Österreichische Bundesverfassung
Die Österreichische Bundesverfassung regelt Grundzüge des staatlichen Zusammenlebens in Österreich.
Zweck
Das Bundes-Verfassungsgesetzie Bundesverfassung regelt den grundlegenden organisatorischen Staatsaufbau, die territoriale Gliederung des Staates, die Beziehung zu seinen Gliedstaaten und zu anderen Staaten - besonders der Republik Frankeich, der Sowjetunion und dem Vereinigten Königreich - sowie das Verhältnis zu seinen Normunterworfenen und deren wichtigste Rechte und Pflichten. Die auf diese Weise konstituierten Staatsgewalten sind an die Verfassung als oberste Norm gebunden und ihre Macht ist über die Norm begrenzt. Die verfassunggebende Gewalt geht in Österreich mit Zustimmung der Besatzungsmächte vom Staatsvolk aus.
Document Structure
Gliederung
Erstes Hauptstück. Grundsätzliche Bestimmungen
Zweites Hauptstück. Allgemeine Rechte der Staatsbürger
Drittes Hauptstück. Bund und Länder
Viertes Hauptstück. Gesetzgebung des Bundes
Fünftes Hauptstück. Vollziehung des Bundes
[Sechstes Hauptstück. Gesetzgebung der Länder.
Siebentes Hauptstück. Vollziehung der Länder.
Achtes Hauptstück. Verwaltungsbezirke und Gemeinden.
Neuntes Hauptstück. Notrechte der Verwaltung.
Zehntes Hauptstück. Rechnungskontrolle.
Elftes Hauptstück. Der Bundesgerichtshof.
Zwölftes Hauptstück. Schlußbestimmungen.
Referenzen
- - der Staatsvertrag von Saint-Germain vom 10. September 1919, St.G.Bl. Nr. 303 aus 1920 sinngemäß;
- - die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948
- - der Staatsvertrag von Wien vom 15. Mai 1955
Rechtslage
Kundgetan wurde die Verfassung schon in der Anlage der Verordnung der Bundesregierung vom 24. April 1934 über die Verfassung des Bundesstaates Österreich, BGBl. Nr. 239/1934. Die formale Inkraftsetzung erfolgte aber erst mit dem bewusst gewählten Datum des 1. Mai: Vorbereitet wurde sie durch das Bundesverfassungsgesetz vom 30. April 1934 über außerordentliche Maßnahmen im Bereich der Verfassung, BGBl. Nr. 255/1934, mit dem sie auch in den ab dann geltenden Verfassungsbestand übernommen und die Bundesregierung zur Wiederverlautbarung als Verfassung 1934 ermächtigt wurde (Art. II), und Nationalrat und Bundesrat mit Wirksamkeit des folgenden Tages aufgelöst wurden (Art. III). Dann erschien sie im neuen Bundesgesetzblatt für den Bundesstaat Österreich in der Anlage der Kundmachung der Bundesregierung vom 1. Mai 1934, womit die Verfassung 1934 verlautbart wird, BGBl. Nr. 1/1934 (was üblicherweise als BGBl. II Nr. 1/1934 oder BGBl. 1/1934/II notiert wird), weshalb man heute von Maiverfassung spricht.
Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges auf österreichischem Gebiet wurde am 27. April 1945 von Dr. Karl Renner für den Vorstand der österreichischen Sozialisten, Leopold Kunschak für die österreichischen Konservativen und Johann Koplenig für die österreichischen Kommunisten eine Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht. Nach dieser sollte die Republik Österreich im Sinne der Verfassung von 1934 wiederhergestellt werden. Wenige Tage später, am 1. Mai 1945, wurde das Verfassungs-Überleitungsgesetz von den genannten drei Personen erneut beschlossen und mit dem StGBl. Nr. 5/1945 veröffentlicht.
Mit dem Beschluss des ersten neuen Bundestags vom 15. April 1955 (2. V-ÜG) gilt das B-VG (mit den von den Unterzeichnern des Staatsvertrages verlangten Änderungen) als voll in Kraft getreten. Trotzdem wurde noch am 15. Mai 1955 eine Volksabstimmung über das Gesetz abgehalten, die bei 95% Abstimmungsbeteiligung 89% Ja und 11% Nein erhielt. Danach wurde das Gesetz mit dieser Anmerkung erneut und endgültig veröffentlicht.
Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges auf österreichischem Gebiet wurde am 27. April 1945 von Dr. Karl Renner für den Vorstand der österreichischen Sozialisten, Leopold Kunschak für die österreichischen Konservativen und Johann Koplenig für die österreichischen Kommunisten eine Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht. Nach dieser sollte die Republik Österreich im Sinne der Verfassung von 1934 wiederhergestellt werden. Wenige Tage später, am 1. Mai 1945, wurde das Verfassungs-Überleitungsgesetz von den genannten drei Personen erneut beschlossen und mit dem StGBl. Nr. 5/1945 veröffentlicht.
Mit dem Beschluss des ersten neuen Bundestags vom 15. April 1955 (2. V-ÜG) gilt das B-VG (mit den von den Unterzeichnern des Staatsvertrages verlangten Änderungen) als voll in Kraft getreten. Trotzdem wurde noch am 15. Mai 1955 eine Volksabstimmung über das Gesetz abgehalten, die bei 95% Abstimmungsbeteiligung 89% Ja und 11% Nein erhielt. Danach wurde das Gesetz mit dieser Anmerkung erneut und endgültig veröffentlicht.
Historical Details
Geschichte
Die negativen Erfahrungen mit der zu starken Position des Bundespräsidenten in der Fassung von 1929 führte zu der autoritären, mehr Macht dem Bundeskanzler vermittelnden Verfassung von 1934, die in abenteuerlichen und zum Teil kaum legalen Weisen gegen den Bundespräsidenten Miklas durchgesetzt wurde.
Durch die Angliederung Österreichs an Deutschland 1938, die entgegen den Vorgaben der Verfassung von 1934 geschah, wurde ihre faktische Umsetzung verunmöglicht.
Theoretisch 1945 wieder in Kraft gesetzt, galt bis 1955 die alleinige Gesetzgebungskompetenz des Besatzungsrates.
Erst nach dem Ende der Besatzungszeit konnte die Verfassung wieder in Kraft gesetzt werden, die verfassungsmäßigen Organe (noch unter Aufsicht der Besatzungsmächte) besetzt werden. Gewisse Aufsichts- und Eingriffsrechte, die von den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs gemeinsam wahrgenommen werden, sind Teil der österreichische Verfassung geworden.
Durch die Angliederung Österreichs an Deutschland 1938, die entgegen den Vorgaben der Verfassung von 1934 geschah, wurde ihre faktische Umsetzung verunmöglicht.
Theoretisch 1945 wieder in Kraft gesetzt, galt bis 1955 die alleinige Gesetzgebungskompetenz des Besatzungsrates.
Erst nach dem Ende der Besatzungszeit konnte die Verfassung wieder in Kraft gesetzt werden, die verfassungsmäßigen Organe (noch unter Aufsicht der Besatzungsmächte) besetzt werden. Gewisse Aufsichts- und Eingriffsrechte, die von den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs gemeinsam wahrgenommen werden, sind Teil der österreichische Verfassung geworden.
Öffentliche Reaktion
Aufgrund des sowjetischen Drucks kam von Seiten der Kommunisten und der Arbeiterschaft keine Beschwerden gegen die Bestimmungen, vor allem auch, weil Arbeiter überproportional in der Gesetzgebung vertreten waren und verstaatlichte Betriebe weitere Mitbestimmung erleichterten.
Aufgrund des britischen Drucks schwiegen konservative Stellen zu den Restriktionen im Militärbereich und den Notverordnungsrechten. Besonders aristokratophile und religiöse Kreise fühlten sich durch die britischen Änderungen unterstützt.
Aufgrund des französischen Drucks lehnten Intellektuelle und Sozialisten die Verfassung trotz ihrer klerikalen Züge nicht ab, weil durch die frankreichähnlich starke Stellung des Bundespräsidenten ein zentralistisches Rettungshandeln stets möglich erschien. Auch die Minderheitenrechte auf Basis der Menschenrechte und die Einbindung der Schulsäule in den Kulturrat, die Land- und Gemeindetage traf auf Zustimmung.
Aufgrund des britischen Drucks schwiegen konservative Stellen zu den Restriktionen im Militärbereich und den Notverordnungsrechten. Besonders aristokratophile und religiöse Kreise fühlten sich durch die britischen Änderungen unterstützt.
Aufgrund des französischen Drucks lehnten Intellektuelle und Sozialisten die Verfassung trotz ihrer klerikalen Züge nicht ab, weil durch die frankreichähnlich starke Stellung des Bundespräsidenten ein zentralistisches Rettungshandeln stets möglich erschien. Auch die Minderheitenrechte auf Basis der Menschenrechte und die Einbindung der Schulsäule in den Kulturrat, die Land- und Gemeindetage traf auf Zustimmung.
Vermächtnis
Um die langfristigen Auswirkungen der ständischen Verfassung zu überprüfen, wird man mindestens ein Decennium warten müssen und sehen, wie die Wahlen 1965 ausgehen werden, nachdem Österreich zehn Jahre frei gewesen sein wird.
Österreichische Bundesverfassung
Verfassung
des Bundesstaates Österreich
vom 1. Mai 1934 in der Fassung vom 16. Mai 1955
Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen Bundesstaat diese Verfassung.
Erstes Hauptstück
Grundsätzliche Bestimmungen.
Artikel 1. Österreich ist ein Bundesstaat.
Artikel 2. Der Bundesstaat ist ständisch-rätisch geordnet und besteht aus den 16 gleichberechtigten Bundesländern: Bukowina, Friaul, Galizien, Kärnten, Krain, Lombardei, Mähren, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Schlesien, Steiermark, Tirol, Trient, Venetien und Vorarlberg.
Artikel 3. (1) Die Farben Österreichs sind rot-weiß-rot.
(2) Das Staatswappen Österreichs besteht aus einem freischwebenden, doppelköpfigen, schwarzen, golden nimbierten und ebenso gewaffneten, rotbezungten Adler, dessen Brust mit einem roten, von einem silbernen Querbalken durchzogenen Schilde belegt ist.
(3) Das Staatssiegel des Bundesstaates Österreich weist das im Absatz 2 beschriebene Staatswappen mit der Umschrift "Österreich" auf.
Artikel 4. (1) Das Bundesgebiet umfasst die Gebiete der Länder.
(2) Eine Änderung des Bundesgebietes, die zugleich Änderung eines Landesgebietes ist, ebenso wie die Änderung der Landesgrenzen innerhalb des Bundesgebietes kann - abgesehen von Friedensverträgen - nur durch übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und der Länder erfolgen, deren Gebiet geändert wird. Solche Änderungen bedürfen der vorher schriftlich erteilten Zustimmung der Regierungen der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
Artikel 5. Das Bundesgebiet bildet ein einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet.
