Eradrien
Der Schrecken der Klaadwiesn sitzt tief
.“..waschen, ich muss sie los werden diese Bilder, diesen Gestank. Er ist überall, unter meinen Fingernägeln, in meinen Haaren, auf meiner Kleidung. Kann ich mir die Bilder aus dem Kopf waschen?“, wie bei der Bearbeitung von Leder rieb die Waldläuferin mit der Seife über ihre Haut. Immer und immer wieder wusch sich die Elfe jeden Zentimeter ihres Körpers mit der in Pechtstein erworbenen Rosenseife. Eigentlich wollte sie damit für einen gewissen Reisebegleiter gut riechen, den Geruch nach Tierfell und Schweiß übertünchen, doch jetzt ist die teure Seife Mittel zum Zweck, die Verwesung von ihr abzuwaschen.
Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, hat alles um sie herum nicht wahrgenommen bis sie seine Stimme im Türrahmen hörte. Diese erdete sie sofort und sie war wieder im Jetzt angekommen und bemerkte ihre Unbedecktheit. Sie mied seinen Blick und zog ihre Beine langsam an, umschlang diese fest, als ob sie ihr halt geben würden für das bevorstehende Gespräch, denn seine besorgte Miene verriet ihr bereits was er fragen wird. „Geht es dir gut, Eradrien?“, hörte sie durch den Raum. Auch wenn die Besorgnis in seiner Stimme echt, aber professionell klang, so würde sie sich wünschen, dass nur einmal mehr als Besorgnis mitschwingen würde. Sie nickte schnell und sah starr der Bewegung des Wassers um ihre Beine zu. Sie wollte nicht, dass er ihre Lüge allzu schnell lesen konnte.
Er begann leise auf Eradrien einzureden. Als er dabei hinter sich die Tür schloss und ein paar Schritte in ihre Richtung machte, schlug ihr Herz schneller. Sanft und mit Bedacht wählte er seine Worte, sprach darüber, dass es ihr nicht gut ginge, ihr Geist dies alles verarbeiten sollte und, dass sie auch offensichtlich verletzt war. Ihre Schulter stand nicht im rechten Winkel meinte er. Erst als sie dem Blick folgte und auf ihre linke Schulter hinabsah, spürte sie den Schmerz darin und verzog das Gesicht. Er kam weiter auf sie zu und kniete sich hinter sie.
Die erste Berührung seiner Finger auf ihrer nackten, nassen Haut fuhren wie Blitze durch ihren ganzen Körper. Sie hielt den Atem an und ihre gesamte Haut war wie unter Spannung und zog sich zusammen. Als er ihr seine Hand auflegte und durch die Magie seiner Göttin ihre Schulter heilen lies und der Schmerz von ihr abfloss, entspannte sich ihr Körper etwas.
Wärme breitete sich in ihr aus und ihr Herz schwang mit dem seinen im Gleichklang. So war es immer, wenn sie sich im Dienste seiner Göttin verbanden. Sie umfasste seine Hand mit der ihren, wollte ihn spüren und musste ihn ansehen. Langsam wendete sie sich Ekival zu ohne die Berührung zwischen ihnen zu beenden und suchte seinen Blick. Suchte nach diesem einen Funken, nach diesem einen Moment, der ihr zeigte, dass er mehr für sie empfand als die Besorgnis eines Heilers.
Diesmal verstand er was ihr Blick zum Ausdruck brachte, da ihr Mund nicht im Stande war es zu sagen, denn seine Miene änderte sich innerhalb eines Herzschlages und brachte eine unübersehbare Distanz zwischen sie beide. Seine Worte, dass er ausschließlich seiner Göttin diene und dies mit Freude waren gleichsam schmerzhaft, wie ein Pfeil im Herzen. Als er seine Hand zurückzog, spürte sie wie Kälte in ihrem Körper empor kroch, die Hitze verschwand. Sie lies sie sinken, hielt seinem Blick aber stand. Reglos lies sie seine Worte tief in sie eindringen, den Schmerz ertragen, den er ihr gerade bereitete. „...das ist alles, was ich dir heute geben kann!“ beendete seine Zurückweisung.
Ihre Pupillen verengten sich. „Heute“, hatte er gesagt. Ist da noch etwas anderes in seinen Augen zu lesen oder bildete sie sich das nur ein? Klammert man sich so verzweifelt an die letzte Hoffnung? Ja, das tat sie. Er wollte sie dazu bewegen über die Geschehnisse zu sprechen, über das was sie gesehen hatte, aber sie wollte das alles nicht mehr sehen. Wenn er ihre Wunden wegwaschen konnte, warum dann nicht ihre Bilder, die Geschehnisse, fragte sie sich. Sie bat, sie flehte ihn an, ihre Bilder aus dem Kopf zu löschen, worauf er mit Mitleid in den Augen verneinte und erklärte, dass dies nicht der Weg sei, damit umzugehen und er auch nicht fähig wäre, ihre Erfahrungen zu löschen. Er würde ihr jederzeit gerne dabei helfen, mit dem Erlebten umzugehen, aber das war nicht die Weise, wie sie dies wollte. Sie wollte nicht drüber sprechen oder etwas aufarbeiten, sie wollte diese Erinnerungen loswerden und zwar so schnell als möglich.
Sie bedankte sich bei ihm und sank wieder zurück ins Wasser. Sie blickte im nach, als er den Baderaum verließ und lies den Keim der Hoffnung in ihren Gedanken sprießen. Die schrecklichen Bilder verblassten langsam und ein angenehmer Rosenduft umhüllte den schlanken Körper der Elfe.
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