben, Richtung Meer.

Siebenundsechzigmal wurde bisher davon berichtet, dass bei dieser besonderen Konjunktion der Monde der Elander von seiner Mündung bei Tamakiai Richtung seiner Quelle nach Kaltenfels fließt und seine Wasser so hoch steigen, dass Rasing fast versinkt.

Nicht jedes Mal bringt er tote Besucher mit. Aber um sicher zu gehen, und weil kein Priester der guten Götter dieses Ereignis für seinen Gott beansprucht, sind die Bürger Rasings dazu übergegangen, in kleinen Holzschalen Andenken an die Verstorbenen dem Fluss zu übergeben. Damit ihre Liebsten wissen, dass sich die Lebenden verabschiedet haben und sie in Ruhe ins Nachleben übergehen können.

Credits to: Panik im Schriftbild

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