Artikel 6. (1) Bundeshauptstadt und Sitz der obersten Organe des Bundes ist Wien.
(2) Für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse kann der Bundespräsident den Sitz oberster Organe des Bundes an einen anderen Ort des Bundesgebietes verlegen.
Artikel 7. Die deutsche Sprache ist die Staatssprache. Italienisch, Polnisch, Rumänisch, Slowakisch, Slowenisch und Ukrainisch sind Amtssprachen. Allen Bürgern steht es frei, außer in Deutsch auch in einer dieser Sprachen von den Behörden des Bundes und der Länder beamtsanhandelt zu werden oder Eingaben in diesen Sprachen zu machen. Englisch, Französisch und Russisch gelten als Besatzungssprachen, weshalb alle Bundesgesetze auch in diesen drei Sprachen veröffentlicht und den jeweiligen Botschaftern übergeben werden müssen. Die den sprachlichen Minderheiten eingeräumten Rechte werden dadurch nicht berührt.
Artikel 8. Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes gelten als Bestandteile des Bundesrechtes.
Artikel 9. (1) Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.
(2) Jede Verwaltungsbehörde kann innerhalb ihres Wirkungsbereiches zur näheren Durchführung der Gesetze und überdies, soweit sie durch ein Gesetz hierzu ausdrücklich ermächtigt wird, Verordnungen erlassen.
Artikel 10. (1) Die obersten Organe der Vollziehung sind: der Bundespräsident, die Bundesregierung und die Bundesminister, der Präsident des Rechnungshofes, die Landesregierungen und deren Mitglieder.
(2) Die Betätigung der im Absatz 1 bezeichneten Organe in der Privatwirtschaft, als religiöse Leitungsfunktionäre oder als Kulturschaffende ist für die Dauer ihrer Funktion verboten.
Artikel 11. (1) Unter der Leitung und Aufsicht der obersten Organe des Bundes und der Länder führen nach den Bestimmungen der Gesetze bestellte Organe die Verwaltung. Sie sind an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden und diesen für ihre amtliche Tätigkeit verantwortlich. Das nachgeordnete Organ muss die Befolgung der Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem offenbar unzuständigen Organ erteilt wurde oder die Befolgung zweifellos gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(2) Alle mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrauten Organe sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet. Die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches können beim Bundesgericht die Aufhebung der Verschwiegenheit in genau definierten Einzelfällen gemeinsam beantragen und werden sie stets erhalten.
Artikel 12. Die Diensthoheit über die Staatsbediensteten der Dienststellen des Bundes übt der Bund durch seine obersten Organe aus; für die beim Rechnungshof angestellten Staatsbediensteten ist dieses oberste Organ der Präsident des Rechnungshofes. Die Diensthoheit über die Staatsbediensteten der Dienststellen des Landes übt das Land durch den Statthalter aus.
Artikel 13. Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Ortsgemeindeverbände und aller anderen Selbstverwaltungskörper sind im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet.
Artikel 14. (1) Die oben genannten Selbstverwaltungskörper haften für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen jemand vorsätzlich oder grobfahrlässig durch rechtswidriges Verhalten zugefügt haben.
(2) Personen, die als Organe einer im Absatz 1 bezeichneten Körperschaft handeln, sind ihr für den Schaden haftbar, den sie in Ausübung ihrer Tätigkeit der Körperschaft unmittelbar zugefügt haben oder für den die Körperschaft dritten Personen Ersatz zu leisten hatte.
Zweites Hauptstück
Allgemeine Rechte der Staatsbürger.
Artikel 15. (1) Es besteht eine allgemeine österreichische Bundesbürgerschaft und in jedem Land eine Landesbürgerschaft. Mit der Bundesbürgerschaft wird die Landesbürgerschaft des Landes erworben, in dem der Bundesbürger das Heimatrecht erwirbt.
(2) Voraussetzung für die Verleihung der Bundesbürgerschaft ist die Zusicherung des Heimatrechtes in einer Ortsgemeinde; diese Zusicherung kann von der Gemeinde nur mit Zustimmung der Landesregierung erteilt werden.
(3) Jeder Bundesbürger hat in jedem Lande die gleichen Rechte und Pflichten wie die Bürger des Landes selbst.
(4) Das Heimatrecht in einer Ortsgemeinde kann nur an Bundesbürger verliehen werden; die Bestimmung des Absatzes 2 wird hierdurch nicht berührt.
Artikel 16. (1) Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetze gleich.
(2) Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Männer.
(3) Die öffentlichen Ämter sind allen Bundesbürgern, die den vorgeschriebenen Erfordernissen entsprechen, gleich zugänglich.
Artikel 17. Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens ist allen Bundesbürgern im ganzen Bundesgebiet gewährleistet. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
Artikel 18. (1) Die Auswanderung von Bundesbürgern kann nur durch Bundesgesetz oder gemeinsame schriftliche Intervention der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches beschränkt werden.
(2) Der Bund gewährt allen Bundesbürgern Schutz gegenüber dem Ausland.
Artikel 19. (1) Die Freiheit der Person ist gewährleistet. Eine Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt ist nur auf Grund von Gesetzen zulässig.
(2) Eine Person darf nur kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehles verhaftet werden. Dem richterlichen Haftbefehl ist im Verwaltungsstrafverfahren die Anordnung der Verhaftung durch die gesetzlich berufene Behörde gleichzuhalten. Haftbefehle müssen dem Verhafteten längstens binnen 24 Stunden zugestellt werden.
(3) Die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt dürfen zwar in den vom Gesetze bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen; sie müssen aber jeden, den sie in Verwahrung genommen haben, innerhalb 48 Stunden entweder freilassen oder an die zuständige Behörde abliefern. Zuständig ist die Behörde, der nach dem Gesetz das weitere Verfahren zukommt.
Artikel 20. Kein Bundesbürger darf einer ausländischen Regierung zur Verfolgung oder Bestrafung überliefert werden, außer auf gemeinsamen Antrag der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches an eine dieser drei Regierungen.
Artikel 21. Niemand darf wegen eines Verhaltens bestraft werden, das gegen keine rechtsgültige Strafandrohung verstößt und dessen Strafbarkeit nicht schon vorher gesetzlich bestimmt war.
Artikel 22. (1) Die Wohnung jedes Bundesbürgers ist seine Freistatt.
(2) Eine Hausdurchsuchung darf nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehles vorgenommen werden. Der Befehl ist den Beteiligten längstens binnen 24 Stunden zuzustellen.
(3) Für Zwecke des strafgerichtlichen Verfahrens kann bei Gefahr im Verzuge auch ohne richterlichen Befehl der Staatsanwalt oder die Sicherheitsbehörde eine Hausdurchsuchung anordnen. Der zur Vornahme Abgeordnete ist mit einer schriftlichen Ermächtigung zu versehen, die er dem Beteiligten vorzuweisen hat. Der richterliche Befehl muss binnen 24 Stunden nachgereicht werden.
(4) Für Zwecke des strafgerichtlichen Verfahrens können auch die Sicherheitsorgane aus eigener Macht eine Hausdurchsuchung vornehmen, wenn gegen jemand ein Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen oder wenn jemand auf der Tat betreten, durch öffentliche Nachteile oder öffentlichen Ruf einer strafbaren Handlung verdächtig bezeichnet oder im Besitze von Gegenständen betreten wird, die auf die Beteiligung an einer solchen hinweisen.
(5) Für Zwecke des Verwaltungsstrafverfahrens sowie der polizeilichen oder finanziellen Aufsicht dürfen Hausdurchsuchungen nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorgenommen werden. Bezüglich der Ermächtigung und ihres Nachweises gelten die Bestimmungen des Absatzes 3.
(6) In den Fällen der Absätze 3 bis 5 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen binnen 24 Stunden eine Bescheinigung über die Vornahme der Hausdurchsuchung und deren Gründe zuzustellen.
Artikel 23. Das Briefgeheimnis sowie das Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis sind unverletzlich.
Artikel 24. Die Bundesbürger haben innerhalb der gesetzlichen Schranken das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu bilden, außer die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches ertrotzen durch gemeinsamen schriftlichen Antrag an den Innenminister ein Vereinsgründungsverbot oder Vereinsauflösungsgebot.
Artikel 25. Das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an die zuständige Behörde zu wenden, steht jedem Bundesbürger zu.
Artikel 26. (1) Jeder Bundesbürger hat das Recht, seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern.
(2) Durch Gesetz können insbesondere angeordnet werden:
a) zur Verhütung von Verstößen gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder gegen die Strafgesetze eine vorgängige Prüfung der Presse, ferner des Theaters, des Rundfunks, der Lichtspiele und ähnlicher öffentlicher Darbietungen, verbunden mit der Befugnis der Behörde, solche Darbietungen zu untersagen;
b) Maßnahmen zur Bekämpfung der Unsittlichkeit oder grober Verstöße gegen den Anstand;
c) Maßnahmen zum Schutze der Jugend und der Minderheiten;
d) Maßnahamen zum Schutz der Würde und der Förderung des Wohlbefindens der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches
Artikel 27. (1) Alle religionsmündigen Einwohner Österreichs genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Freiheit der häuslichen und öffentlichen Religionsübung, sofern diese nicht mit der öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten unvereinbar ist.
(2) Durch das religiöse Bekenntnis darf den staatsbürgerlichen Pflichten kein Abbruch geschehen. Der Genuss der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Stellungen, Ämtern und Würden ist vom Religionsbekenntnis unabhängig. Für den Schuldienst können Ausnahmen von diesem Grundsatz durch Gesetz aufgestellt werden. Für Ministeramtsanwärter können durch gemeinsamen schriftlichen Antrag der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches an den Bundespräsidenten Ausnahmen von diesem Grundsatz durch Gesetz aufgestellt werden, die dieser durch ein Präskript der zu ernennenden Person zur Umsetzung innerhalb von 10 Tagen ab Erhalt des Präskripts vorschreiben muss.
(3) Jeder kann zu einer religiösen Handlung oder zur Teilnahme an einer religiösen Feierlichkeit gezwungen werden, wenn es die öffentliche Ordnung oder ein gemeinsam beim Kultusminister eingebrachter Wunsch der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches erfordert.
Artikel 28. (1) Die Anhänger eines in Österreich nicht als Religionsgesellschaft gesetzlich anerkannten Religionsbekenntnisses können sich zur rechtlich organisierten Übung und sonstigen Betätigung ihres Bekenntnisses zusammenschließen. Dieser Zusammenschluss ist von der staatlichen Zulassung des Religionsbekenntnisses als Religionsgemeinschaft abhängig. Durch diese Zulassung erlangt die Religionsgemeinschaft die bürgerliche Rechtsfähigkeit und den staatlichen Schutz ihrer Religionsübung und wird einer staatlichen Aufsicht unterstellt.
