Das Märchen vom Apfeldornbachgrund

So hört in dieser dunklen Nacht die Geschichte vom Apfeldornbachgrund.

Vor dreimal 77 Jahren da gab es bei Kaltenfels, oder vielleicht doch bei Darwah, ein beschauliches kleines Dorf.

Die Dörfler lebten vom Anbau und der Verarbeitung der leckersten Äpfel, die ihr euch vorstellen könnt. Äpfel von zartgelb, getreidegrün bis abendrot. Äpfel kaum größer als ein Heimatzwiebelchen, Äpfel riesig wie ein Waran-Ei. Die Früchte wurden geerntet von Mirtul bis Marpenoth. Und durch den weiten Apfelgrund mit seinen mannigfachen Bäumen floss ein munteres Bächlein, tränkte alle Bäume und ließ die Menschen mit seinem hellen Geglucker gute Gedanken denken.

Dies war das Dorf Apfelbachgrund.

Landauf und landab kamen die Menschen, kauften Äpfel, kauften frischen Apfelkuchen, kauften spritzigen Most und goldenen Apfelbrand. Sie kamen zu den vielen Festen, sie kamen, um ihre Liebe zu offenbaren, mit einem Zweig sich öffnender Apfelblüten. Und wer es schaffte, außerhalb des Dorfes aus einem Kern eines Apfels von hier einen neuen Schössling zu ziehen, galt als von den Göttern gesegnet.

 

Doch wo die Götter und das Leben viel geben, da wird auch viel genommen.

Und so begab es sich, dass eines Tages um den alten Apfelbaum bei der Quelle des Bachs sieben Ketten aus Eisen geschlungen waren. Und diese Ketten waren mit sieben kupfernen Nägeln in den Stamm getrieben und mit sieben Bleinägeln in den Boden gerammt. Und um jede Kette war siebenfach ein blondes Haar geflochten.

Das Wasser des Quells wurde faulig, die Früchte an den Bäumen verdarben, und dorniges Unkraut wucherte aus den Wurzeln eines jeden Baumes im Apfelgrund. Kein Bauer konnte das Dornenkraut jäten. Kein Magier aus Trosst vermochte dem mit einem Zauber Einhalt zu gebieten. Kein Schmied aus den Zwergenbingen konnte die Ketten sprengen. Kein Priester der gütigen Götter konnte mit seinen Segen und Gebeten dem Unheil Einhalt gebieten.

Und als das Dornenkraut gar die Grenzen des Dorfes zu überwuchern begann, da rief man schließlich in höchster Not eine Priesterin der Rabengöttin, der Herrin des Winters. Und diese Frau lies die einstmals fruchtbare Erde um das Dorf herum viele Schritt tief hart und kalt werden, wie es sonst nur im schlimmsten Nightal geschieht. Keine Flamme, kein glühendes Eisen, keine alchemistische Tinktur vermochte noch, das Erdreich aufzulockern.

 

So wuchsen die Dornen viele Schritte in die Höhe, bis nichts mehr vom Dorf zu sehen war. Die Jahre kamen und gingen. Nie fand jemand heraus, was in Apfeldornbachgrund geschehen war. Viele glaubten, dies sei das Werk von Mudûum. Andere behaupteten, es wäre ein dunkler Zauber, mit dem ein verschmähter Jüngling seine unerwiderte Liebe erzwingen wollte.

Und mit jeder Nacht des schwarzen Eises die verging, geriet das Dorf mehr in Vergessenheit und die Geschichten wurden unglaublicher. Wessen Unglück ihn zufällig zu dieser Dornenwand in der Wildnis treibt, der soll die spröden Knochen verendeter Tiere zwischen den Ranken sehen.

Es heißt, dass sich alle 77 Jahre ein Pfad öffnete, direkt bis hin zum alten Apfelbaum. Und an seinen Ästen hingen sieben Äpfel, so wertvoll wie sieben faustgroße Edelsteine.

Und wahrscheinlich haben schon genau soviele Abenteurer versucht, diese Märchen wahr werden zu lassen, und nur mehr Knochen zwischen den Dornenranken verstreut.

 

So endet das Märchen, aber nicht die Geschichte von Apfeldornbachgrund.

Credits to Panik im Schriftbild.
Dieses Märchen wird sich überall auf Loril erzählt. Manche Abenteurer begeben sich gelegentlich sogar auf die Suche nach dem legendären Baum.

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Cover image: by Phillip Urlich

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