Tikijitoa - Zeremonie der Asche

"Was passiert, wenn wir sterben?", fragte Tiala weinend ihre Mutter Umija.

Einen Tag vorher war ihre Großmutter nicht mehr aufgewacht und lag nun auf einem Totenbett inmitten von rotem Feuerglas, schwarzen Steinen und orangefarbenen Blüten von Seelentrost.

"Großmutters unsterbliche Seele ist nun bei Banyulu und wird von ihr ins Totenreich geführt. Ihren Körper werden wir morgen dem Feuer übergeben, denn aus Feuer sind wir geboren und durch unsere Asche wird neues Leben entstehen - so wie die Asche nach einem Vulkanausbruch.", tröstete Umija ihre Tochter.

Tialas erste Berührung mit dem Tod im Alter von Acht Jahren ...AEC -


Während Tozumto, dem 7. Monat des layidischen Solar-Kalenders begeben sich die Layikani zu den Vulkanen oder anderen feuerheiligen Orten, um dort den seit langer Zeit Verstorbenen zu gedenken oder die Asche derer zu verstreuen, die im vergangenen Jahr ins Jenseits übergetreten sind.   Viele Familien haben ihre eigenen festgelegten Tage, an denen sie die Reise zu den Vulkanen auf sich nehmen, doch ist es im Laufe der Jahrhunderte zur Tradition geworden, dass die Einwohner von Städten oder Dörfern gemeinsam zu den Vulkanen aufbrechen, da Tikijitoa keinesfalls ein freudloses Fest ist, sondern die Trauernden von Tikitebos mit Tanz und Gesang zur Ehrung der Toten begleitet werden.

Ursprung

Erste Zeremonien der Asche fanden bereits während des Zeitalters der Erleuchtung Mitte des 3. Jhrtd. BEC statt, als hohe Würdenträgerinnen der Layikani auf diese Weise bestattet wurden.

Die Layikani glauben, dass die Seelen der Verstorbenen von der ebenfalls sterbenden Sonnengöttin Banyulu in die Unterwelt unter den Vulkanen geführt wird, von wo sie in das Totenreich gelangen und unsterblich werden. Ihre Körper aber sollen zu Asche, wie die fruchtbare Erde der Vulkane, verglühen, damit der Kreislauf des Lebens von vorn beginnen kann.

Die Reisen waren bereits damals lang und beschwerlich, da die Aufstiege zu den Vulkanen über unwegsames Gelände führten. Neben den Priesterinnen nahmen auch Gefolgsleute der Würdenträger an den Gedenkfeiern teil. Um den Aufstieg zu erleichtern, stimmten viele der Reisenden immer wieder Gesänge an.

In den kommenden Jahren entwickelte sich hieraus die Tradition der Tikitebos, einer Art professioneller zeremonialer Tanz- und Gesangsgruppen, die ab dem Zeitalter der Ahnen um 3.000 BEC fester Bestandteil des Rituals wurden.


 

Wake among the Layikani by Blue Fairy 74 via Midjourney

Totenwache

Nach dem Tod eines Layikani wird dessen Leichnam gereinigt und je nachdem, welchen Geschlechts, Alters oder Titel die Toten hatten, in unterschiedlich farbige Leinentücher gehüllt. Priesterinnen oder Fürstinnen erhalten dunkelrote, alle anderen Frauen rote, Mädchen bis zur Pupertät orangefarbene und Männer gelbe Tücher. Alle Farben symbolisieren das Feuer, dem die Toten zurück gegeben werden.   Die älteste Frau der Familie spricht ein Gebet zu Ehren des Gottes der verbrannten Erde Tozuwu und der alternden Göttin des Sonnenuntergangs Banyulu und es beginnt eine eintätige Totenwache für Jungen und Männer, eine zweitätige für Mädchen und Frauen und eine dreitätige für Würdenträgerinnen.   Die Farbe des Totenleinens und die Länge der Totenwache spiegelt auch das Matriarchat auf Layida wieder und ist dem geschuldet, dass nur Frauen die Funkensymbiose eingehen können. Je höher die Position der Frau ist, desto dunkler ist die Farbe des Leinens und die Länge der Totenwache, wenn sie starb, oder, wie die Layikani sagen würden, desto dunkler brannte das Feuer in ihnen.   Während dieser ein bis drei Tage verabschieden sich Verwandte und Freunde mit kleinen Gaben bei den Verstorbenen. Zu den Gaben gehören Blumen in Rot- und Orangetönen, Feuerglas oder Lavasteine, die nach der Totenwache zusammen mit dem Leichnam verbrannt werden.

 

Verbrennung

Die Verbrennung ist heilig und wird etwas außerhalb der Städte und Gemeinden von den meist männlichen Toasomu, den Aschemeistern, durchgeführt.

Der Toasomu hebt ein größeres Loch aus und bohrt in der Mitte ein tieferes, damit Lava aus dem Boden austreten kann und das Loch befüllt. Dann legt er einen feuerfesten Metallsarg hinein, in den vorher der Leichnam mit den Gaben gelegt wurde. Aufgrund der Hitze glüht der Metallsarg und die Toten verbrennen bis auf ein paar wenigen Knochen zu Asche.

Anschließend wird die Asche in wundervoll, meistens von den Familien liebevoll gestalteten Urnen gesammelt und der Familie bis zur Zeremonie der Asche mit nach Hause gegeben.

Zeremonie der Asche

Während Tikijitoa versammeln sich die Familien und tragen die festlich geschmückten Urnen, die vorher auf kleinen Sänften drapiert wurden, durch die Straßen der Städte und Gemeinden bis zu den feuerheiligen Stätten ihrer Gemeinden. Angeführt werden die Trauerzüge von den Tikitebos, die mit rhythmischen Trommelschlägen und verschiedenen Tänzen und freudvollen Gesängen die Verstorbenen ehren.   Nach Ankunft an der feuerheiligen Stätte zündet eine Priesterin des ansässigen Safambiordens die heiligen drei Flammen der drei Sonnengöttinnen an, die den Kreislauf des Lebens symbolsieren. Die ältesten Frauen der Familien stellen sich im Kreis um die Flammen auf, um die Urnen zu öffnen und die Asche in alle Himmelsrichtungen zu verstreuen.   Die restlichen Knochen werden in die Lava des Vulkans oder andere angrenzende Lavaflüsse zurückgegeben. Anschließend teilen sich die Layikani das mitgebrachte Essen, um allen Ahnen zu gedenken.

 
Ascent to the fireplaces in honor of the deceased by Blue Fairy 74 - Midjourney-Collage


Cover image: Rituals of the elemente fire by Blue Fairy 74 - Midjourney-Collage

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