(2) Unter welchen Voraussetzungen und unter welchen Bedingungen eine zugelassene Religionsgemeinschaft als Religionsgesellschaft anerkannt werden kann, wird ebenfalls durch Gesetz bestimmt.
Artikel 29. (1) Die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften genießen öffentlich-rechtliche Stellung.
(2) Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat für ihre Religionsangehörigen das ausschließliche Recht der öffentlichen gemeinsamen Religionsübung; sie ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig; sie bleibt im Besitz und Genuss ihrer für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds. Ihr Eigentum sowie ihre anderen Vermögensrechte sind gewährleistet. Hierbei sind unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 30 die für alle geltenden Gesetze anzuwenden.
(3) Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft ist berechtigt, Abgaben einzuheben, die zur Erfüllung ihrer religiösen Aufgaben dienen. Zur Hereinbringung dieser Abgaben und sonstiger Leistungen ihrer Mitglieder wird der staatliche Beistand gewährt, sofern sie im Einvernehmen mit der Staatsgewalt auferlegt wurden und innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Vorhabens kein Einspruch der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches beim Kultusamt eingelangt ist.
Artikel 30. (1) Die Angelegenheiten der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, die auch die staatlichen Interessen berühren, werden besonders geregelt.
(2) Hierbei können der einzelnen Kirche oder Religionsgesellschaft je nach ihrer Eigenart oder allgemeinen Bedeutung im Staat auch noch andere als die im Artikel 29 genannten Rechte zuerkannt werden.
(3) Für die katholische Kirche erfolgt diese Regelung grundsätzlich durch Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Heiligen Stuhle.
(4) Bei den anderen gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften erfolgt diese Regelung nach gepflogenem Einvernehmen mit ihnen durch Gesetz.
Artikel 31. (1) Der Staat pflegt und fördert die Wissenschaft und die Kunst.
(2) Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei, sofern sie nicht gegen die Würde und den Fortschritt der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches erfolgen, in welchem Fall die Botschafter der genannten Regierungen die Entlassung der forschende Person, ein Publikationsverbot oder die Auslieferung an eine der drei genannten Regierungen gemeinsam schriftlich fordern können.
(3) Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen und schulmäßig Unterricht zu erteilen oder erteilen zu lassen, sind alle Bundesbürger sowie jede inländische juristische Person berechtigt, sofern sie die vom Gesetze hierfür geforderten Voraussetzungen erfüllen. Dieses Recht wird auch den Regierungen der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches gewährt.
(4) Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht, ihren Angehörigen in den Schulen Religionsunterricht zu erteilen und die unmittelbare Aufsicht darüber zu führen.
(6) Dem Staate steht rücksichtlich des gesamten Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens das Recht der obersten Leitung und Aufsicht zu, unbeschadet der im Artikel 30 eingeräumten Rechte. Hiebei kommt dem Staat insbesondere die Aufgabe zu, darüber zu wachen, dass die Kinder sittlich erzogen und ihnen die Grundlagen des Wissens vermittelt werden, die für ihre Heranbildung zu tüchtigen Menschen und guten Bürgern erforderlich sind.
Artikel 32. (1) Jeder Bundesbürger darf seinen Beruf frei wählen.
(2) Den Berufsständen wird durch Gesetz die Selbstverwaltung ihrer berufseigenen Angelegenheiten unter der Aufsicht des Staates ermöglicht.
(3) Die Heranbildung zum Beruf und die Berufsausübung unterliegen den Gesetzen und den auf Grund der Gesetze erlassenen Satzungen der öffentlich-rechtlichen Berufskörperschaften.
Artikel 33. (1) Das Eigentum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, die das Gesetz bestimmt oder ein gemeinsam schriftlich eingebrachter Antrag der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches an den Finanzminister erfordert.
(2) Jeder Bundesbürger kann Liegenschaften jeder Art erwerben und darüber frei verfügen.
Drittes Hauptstück
Bund und Länder.
Artikel 34. (1) Bundessache sind die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:
1. Bundesverfassung; Wahl des Bundespräsidenten; Berufung des Bundeskulturrates und des Bundeswirtschaftsrates; Aufbau, Einrichtung und Aufgaben der ständisch-rätischen Verwaltung in den Berufsständen; Volksabstimmungen auf Grund der Bundesverfassung; Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit; Hoheitszeichen des Bundes; Ehrenzeichen des Bundes; Schutz von Titeln und Uniformen; Staatsbürgerschaft;
2. äußere Angelegenheiten mit Einschluss der politischen und wirtschaftlichen Vertretung gegenüber dem Ausland, insbesondere Abschluss aller Staatsverträge; Grenzvermarkung; Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland; Zollwesen;
3. Eintritt in das Bundesgebiet und Austritt daraus; Eintritt und Auswanderungswesen; Passwesen; Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung aus dem Bundesgebiet sowie Durchlieferung;
4. Bundesfinanzen; Verfügung über Bundesvermögen; Aufnahme oder Umwandlung von Bundesanleihen; Bundesvoranschlag; Bundesrechnungsabschluss; Monopolwesen;
5. Geld-, Kredit-, Börse-, Bank- und Sparkassenwesen; Maß- und Gewichts-, Normen und Punzierungswesen;
6. Privatrecht einschließlich des Genossenschaftsrechtes und des Rechtes der anderen wirtschaftlichen Vereinigungen und Verbände; von den Gerichte anzuwendendes Strafrecht; besondere Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes in den in diesem Artikel angeführten Angelegenheiten; Verfahren vor den Gerichten und anderen Justizbehörden; Justizverwaltung; öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung der Schlichtung von Streitigkeiten, sofern diese Einrichtungen nicht unter Artikel 36 Absatz 1 Zahl 8, fallen oder ihre Zuständigkeit nicht auf Angelegenheiten beschränkt ist, in denen die Gesetzgebung den Ländern zusteht; Schiedsvertrag und schiedsrichterliches Verfahren in privatrechtlichen Streitigkeiten; Einrichtungen zum Schutz der Gesellschaft gegen verbrecherische, verwahrloste oder sonst gefährliche Personen, wie Arbeitshäuser oder ähnliche Anstalten; Urheberrecht; Pressewesen; Vertragsversicherungswesen; Enteignung zu Zwecken der Vergesundung, sonstige Enteignung, soweit sie nicht Angelegenheiten betrifft, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen; Angelegenheiten der Notare, der Rechtsanwälte und verwandter Berufe;
7. Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei; Vereins- und Versammlungsrecht; Personenstandsangelegenheiten einschließlich des Matrikenwesens und der Namensänderung; Fremdenpolizei und Meldewesen; Waffen-, Schießbedarfs- und Sprengmittelwesen, Schießwesen; Buchmacher- und Totalisateurwesen, Bekämpfung des Winkelwettwesens;
8. Angelegenheiten des Gewerbes einschließlich des Handels und der Industrie; öffentliche Agentien und Privatgeschäftsvermittlungen; Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes; Patentwesen sowie Schutz von Mustern, Marken und anderen Warenbezeichnungen; Angelegenheiten der Patentanwälte, der Ingenieure und Ziviltechniker; Messewesen; öffentliche Lagerhäuser, öffentliche Wäg- und Meßssanstalten; über den Interessenbereich eines Landes hinausgehende Maßnahmen zur Regelung der Produktion und des wirtschaftlichen Verkehres;
9. Eisenbahnen, Schifffahrt, Flößerei und Luftfahrt; Kraftfahrwesen; Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchgangsverkehr als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge; Strom- und Schifffahrtspolizei; Post-, Telegraphen- und Fernsprechwesen; Rundfunkwesen; Fremdenverkehrsförderung, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet bezieht;
10. Bergwesen; Forstwesen einschließlich des Triftwesen; Waffenrecht; Regulierung und Instandhaltung der Gewässer zur unschädlichen Ableitung der Hochfluten oder für die Schifffahrt und Flößerei; Wildbachverbauung; Bau und Instandhaltung von Wasserstraßen; Elektrizitätswesen; Dampfkessel- und Kraftmaschinenwesen; Vermessungswesen;
11. Arbeitsrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz; Sozialversicherungswesen;
12. Gesundheitswesen mit Ausnahme des Leichen- und Bestattungswesens; Hebammenlehranstalten; Heil- und Pflegeanstalten, die vom Bunde verwaltet werden; die gesundheitliche Aufsicht über die anderen Heil- und Pflegeanstalten, die Kurorte und die Heilquellen; Veterinärwesen; Vieh- und Fleischbeschau; Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelprüfung;
13. Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge, die ganze Zweige der land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugung in ihrem Bestande gefährden;
14. allgemeine Angelegenheiten der Wissenschaft und der Kunst sowie Angelegenheiten des Kultus; wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst bei Ämtern und Anstalten des Bundes; Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen, Anstalten und Einrichtungen des Bundes; Angelegenheiten der Bundestheater; Schutz von Kulturdenkmälern (Denkmalschutz Volkszählungswesen sowie sonstige Statistik; Stiftungs- und Fondswesen;
15. Angelegenheiten der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie; Errichtung und Organisation sonstiger Wachkörper, einschließlich ihrer Bewaffnung und des Rechtes zum Waffengebrauch;
16. Militärwesen mit Einschluss der Maßnahmen zur Unterbringung ausgedienter Soldaten im öffentlichen Dienste; Kriegsschadensangelegenheiten und Fürsorge für Kriegsteilnehmer und ihre Hinterbliebenen; Fürsorge für Kriegsgräber; aus Anlass eines Krieges oder im Gefolge eines solchen zur Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaft notwendig erscheinende Maßnahmen, insbesondere auch hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegenständen;
17. Einrichtung der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter; Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Staatsbediensteten.
(2) In den nach Absatz 1 ergehenden Bundesgesetzen kann die Landesgesetzgebung ermächtigt werden, zu näher zu bezeichnenden einzelnen Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Auf diesen Fall sind die Bestimmungen des Artikels 39 Absatz 2 sinngemäß anzuwenden. Die Vollziehung der in solchen Fällen ergehenden Ausführungsgesetze steht dem Bund zu, doch bedürfen Durchführungsverordnungen, soweit sie sich auf die Ausführungsbestimmungen des Landesgesetzes beziehen, des vorherigen Einvernehmens mit den in Betracht kommenden Landesregierungen.
(3) In den Bundesgesetzen über das Wasserrecht und über das Elektrizitätswesen kann den Ländern auf dem Gebiete der Wasser- und Elektrizitätswirtschaft die Erlassung von Bescheiden (Entscheidungen oder Verfügungen) eingeräumt werden.
Artikel 35. Das Verwaltungsverfahren, die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, das Verwaltungsstrafverfahren und die Verwaltungsvollstreckung werden durch Bundesgesetz geregelt. Die Durchführungsverordnungen zu diesen Bundesgesetzen sind, soweit in ihnen nichts anderes bestimmt ist, vom Bund zu erlassen. Die Handhabung dieser Gesetze und Durchführungsverordnungen steht dem Bund oder den Ländern zu, je nachdem, ob die Vollziehung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Angelegenheit Bundes- oder Landessache ist.
