Isger
Seit seiner Gründung ist Isger ein Vasallenstaat. Das Land wurde während Taldors Eroberungszügen in dem Gebiet geschaffen und Jahrhunderte später von Cheliax während der Eroberungszüge des Glattzüngigen von 4081 AK annektiert. Anders als Cheliax weitere Besitzungen befreite Isger sich während des Aufstieges des Hauses Thrune nicht und ist auch heute noch ein Untertan. Trotzdem gibt es Anzeichen dafür, dass die Vernachlässigung und Ausnutzung, die Isgers Verhältnis zu seinem Herren charakterisieren, sich langsam zu einer engeren Zusammenarbeit wandeln - zum Guten und zum Schlechten. Der Conerica, der Isger von Osten nach Westen zweiteilt und Cheliax‘ Meereshandelsrouten mit Druma und dem Encarthansee verbindet, ist gewissermaßen die Schlagader der Nation. Der Fluss und seine Nebenstraßen sind der Schlüssel zu Isgers regionaler Bedeutung, weswegen der Großteil seines Militärs damit beauftragt ist, die Handelswege vor Banditen, Monstern und anderen Gefahren zu schützen. Weil Reisende und Händler sich sehr auf den Conerica und seine Handelsstraßen verlassen, sind die Siedlungen an den Flussufern - die Hauptstadt Elidir eingeschlossen - nicht so isoliert und ländlich, wie die hölzernen Gebäude und malerische Architektur vermuten lassen. Obwohl ihre durchbrochenen Geländersäulen, farbenfrohen Glasperlengehänge und leuchtend gestrichenen, gefriesten Brettern selbst den schicksten Häusern in Isger ein rustikales Flair geben, sind diese Städte relativ kosmopolitisch.
Isgers Hinterland wird jedoch weniger vom Glück begünstigt. In der Geschichte wurde Isger von seinen Herren irgendwie immer zuletzt bedacht, als hätte man das Land beinahe vergessen. Taldor und später Cheliax hielten Isger als ihren Vasallen und seine natürlichen Ressourcen sowie Talente ausgebeutet, ohne je viel im Gegenzug zu bieten. Resultierend daraus besitzt Isger fast keine Industrie, Befestigungen oder Entwicklung abseits des schmalen Landstrichs am Conerica. Als die Goblinblutkriege von 4697 bis 4701 AK ausbrachen, wurde ein Großteil der Region, der keine Defensiveinheiten, sondern nur überforderte lokale Milizen hatte, zerstört.
Während der Goblinblutkriege strömten hunderte von Goblinstämmen unter dem Befehl grausamer und disziplinierter Hobgoblinkommandanten aus den Zwitscherwald und überfluteten Isger, wobei sie alles in ihrem Weg zerstörten und verheerten. Obwohl die Goblinhorde schließlich von einer noch nie da gewesenen Allianz zwischen Cheliax, Druma und Andoran zurückgetrieben wurde, war der Tribut an verlorenem isgischen Leben und Reichtum enorm. Diese Verluste prägen das Land noch heute. Tausende isgische Kinder wurden durch den Krieg zu Waisen, denen die schwache, durch den Krieg gebeutelte Regierung nicht helfen konnte. Die Kirche des Asmodeus füllte diese Lücke und gründete ein Netzwerk von Waisenhäusern, in denen sie ihren jungen Schützlingen den unheiligen Glauben an den Erzteufel näherbringen. Diese Kinder beginnen ihre intensive Ausbildung in jungen Jahren, wodurch sie schnell schwierige Künste erlernen, wie beispielsweise den arkanen Kampfstil der Schwesternschaft der Goldenen Erinnyen.
Der Erfolg der Absolventen der Waisenhäuser blieb in Cheliax nicht unbemerkt. Bedingt durch die Schwächung des alten Reiches und der steigenden Anzahl der Feinde haben einige Chelier damit begonnen, Isger für Anlagemöglichkeiten und auch als Verteidigung gegen Andoran in Betracht zu ziehen. Die verstärkte chelische Präsenz wird von einigen begrüßt, von anderen stillschweigend akzeptiert, doch niemand kann abstreiten, dass Cheliax vielleicht zum ersten Mal daran interessiert sein könnte, seinen Vasallenstaat zu unterstützen. Es gibt sogar Gerüchte darüber, dass Isgers altgedienter Verwalter Hedvend VI. bald dazu gezwungen werden könnte, sein Amt aufzugeben. Obwohl Hedvend immer eine loyale rechte Hand war, hat Haus Thrune ob seiner Inkompetenz ungeduldig sowie den Wunsch geäußert, jemanden geeigneteren auf Isgers Thron zu setzen. Auf dieses Gerücht wird in Isger von den meisten Bewohnern mit Schulterzucken reagiert, hält man Hedvend doch vor allem für eine chelische Marionette, die dem Volk weder helfen kann, noch dies überhaupt will. Die überwucherten Reste von massakrierten Ortschaften und namenlosen Gräbern, die seit den Goblinblutkriegen missachtet wurden, sind ein stummer Beweis dafür.
Die Isger sind jedoch nicht die einzigen, die noch Narben der Goblinblutkriege tragen. Auch die Goblins zahlten einen schrecklichen Preis für ihren kurzen Triumph. Tausende von ihnen wurden in den letzten Schlachten massakriert und die siegreichen Armeen – und später rachsüchtige isgische Überlebende - brannten riesige Schneisen in den Zwitscherwald, um die Behausungen der Goblins zu zerstören. Aus dieser Not heraus entstand eine neue Art von goblinischen Anführern. Einige Goblinhäuptlinge, intelligenter und weitsichtiger als ihre Vorgänger, schlossen Allianzen untereinander und richteten diplomatische Offerten an nahegelegene isgischen Siedlungen. Da die Kriegswunden noch frisch sind, ist der Fortschritt der Stämme langsam. Sie konnten jedoch einige wechselseitige Verteidigungspakte mit nahegelegenen Städten schließen und haben damit begonnen, die Ansichten der Region über Goblins zu ändern. Isgers ländliche Städte und Dörfer, die es gewohnt sind, eigene Entscheidungen ohne jegliche Hilfe ihrer desinteressierten Regierung zu treffen, halten einige der Goblins sogar für verlässlicher als ihre eigenen nominellen Herren.
Diese Veränderung der Beziehungen entsteht aus der Notwendigkeit heraus. Untote plagen das Land schon lange, besonders abgelegenere Orte wie die Suchersschlucht oder die von Seuchen verwüsteten Ruinen der Gillaheide, wo verrottende und hungrige Zombies durch die verfallenden Häuser der Toten wanken. Kulte der Urgathoa vermehren sich entlang der blutgetränkten Schlachtfelder und der geschwärzten Überreste niedergebrannter Dörfer. Sie ernähren sich von der Angst und den Schmerzen, die noch immer in diesen heimgesuchten Stätten verweilen. Diese unheilvollen Kräfte sind seit den Goblinblutkriegen und (wie einige behaupten) seit Tar-Baphons Aufstieg immer stärker und zahlreicher geworden. Ob diese Gerüchte nun stimmen oder nicht, sicher ist, dass weder Goblins noch Menschen es sich leisten können, die steigende Bedrohung durch Untote in Isgers Hinterland noch viel länger zu ignorieren.
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