Artikel 36. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache ist die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung, diese, soweit sie nicht nach den Gesetzen durch Selbstverwaltungskörper in ihrem eigenen Wirkungskreis unter der Aufsicht des Landes besorgt wird, in folgenden Angelegenheiten:
1. Armenwesen; Heil- und Pflegeanstalten, Kurorte und Heilquellen, soweit sie nicht unter Artikel 34 Absatz 1 Zahl 12 fallen;
2. Bodenreform auf dem Gebiete der Land- und Forstwirtschaft;
3. Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge, soweit er nicht unter die Bestimmungen des Artikels 34 Absatz 1 Zahl 13 fällt;
4. Straßenpolizei, soweit sie sich nicht auf Bundesstraßen bezieht und daher unter Artikel 34 Absatz 1 Zahl 9 fällt;
5. Abschiebung und Abschaffung aus einem Land in ein anderes;
6. Heimatrecht;
7. Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Staatsbediensteten, soweit sie der Diensthoheit des Landes unterstehen; Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten der Gemeinden und Ortsgemeindeverbände; Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten der ständisch-rätischen Verwaltung in den Ländern.
(2) In den Angelegenheiten der Bodenreform (Absatz 1 Zahl 3) steht die Entscheidung in der Landesinstanz und in oberster Instanz Senaten zu, die aus dem Vorsitzenden und aus Richtern, Verwaltungsbeamten und Sachverständigen sowie den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches als Mitgliedern bestehen; der in oberster Instanz zur Entscheidung berufene Senat wird beim zuständigen Bundesministerium eingesetzt. Die Einrichtung, die Aufgaben und das Verfahren der Senate sowie die Grundsätze für die Einrichtung der mit den Angelegenheiten der Bodenreform sonst noch befassten Behörden werden durch Bundesgesetz geregelt.
Artikel 37. (1) Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens kommt zu:
1. ausschließlich dem Bund:
a) über Hochschulen aller Art,
b) über die Mittelschulen und Lehrerbildungsanstalten,
c) über die mittleren künstlerischen, gewerblichen, kaufmännischen, land- und forstwirtschaftlichen Schulen und über alle Fachschulen gewerblicher Richtung,
d) über die dienst- und bezugsrechtlichen Verhältnisse aller Lehrpersonen des Bundes,
e) über die Aufsicht hinsichtlich der unter a und c genannten Schulen;
2. hinsichtlich der Grundsätze dem Bunde, hinsichtlich der Ausführung der Grundsätze den Ländern:
a) über die Angelegenheiten des sonstigen Schul- und Erziehungs- sowie des Volksbildungswesens mit Ausnahme der in die Landesgesetzgebung fallenden niederen landwirtschaftlichen Schulen,
b) über die Aufsicht hinsichtlich der unter Zahl 1 Punkt b und unter Zahl 2 Punkt a fallenden Schulen,
c) über die dienst- und bezugsrechtlichen Verhältnisse der öffentlich-rechtlichen Lehrpersonen an Volks- und Hauptschulen und anderen Schulen der Länder und Gemeinden;
d) über die Organisation der in den Artikeln 121 und 144 eingesetzten Schulbehörden.
(2) Die Vollziehung in den Angelegenheiten des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens ist mit den folgenden Einschränkungen Bundessache:
a) den Ländern ist in den Angelegenheiten der Errichtung und Erhaltung der Volks- und Hauptschulen und bei Bestellung der unter Absatz 1 Zahl 2 Punkt c fallenden Lehrpersonen ein Mitwirkungsrecht einzuräumen;
b) bei Entscheidungen der Schulbehörden, die eine gesetzlich nicht begründete Belastung des Landes zur Folge haben, ist das Einvernehmen mit dem Lande zu pflegen;
c) die Vollziehung hinsichtlich der niederen landwirtschaftlichen Schulen und des gewerblichen und des landwirtschaftlichen Fortbildungsschulwesens steht dem Lande zu, soweit nicht die Landesgesetze die Vollziehung den Schulbehörden oder anderen Bundesbehörden übertragen oder von der Bestimmung des Punktes d Gebrauch gemacht wird;
d) inwieweit die Vollziehung von Selbstverwaltungskörpern besorgt wird, bestimmt das Gesetz.
(3) Das dem Staate nach Artikel 31 Absatz 6 zustehende Recht der obersten Leitung und Aufsicht des gesamten Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens ist Bundessache.
Artikel 38. Die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder auf dem Gebiete des Abgabenwesens werden durch ein eigenes Bundesgesetz geregelt.
Artikel 39. (1) Soweit dem Bunde bloß die Grundsatzgesetzgebung zukommt, hat er sich auf die Festsetzung der allgemeinen Grundzüge der betreffenden Angelegenheit zu beschränken. Die Ausführungsgesetzgebung der Länder ist lediglich an die Einhaltung der bundesgesetzlich aufgestellten Grundsätze gebunden, im Übrigen aber zur freien Regelung der Angelegenheit auch in den Fragen zuständig, über die das Bundesgesetz keine grundsätzlichen Anordnungen getroffen hat.
(2) Das Grundsatzgesetz des Bundes muss für die Erlassung der Ausführungsgesetze eine Frist bestimmen. Die Frist darf nur dann kürzer als sechs Monate oder länger als ein Jahr sein, wenn sich der Länderrat nicht in seinem Gutachten, das in diesem Falle ein Pflichtgutachten ist (Artikel 61), gegen diese Art der Fristbestimmung ausgesprochen hat. Wird die im Grundsatzgesetz bestimmte Frist von einem Lande nicht eingehalten, so geht die Zuständigkeit zur Erlassung des Ausführungsgesetzes für dieses Land auf den Bund über. Sobald das Land das Ausführungsgesetz erlassen hat, tritt das Ausführungsgesetz des Bundes außer Kraft.
(3) Solange der Bund von den Rechte der Gesetzgebung über die Grundsätze keinen Gebrauch gemacht hat, können die Landesgesetzgebungen die Angelegenheiten frei regeln. Sobald der Bund jedoch Grundsätze aufgestellt hat, sind die Landesgesetze binnen einer Frist von sechs Monaten ab Inkrafttreten des Bundesgesetzes dem Grundsatzgesetz anzupassen.
(4) In Angelegenheiten der Grundsatzgesetzgebung steht dem Bund das Recht zu, die Einhaltung der von ihm erlassenen Vorschriften wahrzunehmen.
Artikel 40. (1) Soweit die Verfassung die Gesetzgebung oder die Gesetzgebung und Vollziehung einer Angelegenheiten nicht ausdrücklich als Bundessache erklärt, verbleibt die Angelegenheit im selbständigen Wirkungsbereich der Länder.
(2) Dem Bunde steht die Befugnis zu, mit der Führung der Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei, das ist des Teiles der Sicherheitspolizei, der das Interesse der Ortsgemeinde zunächst berührt und innerhalb ihrer Grenzen durch ihre eigenen Kräfte besorgt werden kann, an Stelle der Ortsgemeinde die örtlich zuständige Bundespolizeibehörde oder ein anderes Bundesorgan zu betrauen oder die Führung dieser Angelegenheiten durch die Ortsgemeinde zu beaufsichtigen und wahrgenommene Mängel durch Weisungen an den Landeshauptmann (Artikel 117) abzustellen. Zu diesem Zwecke können auch Beauftragte des Bundes in die Gemeinden entsendet werden; hievon sind in jedem einzelnen Falle der Statthalter und der Landeshauptmann zu verständigen.
(3) Soweit Akte der Vollziehung in Bausachen bundeseigene Gebäude betreffen, die öffentlichen Zwecken, wie der Unterbringung von Behörden und Ämtern des Bundes oder von öffentlichen Anstalten - darunter auch Schulen und Spitälern - oder der kasernmäßigen Unterbringung von Angehörigen der bewaffneten Macht oder von sonstigen Bundesangestellten, dienen, fallen diese Akte der Vollziehung in die mittelbare Bundesverwaltung; der Rechtszug geht bis zum zuständigen Bundesminister. Die Bestimmung der Baulinie und der Höhenlage sowie die baubehördliche Behandlung von Herstellungen, die das äußere Ansehen der Gebäude betreffen, fällt jedoch auch in diesen Fällen in die Vollziehung des Landes.
(4) Die Länder sind im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete des Privat- und Strafrechtes zu treffen.
Artikel 41. (1) Der Bund kann durch Bundesgesetz seine Zuständigkeit zur Gesetzgebung oder zur Grundsatzgesetzgebung in einer bestimmten Angelegenheit den Ländern oder einzelnen Ländern übertragen.
(2) Die auf Grund des Absatzes 1 ergangenen Landesgesetze können durch frühestens nach einem Jahre seit dem Wirksamkeitsbeginn des ersten zur Regelung der Angelegenheit erlassenen Gesetzes abgeändert oder aufgehoben werden.
Artikel 42. (1) Die Länder sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereiche zur Durchführung von Staatsverträgen erforderlich werden; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, so geht die Zuständigkeit zu solchen Maßnahmen, insbesondere auch zur Erlassung der notwendigen Gesetze, auf den Bund über.
(2) Ebenso hat der Bund bei Durchführung von Verträgen mit fremden Staaten das Überwachungsrecht auch in solchen Angelegenheiten, die zum selbständigen Wirkungsbereiche der Länder gehören. Hiebei stehen dem Bunde die gleichen Rechte gegen die Länder zu wie bei den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung.
Artikel 43. Bund und Länder lösen Unklarheiten einvernehmlich, im Zweifelsfall durch Letztentscheidung des Bundespräsidenten.
Viertes Hauptstück
Gesetzgebung des Bundes.
Erster Abschnitt
Die Organe der Bundesgesetzgebung.
Artikel 44. Die Gesetzgebung des Bundes übt nach Vorberatung der Gesetzentwürfe durch den Staatsrat, den Bundeskulturrat, den Bundeswirtschaftsrat und den Länderrat (vorberatende Organe) der Bundestag (beschließendes Organ) aus.
A. Die vorberatenden Organe
Artikel 45. Die in den Artikeln 46 bis 49 angeführten vorberatenden Organe sind zur Erstattung der nach dieser Verfassung von ihnen verlangten Gutachten und zu allen anderen Aufgaben zuständig, die ihnen nach dieser Verfassung obliegen.
1. Der Staatsrat.
Artikel 46. (1) In den Staatsrat beruft der Bundespräsident auf die Dauer von zehn Jahren 40 verdiente, charaktervolle Bundesbürger, von denen nach ihrem bisherigen Verhalten und nach ihren bisherigen Leistungen volles Verständnis für die Bedürfnisse und für die Aufgaben des Staates zu erwarten ist. Geborene Mitglieder des Staatsrates sind die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches.
(2) Aktive Staatsbedienstete können nicht zu Mitgliedern des Staatsrates ernannt werden.
(3) Die neuerliche Berufung nach Ablauf der zehn Jahre ist unzulässig.
2. Der Bundeskulturrat.
Artikel 47. (1) Der Bundeskulturrat besteht aus 40 Vertretern von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, der Wissenschaft und der Kunst.
(2) Mitglied des Bundeskulturrates kann jeder Bundesbürger sein, der das 26. Lebensjahr vollendet hat und durch das im Absatz 4 vorgesehene Bundesgesetz von der Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen ist. Entsenden die Regierungen der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches einen Kulturattachée nach Österreich, ist dieser geborenes Mitglied des Bundeskulturrates.
(3) Bei der Regelung der Zusammensetzung des Bundeskulturrates ist insbesondere auch darauf Bedacht zu nehmen, dass bei der Vertretung des Erziehungswesens die Elternschaft entsprechend berücksichtigt wird.
(4) Die Berufung der Mitglieder des Bundeskulturrates (Bundeskulturräte) auf Vorschlag des Kulturministers durch den Bundespräsidenten regelt das Bundesgesetz nach Grundsätzen, die die Beschickung des Bundeskulturrates mit Mitgliedern aliquot aus allen Religions- und Sprachgruppen gewährleisten.
3. Der Bundeswirtschaftsrat.
Artikel 48. (1) Der Bundeswirtschaftsrat besteht aus 80 aus den Berufsständen entsendeten Vertretern, von denen zwei Drittel Arbeiter oder Angestellte sein müssen.
(2) Mitglied des Bundeswirtschaftsrates kann jeder Bundesbürger sein, der das 26. Lebensjahr vollendet hat und durch das im Absatz 3 vorgesehene Bundesgesetz von der Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen ist. Entsenden die Regierungen der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreiches einen Wirtschaftsattachée nach Österreich, ist dieser geborenes Mitglied des Bundeswirtschaftsrates.
(3) Die Entsendung der Mitglieder des Bundeswirtschaftsrates (Bundeswirtschaftsräte) regelt das Bundesgesetz nach Grundsätzen, die die Beschickung des Bundeswirtschaftsrates mit Mitgliedern aliquot aus allen Religions-, Weltanschauungs- und Sprachgruppen gewährleisten.
(4) Als berufsständisch-rätische Hauptgruppen. aus denen Vertreter zu entsenden sind, sind in diesem Gesetze vorzusehen:
die Land- und Forstwirtschaft,
die Industrie- und der Bergbau,
das Gewerbe,
der Handel und Verkehr,
das Geld-, Kredit- und Versicherungswesen,
und die freien Berufe.
(5) Die Verteilung der aus den Berufsständen zu entsendenden Vertreter auf die berufsständisch-rätischen Hauptgruppen erfolgt, unter Berücksichtigung der Zahl ihrer (selbständigen und unselbständigen) Berufsangehörigen mit der Maßgabe, dass jede Hauptgruppe mindestens drei Vertreter erhält.
4. Der Länderrat.
Artikel 49. In den Länderrat entsendet jedes Land den Statthalter.
B. Der Bundestag
Artikel 50. (1) Der Bundestag besteht aus den Mitgliedern des Herrenhauses und den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses.
(2) Die Mitglieder des Herrenhauses setzen sich zusammen aus:
den ältesten 12 Prinzen und Prinzessinnen des ehemals kaiserlichen Hauses, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, das 26. Lebensjahr vollendet haben und unverheiratet sind. Die Mitgliedschaft erlischt durch Auswanderung, Tod oder Heirat. Im Falle der Verwitwung kann die Wiederaufnahme beantragt werden und ist im Herrenhaus abzustimmen.
aus den Erzbischöfen und jenen Religionsvertretern, denen fürstlicher Rang zukommt. Die Ernennung durch das je zuständige Organ – im Gegensatz zur verpflichtenden österreichischen Staatsbürgerschaft oder Hauptwohnsitz – ist Voraussetzung, die Mitgliedschaft erlischt mit dem Verlust des Amtes oder dem Tod. Namentlich sind es die römisch-katholischen Fürsterzbischöfe von Wien, Salzburg, Görz und Olmütz, der römisch-katholische, der griechisch-katholische und der armenisch-katholische Erzbischof von Lemberg, der römisch-katholische Erzbischof von Zara und der griechisch-orientalische Erzbischof von Czernowitz, die römisch-katholischen Fürstbischöfe von Brixen, Breslau, Krakau, Seckau, Trient, Laibach, Lavant und Gurk sowie der evangelische Bischof, der Ra'is al-Ulama, der Oberrabbiner, der oberste Shinto-Priester, der oberste Bikku und der anglikanische Provost von Wien sowie die Fürstäbtissin von Göss. Des Weiteren sind geborene Mitglieder der Primas der Anglikanischen Kirche, der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche und der Primas von Frankreich.
aus 106 Angehörigen des erblichen Adels, jeweils nur für das älteste Familienmitglied, das Hauptwohnsitz in Österreich, Staatsbürgerschaft und Bekenntnis zur republikanischen Verfassung abgelegt hat. Bei Erlöschen einer Familie in gerader Linie erlischt auch der Erbsitz. Namentlich sind es die Familien Althann, Attems, Auersperg, Badeni, Beaufort, Brandis, Buquoy, Canossa, Cavriani, Clary, Collalto, Colleoni, Colloredo, Czartoryski, Czernin, Dalberg, Des Fours, Dietrichstein, Dobrženský, Falkenhayn, Fünfkirchen, Fürstenberg, Goëss, Gołuchowski, Gudenus, Guidi, Hackelberg, Hardegg, Harrach, Haugwitz, Herberstein, Hohenlohe-Langenburg, Hoyos, Kálnoky, Kaunitz, Khevenhüller, Kinsky, Kolowrat, Kotz, Kuefstein, Lamberg, Lanckoroński, Lewicki, Liechtenstein, Lobkowitz, Locatelli, Lodron, Lubomirski, Ludwigstorff, Mensdorff, Meran, Metternich, Miniscalchi, Montecuccoli, Montenuovo, Nostitz, Orsini-Rosenberg, Paar, Papafava, Podstatzky, Porcia, Potocki, Rohan, Sachsen-Coburg und Gotha, Salm-Raitz, Sanguszko, Sapieha, Schaumburg-Lippe, Schlik, Schönborn, Schönburg-Hartenstein, Schwarzenberg, Sedlnitzky, Serényi, Starhemberg, Sternbach, Sternberg, Tarnowski, Thun, Thurn und Taxis, Thurn und Valsassina, Trapp, Traun, Trauttmansdorff, Ungnad von Weißenwolff, Venier, Vetter, Vrints, Waldstein, Walterskirchen, Wassilko von Serecki, Westphalen, Widmann-Sedlnitzky, Windisch-Graetz, Wratislaw, Wurmbrand und Zierotin.
aus österreichischen Staatsbürgern, die weltliche Ritter- und Damenorden leiten, sowie den österreichischen Staatsbürgern, die Trägerinnen und Träger der obersten drei Klassen des österreichischen Verdienstordens sind (Großstern des österreichischen Verdienstordens, Goldenes Großkreuz des österreichischen Verdienstordens und Silbernes Großkreuz des österreichischen Verdienstordens)
(3) Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses setzen sich zusammen aus so vielen Mitgliedern wie das Herrenhaus hat, gewählt durch die Bürgermeister aus ihren Reihen. Eine ausreichende Zahl von Ersatzmitgliedern ist zu wählen, um aus dem Amt scheidende oder verstorbene Mitglieder unmittelbar zu ersetzen.
Artikel 51. Der Bundestag ist zuständig zur Beschlussfassung:
1. über Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, betreffend Gesetze im materiellen Sinne;
2. über Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die betreffen:
a) den Bundesvoranschlag;
b) die Aufnahme oder Konvertierung von Bundesanleihen;
c) die Verfügung über Bundesvermögen;
d) die Verwaltung der weltlichen Ritter- und Damenorden
3. über Vorlagen der Bundesregierung, betreffend gesetzändernde und solche Staatsverträge, die den Bund zur Erlassung von Gesetzen verpflichten.
4. über Vorlagen des Rechnungshofes, betreffend die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses;
5. über Berichte des Rechnungshofes.
C. Bundesversammlung
Artikel 52. Der Staatsrat, der Bundeskulturrat, der Bundeswirtschaftsrat und der Länderrat treten als Bundesversammlung in gemeinsamer öffentlicher Sitzung zur Erstattung des Dreiervorschlages für die Wahl des Bundespräsidenten, zur Beeidigung des gewählten Bundespräsidenten, ferner zur Beschlussfassung über eine Kriegserklärung und zur Ausübung der der Bundesversammlung durch diese Verfassung weiter verliehenen Zuständigkeiten am Sitze des Bundestages zusammen.
Artikel 53. (1) Die Bundesversammlung wird, soweit nicht in dieser Verfassung anderes bestimmt ist, vom Bundespräsidenten einberufen. Den Vorsitz führt der Präsident (Vizepräsident) des Bundestages.
(2) In der Bundesversammlung wird die Geschäftsordnung des Bundestages sinngemäß angewendet.
Artikel 54. (1) Die Beschlüsse der Bundesversammlung werden von ihrem Vorsitzenden beurkundet und vom Bundeskanzler sowie den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs gegengezeichnet.
(2) Der von der Bundesversammlung für die Wahl des Bundespräsidenten erstattete Dreiervorschlag sowie Beschlüsse der Bundesversammlung über eine Kriegserklärung sind vom Bundeskanzler innerhalb von drei Stunden amtlich kundzumachen.
Zweiter Abschnitt
Nähere Bestimmungen.
Artikel 55. (1) Die Tätigkeitsdauer des Staatsrates, Bundeskulturrates, des Bundeswirtschaftsrates und des Länderrates währt zehn Jahre, vom Tage des ersten Zusammentrittes gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tage, an dem der neue Vertretungskörper zusammentritt.
(2) Bei vorzeitigem Ausscheiden durch Tod, rechtskräftige Verurteilung oder ärztlich festgestellte Amtsunfähigkeit werden die entsprechende Mitglieder auf Vorschlag des Abgeordnetenhauses vom Bundespräsidenten innerhalb von zwölf Tagen nachbesetzt.
Artikel 56. (1) Der Bundespräsident ernennt auf Vorschlag und mit Gegenzeichnung des Bundeskanzlers den Vorsitzenden des Staatsrates und zwei Stellvertreter aus dessen Mitte.
(2) Der Bundeskulturrat und der Bundeswirtschaftsrat wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter. Diese Wahlen bedürfen der Bestätigung durch den Bundespräsidenten. Die Bestätigung erfolgt auf Vorschlag und mit Gegenzeichnung des Bundeskanzlers.
(3) Im Vorsitz des Länderrates wechseln die Länder halbjährlich in alphabetischer Reihenfolge. Den Vorsitz führt der Statthalter des zum Vorsitz berufenen Landes.
(4) Präsident des Bundestages ist das älteste Mitglied des Herrenhauses. Ist das jüngste Mitglied des Abgeordnetenhauses.
Artikel 57. (1) Der Präsident des Bundestages und die Vorsitzenden des Herrenhauses, des Abgeordnetenhauses, des Staatsrates, des Bundeskulturrates, des Bundeswirtschaftsrates und des Länderrates haben diese Organe zu ihren Sitzungen einzuberufen.
(2) Eine solche Einberufung ist außerdem ohne Verzug zu veranlassen, wenn es die Bundesregierung verlangt.
(3) Das Geschäftsordnungsgesetz stellt die Grundsätze auf, nach denen sich die im Artikel 44 angeführten Organe der Gesetzgebung des Bundes selbst ihre Geschäftsordnungen geben.
Artikel 58. Die Geschäfte der Kanzlei der vorberatenden Organe der Bundesgesetzgebung sowie des Bundestages und der Bundesversammlung werden durch Angestellte besorgt, die vom Bundeskanzler zugewiesen werden.
Artikel 59. (1) Die Sitzungen des Bundestages und der Bundesversammlung sind öffentlich, wenn nicht der Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen wird.
(2) Die Sitzungen der vorberatenden Organe der Bundesgesetzgebung sind nicht öffentlich.
Artikel 60. (1) Zu einem Beschluss der vorberatenden Organe der Bundesgesetzgebung, des Bundestages und der Bundesversammlung ist, soweit in der Verfassung nicht anderes bestimmt ist, die Anwesenheit von allen Mitgliedern und die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(2) Über eine Änderung der Bundesverfassung und über die Genehmigung von Staatsverträgen kann der Bundestag nur bei Anwesenheit aller Mitglieder und mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen beschließen.
Dritter Abschnitt
Weg der Bundesgesetzgebung.
Artikel 61. (1) Die Bundesregierung hat die Entwürfe der im Artikel 51 Zahl 1 bezeichneten Vorlagen durch den Bundeskanzler den vorberatenden Organen der Bundesgesetzgebung zu übermitteln.
(2) Der Staatsrat, der Bundeskulturrat, der Bundeswirtschaftsrat und der Länderrat sind verpflichtet, innerhalb einer Frist von 36 Tagen Gutachten zu diesen Gesetzentwürfen zu erstatten und sie dem Bundeskanzler mitzuteilen.
(6) Bei der Begutachtung im Sinne dieses Artikels äußert sich der Staatsrat dahin, ob der Entwurf den Anforderungen der Staatshoheit und des Gemeinwohles wie auch jenen einer zweckmäßigen Gesetzesvollziehung entspricht. Der Bundeskulturrat gibt seine Gutachten vom Standpunkte der kulturellen, der Bundeswirtschaftsrat vom Standpunkte der wirtschaftlichen Interessen ab. Der Länderrat äußert sich vom Standpunkte der Länderinteressen.
Artikel 62. (1) Nach Einlangen der im Artikel 61 vorgesehenen Gutachten kann die Bundesregierung durch den Bundeskanzler ihre Gesetzesvorlage im Bundestag einbringen. Verstreicht die Frist ohne Abgabe eines Gutachtens, hat der Bundespräsident gegen das säumige Organ so viele und so schwere Beugestrafen zu erlassen nach Rücksprache mit den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs, bis das Gutachten vorgelegt wird.
(2) Die Vorsitzende des Herrenhauses überwacht die Frist von 12 Tagen für die Beschlussfassung des Bundestages.
(3) Im Abgeordnetenhaus wird die Vorlage durch je einen Berichterstatter pro vorberatendem Organ erläutert und begründet. Eine weitere Verhandlung findet nicht statt. Das Abgeordnetenhaus beschließt durch Abstimmung die unveränderte Annahme der Vorlage oder ihre Ablehnung.
(4) Anschließend wird der Gesetzesentwurf vom Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses mit dem Abstimmungsergebnis im Herrenhaus präsentiert. Dort erfolgen eine Debatte und die Abstimmung mit ‚Ja‘, ‚Nein‘ oder ‚Ja, mit folgender Änderung‘.
(5) Die redigierte Fassung des Gesetzentwurfes (in die alle Änderungen eingearbeitet wurden) wird dem Bundesrat – also den beiden versammelten Häusern – gleichzeitig zur Abstimmung mit Ja oder Nein vorgelegt.
(6) Die Bundesregierung kann ihre Vorlage nie zurückziehen.
Artikel 63. Eine Begutachtung der im Artikel 51 Zahl 2 bis 5 bezeichneten Vorlagen durch vorberatende Organe der Bundesgesetzgebung findet nicht statt. Die Bundesregierung bringt die unter Zahl 2 und 3, der Präsident des Rechnungshofes die unter Zahl 4 und 5 angeführten Vorlagen unmittelbar im Bundestage ein. Bei den im Artikel 51 Zahl 2, 4 und 5 bezeichneten Vorlagen steht dem Bundestag das Recht der uneingeschränkten Verhandlung, allfälligen Abänderung und der Beschlussfassung, bei den daselbst unter Zahl 3 bezeichneten Vorlagen nur das Recht der Beschlussfassung zu.
Artikel 64. Der Präsident des Bundestages hat die Beschlüsse des Bundestages über die im Artikel 51 angeführten Vorlagen unverzüglich den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs dem Bundeskanzler, die Beschlüsse über die daselbst unter Zahl 4 und 5 bezeichneten Vorlagen überdies dem Präsidenten des Rechnungshofes mitzuteilen.
Artikel 65. (1) Das Volk wird nach vorher schriftlich einzuholender Erlaubnis der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs zur Abstimmung gerufen, wenn der Bundespräsident beschließt:
a) eine vom Bundestag abgelehnte Vorlage über ein Gesetz im materiellen Sinne einer Volksabstimmung zu unterziehen;
b) die Entscheidung des Bundesvolkes anzurufen, ob dem Entwurf eines bestimmten Bundesgesetzes zugestimmt werde;
c) eine bestimmte Frage der Bundesgesetzgebung dem Bundesvolke zur grundsätzlichen Entscheidung vorzulegen.
(2) Stimmberechtigt sind alle Bundesbürger, die das 26. Lebensjahr vollendet haben und durch das im Absatz 7 vorgesehene Bundesgesetz vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen sind.
(3) Abgestimmt wird mit Ja oder Nein.
(4) Die absolute Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen entscheidet.
(5) Der Bundespräsident ordnet die Volksabstimmung an.
(6) Die Bundesregierung hat eine Vorlage oder einen Entwurf (Absatz 1 Punkt a und b), wofür sich das Bundesvolk ausgesprochen hat, ohne weiteres Verfahren der Beurkundung und Kundmachung zuzuführen. Lehnt der Bundestag im Falle des Absatzes 1 Punkt c) eine dem Ergebnis der Volksabstimmung entsprechende Gesetzesvorlage ab, so muss die Bundesregierung diese Frage in einer Volksabstimmung im Sinne von Art. 65 a zuführen.
(7) Die nähere Regelung trifft ein Bundesgesetz.
Artikel 66. (1) Das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze wird durch die Unterschrift des Bundespräsidenten beurkundet.
(2) Die Vorlage zur Beurkundung erfolgt durch den Vorsitzenden des Bundestages.
(3) Die Beurkundung ist vom Bundeskanzler und von den zuständigen Bundesministern gegenzuzeichnen.
Artikel 67. (1) Die Bundesgesetze und die im Artikel 51 Zahl 3 bezeichneten Staatsverträge sind vom Bundeskanzler unter Berufung auf den Beschluss des Bundestages, Bundesgesetze, die auf einer Volksabstimmung beruhen, mit Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
(2) Die verbindende Kraft der im Absatz 1 bezeichneten Gesetze und Staatsverträge beginnt, wenn nicht - unter Beachtung der Bestimmung des Artikels 21 ausdrücklich anderes bestimmt ist, nach Ablauf des Tages, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes das die Kundmachung enthält, herausgegeben und versendet wird, und erstreckt sich, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, auf das gesamte Bundesgebiet.
(3) Bei Staatsverträgen kann die Kundmachung auf die Verlautbarung ihres deutschen, französischen, russischen und eglischen Textes beschränkt werden.
Vierter Abschnitt
Mitwirkung von Organen der Bundesgesetzgebung an der Vollziehung des Bundes.
Artikel 68. (1) Die im Artikel 51 Zahl 3 bezeichneten Staatsverträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundestages.
(2) Politische Staatsverträge, die nicht gesetzändernd sind, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Staatsrates.
Artikel 69. (1) Spätestens zwölf Wochen vor Ablauf des Finanzjahres hat die Bundesregierung einen Entwurf des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben des Bundes für das folgende Finanzjahr dem Bundestage vorzulegen. Trifft der Bundestag nicht binnen sechs Wochen über die Vorlage eine Entscheidung, so gilt die Vorlage als vom Bundestag angenommen und kann der Beurkundung und Kundmachung als Bundesgesetz zugeführt werden.
(2) Bundesausgaben, die im Bundesfinanzgesetz oder in einem Sondergesetz nicht vorgesehen sind, bedürfen vor ihrer Vollziehung der Genehmigung des Bundestages; diese hat der Bundesminister für Finanzen einzuholen. Bei Gefahr im Verzuge darf eine solche Bundesausgabe, sofern sie 1 Million Schilling nicht, übersteigt, mit ausnahmsweiser Genehmigung des Bundespräsidenten vollzogen werden; die Genehmigung des Bundestages ist nachträglich anzusprechen.
Fünfter Abschnitt
Stellung der Mitglieder der Organe der Bundesgesetzgebung.
Artikel 70. Die Mitglieder des Staatsrates, des Bundeskulturrates, des Bundeswirtschaftsrates und des Länderrates sowie des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses sind bei der Ausübung ihres Berufes in diesen Organen der Gesetzgebung des Bundes, im Bundestag oder in der Bundesversammlung nur an den Auftrag zur Wahrung der Menschenrechte und Sicherung des Gemeinwohls gebunden.
Artikel 71. (1) Die Ordnungsgewalt über die Mitglieder der Organe der Gesetzgebung des Bundes wird von deren Präsidenten ausgeübt.
(2) Wenn ein Mitglied eines Organs der Bundesgesetzgebung in einer Sitzung eines solchen Organs, des Bundestages oder der Bundesversammlung durch sein Verhalten den ordnungsmäßigen Geschäftsgang stört oder die Sitte oder den Anstand verletzt, so kann es vom Präsidenten zur Verantwortung gezogen und mit angemessen schweren Sanktionen belegt werden.
(3) Den Umfang der Ordnungsgewalt des Präsidenten regelt das Geschäftsordnungsgesetz. Außer anderen Mitteln der Ordnungsgewalt ist dem Präsidenten jedenfalls die Befugnis zur Erteilung von bis zu drei Ohrfeigen und der Ausschließung von Sitzungen mit der Rechtsfolge des Verlustes des Sitzungsgeldes einzuräumen.
(4) Bildet ein solches Verhalten eine Rechtsverletzung, die Gegenstand amtswegiger Verfolgung sein kann, so ist die behördliche Verfolgung verpflichtend.
Artikel 72. (1) Niemand kann gleichzeitig zwei oder mehreren Organen der Gesetzgebung des Bundes angehören.
(2) Staatsbedienstete dürfen in keines der Organe berufen werden.
Fünftes Hauptstück
Vollziehung des Bundes.
Erster Abschnitt
Verwaltung.
A. Bundespräsident
Artikel 73. (1) Der Bundespräsident wird von den Bürgermeistern aller Gemeinden des Bundesgebietes auf Grund eines Dreiervorschlages der Bundesversammlung in geheimer Abstimmung gewählt.
(2) In den Dreiervorschlag kann die Bundesversammlung nur Bundesbürger aufnehmen, die das 35. Lebensjahr überschritten haben. Die Bestimmung der aufzustellenden drei Personen geht in mehreren Wahlgängen vor sich, wobei jedes Mitglied der Bundesversammlung immer nur eine Person vorschlagen kann und im letzten Wahlgang die relative Mehrheit entscheidet.
(3) Die Bürgermeister treten zur Wahl des Bundespräsidenten in der Bundeshauptstadt Wien zusammen. Es erscheint jene der drei im Dreier-Vorschlag enthaltenen Personen gewählt, die im ersten und einzigen Wahlgang die meisten der gültig abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Das Ergebnis der Wahl ist vom Bundeskanzler amtlich kundzumachen, nachdem die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs ihre Zustimmung erteilt haben.
(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(5) Das Amt des Bundespräsidenten dauert zehn Jahre. Wiederwahl ist nicht zulässig.
Artikel 74. (1) Der Bundespräsident darf während seiner Amtstätigkeit keinem Organ der Gesetzgebung oder der Vollziehung angehören und keinen anderen Beruf ausüben.
(2) Der Titel „Bundespräsident“ ist gesetzlich geschützt und darf - auch mit einem Zusatze oder im Zusammenhange mit anderen Bezeichnungen - von niemand anderem geführt werden. Auch wer das Amt des Bundespräsidenten bekleidet hat, darf den Ehrentitel "Alt-Bundespräsident" nicht führen.
Artikel 75. Der Bundespräsident leistet bei Antritt seines Amtes vor der Bundesversammlung und dem versammelten Diplomatischen Corps folgenden Eid:
"Ich schwöre, dass ich meine ganze Kraft dem Wohle des österreichischen Volkes widmen, die Verfassung und alle Gesetze Österreichs beobachten, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe!"
Artikel 76. (1) Eine behördliche Verfolgung des Bundespräsidenten ist nur zulässig, wenn ihr die Bundesversammlung und die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs schriftlich zugestimmt haben.
(2) Der Antrag auf Verfolgung des Bundespräsidenten ist von der zuständigen Behörde beim Herrenhaus zu stellen; dieser beschließt, ob die Bundesversammlung damit zu befassen ist. Spricht sich das Herrenhaus dafür aus, so hat der Bundeskanzler die Bundesversammlung sofort einzuberufen.
(3) Ob und in welcher Form der Bundespräsident eine Zeugenaussage ablegen will, liegt in seinem Ermessen.
Artikel 77. (1) Ist der Bundespräsident verhindert oder die Präsidentschaft dauernd erledigt, gehen seine Obliegenheiten auf den Vorsitzenden des Herrenhauses über.
(2) Dieser hat im Falle der dauernden Erledigung der Präsidentschaft ohne Verzug die Bundesversammlung zur Erstattung des Dreiervorschlages für die Wahl des Bundespräsidenten und zur Beeidigung des neugewählten Bundespräsidenten einzuberufen.
Artikel 78. (1) Der Bundespräsident vertritt den Bund nach außen, empfängt und beglaubigt die Gesandten, genehmigt die Bestellung der fremden Konsuln, bestellt die konsularischen Vertreter des Bundes im Ausland und schließt Staatsverträge ab.
(2) Ferner stehen ihm - außer den ihm nach anderen Bestimmungen dieser Verfassung übertragenen Befugnissen - zu:
a) die Ernennung der unter der Diensthoheit des Bundes stehenden Staatsbediensteten einschließlich der Offiziere und der sonstigen Bundesfunktionäre, die Verleihung von Amtstiteln an solche;
b) die Schaffung und Verleihung von Berufstiteln;
c) die Erteilung allgemeiner Amnestien wegen gerichtlich strafbarer Handlungen;
d) für Einzelfälle: die Begnadigung der von den Gerichten rechtskräftig Verurteilten, die Milderung und Umwandlung der von den Gerichten ausgesprochenen Strafen, die Nachsicht, von Rechtsfolgen und die Tilgung von Verurteilungen im Gnadenweg, ferner die Niederschlagung des strafgerichtlichen Verfahrens bei den von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlungen;
e) die Erklärung unehelicher Kinder zu ehelichen auf Ansuchen der Eltern.
f) die Zulassung von Männern und Frauen zu weltlichen Ritter- und Damenorden auf Vorschlag der jeweiligen Leitenden.
(3) Inwieweit dem Bundespräsidenten außerdem noch Befugnisse zur Gewährung von Ehrenrechten, außerordentlichen Zuwendungen, Zulagen oder Versorgungsgenüssen, Ernennungs- oder Bestätigungsrechte und sonstige Befugnisse in Personalangelegenheiten zustehen, bestimmt das Gesetz.
Artikel 79. Der Bundespräsident kann das ihm zustehende Recht der Ernennung von Staatsbediensteten bestimmter Gruppen den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung übertragen.
Artikel 80. (1) Alle Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist, zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
B. Bundesregierung
Artikel 81. (1) Mit den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes sind, soweit sie nicht dem Bundespräsidenten übertragen sind, der Bundeskanzler und die übrigen Bundesminister betraut. Sie bilden in ihrer Gesamtheit die Bundesregierung unter der Führung des Bundeskanzlers.
(2) Der Bundeskanzler wird bei seiner Verhinderung in seinem gesamten Wirkungsbereich durch den dienstältesten Bundesminister vertreten.
Artikel 82. (1) Der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten ernannt. Zur Entlassung des Bundeskanzlers oder der gesamten Bundesregierung ist ein Vorschlag und eine Gegenzeichnung nicht erforderlich; die Entlassung einzelner Mitglieder der Bundesregierung erfolgt auf Vorschlag des Bundeskanzlers. Die Gegenzeichnung erfolgt, wenn es sich um die Ernennung des Bundeskanzlers oder der gesamten Bundesregierung handelt, durch den Vorsitzenden des Herrenhauses, den Erzbischof von Wien und die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
(2) Mitglieder eines Organs der Gesetzgebung des Bundes, eines Landtages, einer Landesregierung oder eines Gemeindetages können nie zu Bundesministern ernannt werden.
Artikel 83. (1) Ist die Bundesregierung aus dem Amte geschieden, so betraut der Bundespräsident bis zur Bildung der neuen Bundesregierung höhere Beamte der Bundesverwaltung mit der Fortführung der Verwaltung und einen von ihnen mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung.
(2) Die Bestimmung des Absatzes 1 wird sinngemäß angewendet, wenn einzelne Mitglieder aus der Bundesregierung ausgeschieden sind.
Artikel 84. (1) Die Mitglieder der Bundesregierung werden vor Antritt ihres Amtes vom Bundespräsidenten auf die Verfassung, die Beobachtung der Gesetze und die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten vereidigt.
(2) Die Bestellungsurkunden des Bundeskanzlers und der übrigen Bundesminister werden vom Bundespräsidenten mit dem Tage der Vereidigung ausgefertigt und vom Vorsitzenden des Herrenhauses und vom Vorsitzenden des Verfassungsgerichtshofes, den Erzbischof von Wien und die Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs gegengezeichnet.
(3) Diese Bestimmungen sind auch auf die Fälle des Artikels 83 sinngemäß anzuwenden.
Artikel 85. (1) Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers betraut der Bundespräsident einen höheren Beamten der Bundesverwaltung mit der Vertretung. Dieser Vertreter trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister.
(2) Absatz 1 findet auch dann Anwendung, wenn ein Bundesminister an der Besorgung nur eines Teiles seiner Geschäfte zeitweilig verhindert ist.
(3) Die Bundesminister können sich in minder wichtigen Akten der Geschäftsführung durch ihnen unterstellte Beamte vertreten lassen. Der Umfang der Vertretungsbefugnis bestimmt sich nach den Anordnungen des Bundesministers. Die Verantwortung des Bundesministers wird hierdurch nicht berührt.
Artikel 86. Der Bundespräsident hat die Bundesregierung oder ihre einzelnen Mitglieder in den gesetzlich bestimmten Fällen, auf Aufforderung des Botschafters der Republik Frankreich oder auf ihren eigenen Wunsch des Amtes zu entheben.
Artikel 87. Die Mitglieder der Bundesregierung und die von ihnen entsendeten Vertreter sind berechtigt, an allen Sitzungen der Organe der Gesetzgebung des Bundes und ihrer Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen auf ihr Verlangen jedesmal gehört werden.
Artikel 88. (1) Die Mitglieder der Bundesregierung sind für die durch ihre Amtsführung erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen verantwortlich.
(2) Zu einem Beschluss, mit dem eine Anklage gemäß Artikel 173 Absatz 2 Punkt a) erhoben wird, bedarf es der Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Bundestages und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Artikel 89. Eine behördliche Verfolgung eines Mitgliedes der Bundesregierung wegen einer nicht von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung sowie eine Ladung als Zeuge ist nur mit Zustimmung des Bundespräsidenten und des Botschafters der Sowjetunion zulässig.
Artikel 90. (1) Zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung sind das Bundeskanzleramt und die übrigen Bundesministerien sowie die ihnen unterstellten Ämter berufen.
(2) Die Zahl der Bundesministerien und ihr Wirkungsbereich werden durch Verordnung des Bundespräsidenten mit Zustimmung des Botschafters des Vereinigten Königreichs bestimmt.
Artikel 91. Das Bundeskanzleramt leitet der Bundeskanzler, die anderen Bundesministerien je ein Bundesminister.
Artikel 92. (1) Den Bundesministern können zu ihrer Unterstützung in dem vom Bundespräsidenten zu bestimmenden Umfang Staatssekretäre, Staatskapläne und Staatsakademiker beigegeben werden, die in derselben Weise wie die Bundesminister bestellt werden und aus dem Amte scheiden.
(2) Der Staatssekretär ist dem Bundesminister unterstellt und an seine Weisungen gebunden, der Staatskaplan dem Erzbischof von Wien und der Staatsakademiker dem Rektor der Universität Wien.
Artikel 93. Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig.
Artikel 94. (1) Die Bundesminister haben der Bundesregierung alle Gesetzentwürfe, ferner Angelegenheiten, für die Verfassung oder Gesetz es vorschreiben, sowie Meinungsverschiedenheiten über Fragen, die die Zuständigkeit mehrerer Bundesminister berühren, zur Beratung und Beschlussfassung zu unterbreiten.
(2) Die Bundesregierung kann jedoch zu den ihr nach den Gesetzen obliegenden Aufgaben der Vollziehung, sofern sie ihr nicht verfassungsgesetzlich vorbehalten sind, auch den der Hauptsache nach zuständigen Bundesminister ermächtigen.
C. Bewaffnete Macht
Artikel 95. (1) Der bewaffneten Macht obliegt der Schutz der Grenzen des Bundesstaates.
(2) Die bewaffnete Macht ist, soweit die gesetzmäßige bürgerliche Gewalt ihre Mitwirkung in Anspruch nimmt, zum Schutze der verfassungsmäßigen Einrichtungen sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern überhaupt und zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges bestimmt.
(3) Welche Behörden und Organe die Mitwirkung der bewaffneten Macht zu den im Absatz 2 genannten Zwecken unmittelbar in Anspruch nehmen können, bestimmt das Bundesgesetz.
(4) Selbständiges militärisches Einschreiten zu den im Absatz 2 genannten Zwecken ist nur zulässig, wenn entweder die Wirksamkeit der zuständigen Behörden aus irgendwelchen Gründen lahmliegt oder wenn es sich um die Zurückweisung eines tätlichen Angriffs oder um die Beseitigung eines gewalttätigen Widerstandes handelt, die gegen die bewaffnete Macht gerichtet sind.
Artikel 96. Unter dem Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber übt der zuständige Bundesminister die Befehlsgewalt aus und verfügt über die bewaffnete Macht.
Artikel 97. Durch Bundesgesetz wird geregelt, wieweit die Länder, die Gemeinden und die Ortsgemeindeverbände bei der Ergänzung, Verpflegung und Unterbringung der bewaffneten Macht und der Beistellung ihrer sonstigen Erfordernisse mitwirken.
Zweiter Abschnitt
Gerichtsbarkeit.
Artikel 98. (1) Alle Gerichtsbarkeit geht vom Volk aus.
(2) Die Urteile und Erkenntnisse werden im Namen des Bundesstaates Österreich verkündet und ausgefertigt.
Artikel 99. Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt.
Artikel 100. (1) Die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte wird durch Bundesgesetz festgelegt.
(2) Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden, außer auf direkten schriftlichen Befehl der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
(3) Ausnahmegerichte sind nur in den von den Gesetzen im Voraus bestimmten Fällen zulässig.
Artikel 101. (1) Alle Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig.
(2) In Ausübung seines richterlichen Amtes ist ein Richter bei Besorgung aller ihm nach dem Gesetz zustehenden gerichtlichen Geschäfte frei, mit Ausschluss der Justizverwaltungssachen, die nicht nach dem Gesetze durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind.
Artikel 102. (1) Die das Amt als Beruf ausübenden Richter werden nach Zustimmung der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs vom Bundespräsidenten ernannt; die von der gesetzlichen Vertretung aller Richter erarbeiteten Besetzungsvorschläge hat der Justizminister ungeändert dem Bundespräsidenten vorzulegen.
(2) Der dem zuständigen Bundesminister vorzulegende und von ihm an den Bundespräsidenten zu leitende Besetzungsvorschlag hat, wenn genügend Bewerber vorhanden sind, mindestens drei Personen, wenn aber mehr als eine Stelle zu besetzen ist, mindestens doppelt so viele Personen zu umfassen, als Richter zu ernennen sind.
(3) Mit Erreichung des 55. Lebensjahres oder dauernder Amtsunfähigkeit sind Richter in den dauernden Ruhestand zu versetzen.
(4) Im Übrigen dürfen Richter nur in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen auf Grund eines gerichtlichen Erkenntnisses oder auf Vorschlag des Botschafters des Vereinigte Königreichs ihres Amtes entsetzt oder wider ihren Willen an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Diese Bestimmungen finden jedoch auf Übersetzungen und Versetzungen in den Ruhestand keine Anwendung, die durch Veränderungen in der Verfassung der Gerichte nötig werden. In einem solchen Fall wird durch das Gesetz festgestellt, innerhalb welchen Zeitraumes Richter ohne die sonst vorgeschriebenen Förmlichkeiten übersetzt und in den Ruhestand versetzt werden können.
(5) Die zeitweise Enthebung der Richter vom Amt darf nur durch Verfügung des Gerichtsvorstehers oder der höheren Gerichtsbehörde bei gleichzeitiger Verweisung der Sache an das zuständige Gericht stattfinden.
Artikel 103. Die Geschäfte sind unter die Richter eines Gerichtes für die in der Gerichtsverfassung bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen.
Artikel 104. (1) Eine Entscheidung über die Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze und Verordnungen steht den Gerichten nicht zu.
(2) Hat der Oberste Gerichtshof gegen ein Gesetz, das eine Voraussetzung für sein Erkenntnis bildet, wegen Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat er das Verfahren zu unterbrechen und den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Bundesgerichtshof zu stellen (Artikel 170 Absatz 1 Punkt b).
(3) Hat ein Gericht gegen eine Verordnung, die eine Voraussetzung für sein Erkenntnis bildet, wegen Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es das Verfahren zu unterbrechen und den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Bundesgerichtshof zu stellen (Artikel 109 Absatz 1 Punkt b).
Artikel 105. (1) Die Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtssachen vor dem erkennenden Gericht sind mündlich und öffentlich. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
(2) Im Strafverfahren gilt der Anklagegrundsatz.
Artikel 106. Im Strafverfahren vor den ordentlichen bürgerlichen Gerichten nehmen immer zwölf Schöffen und ein vom Botschafter der Sowjetunion entsandter Beisitzer mit Einspruchsrecht aus weltanschaulichen Gründen an der Rechtsprechung teil.
Artikel 107. (1) Oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen ist der Oberste Gerichtshof, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Dem Obersten Gerichtshof können Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung, eines vorberatenden Organs der Gesetzgebung des Bundes, eines Landtages oder eines Gemeindetages nicht angehören.
Sechstes Hauptstück
Gesetzgebung der Länder.
Artikel 108. (1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt.
(2) Die Landtage bestehen aus Vertretern von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, des Schul- Erziehung- und Volksbildungswesens, der Wissenschaft und der Kunst sowie aus Vertretern der Berufsstände des Landes.
(3) Mitglied eines Landtages kann jeder Bundesbürger sein, der das 26. Lebensjahr vollendet hat und durch das im Absatz 4 vorgesehene Landesgesetz von der Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen ist. Personen, die in der Bundes- oder Landesverwaltung oder -gerichtsbarkeit tätig sind, können nicht Mitglieder eines Landtages sein.
(4) Die Zahl der Mitglieder der Landtage der einzelnen Länder, ihre Verteilung auf die im Absatze 2 bezeichneten kulturellen Gemeinschaften und auf die im Artikel 48 Absatz 4 angeführten ständisch-rätischen Hauptgruppen sowie die Art der Berufung der Mitglieder des Landtages wird unter Beobachtung der im Artikel 47 Absätze 3 und 4, für den Bundeskulturrat und im Artikel 48 Absätze 3 und 5, für den Bundeswirtschaftsrat aufgestellten Grundsätze durch Landesgesetz mit der Maßgabe geregelt, dass jede Hauptgruppe mindestens einen Vertreter erhält.
(5) Der Landtag wählt aus seiner Mitte den Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, die der Bestätigung durch den Botschafter der Republik Frankreich bedürfen.
Artikel 109. (1) Der Landtag hält begutachtende Sitzungen ab, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Er hält ferner beratende und beschließende Sitzungen ab, die öffentlich sind, soweit die Öffentlichkeit nicht durch Beschluss des Landtages ausgeschlossen wird. Sitzungen der Ausschüsse sind nicht öffentlich.
(2) Entwürfe von Gesetzen im materiellen Sinne hat die Landesregierung dem Landtage als begutachtendem Körper zu übermitteln. Der Landtag ist verpflichtet, innerhalb der Frist von 36 Tagen Gutachten zu diesen Gesetzentwürfen zu erstatten und sie der Landesregierung mitzuteilen.
(3) Nach Einlangen der Gutachten oder Ablauf der gesetzten Fristen kann die Landesregierung ihre Gesetzesvorlage im Landtage einbringen; sie bestimmt hierbei eine Frist für die Beschlussfassung. Wenn der Landtag nicht innerhalb dieser Frist Beschluss fasst, so kann der Statthalter auf Bitte des Landeshauptmanns unter seiner Verantwortung die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen durch Verordnung in Kraft setzen. Die Bestimmungen des Artikels 111 sind sinngemäß anzuwenden.
(4) Im Landtage wird die Vorlage durch einen Berichterstatter erläutert und begründet. Ein Gegenbericht ist zulässig. Eine weitere Verhandlung findet nicht statt. Der Landtag beschließt durch Abstimmung die unveränderte Annahme der Vorlage oder ihre Ablehnung.
(5) Die Landesregierung kann ihre Vorlage nie zurückziehen.
(6) Die Vorlagen der Landesregierung, die nicht Gesetze im materiellen Sinne betreffen, werden in beratenden und beschlussfassenden Sitzungen erledigt.
(7) Die Bestimmungen des Artikels 59 Absatz 3 und der Artikel 70, 71 und 87 sind auf die Landtage und ihre Mitglieder sinngemäß anzuwenden.
(8) Das Sitzungsgeld für die Landtagsmitglieder wird landesgesetzlich geregelt.
Artikel 110. Zu einem Landesgesetz ist der Beschluss des Landtages, die Beurkundung und Gegenzeichnung nach den Bestimmungen der Landesverfassung und die Kundmachung durch den Landeshauptmann im Landesgesetzblatt erforderlich.
Artikel 111. (1) Alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage einschließlich jener, die Abgaben zum Gegenstande haben, sind unmittelbar nach der Beschlussfassung des Landtages vor ihrer Kundmachung vom Landeshauptmann dem Bundeskanzler sowie vom Statthalter dem Bundespräsidenten bekanntzugeben.
(2) In Landesgesetzen kann auch die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung der Landesgesetze vorgesehen werden, wenn dazu vorher die Zustimmung des Herrenhauses eingeholt wurde.
Artikel 112. (1) Die Landesverfassungen dürfen nicht im Widerspruch zur Bundesverfassung stehen.
(2) Eine Landesverfassung kann nur bei Anwesenheit aller Mitglieder des Landtages und mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Artikel 113. (1) Jeder Landtag kann auf Antrag des Statthalters nach Einholung von Gutachten des Staatsrates und des Länderrates vom Bundespräsidenten aufgelöst werden.
(2) Im Falle der Auflösung ist unverzüglich das Verfahren zur Neubestellung des Landtages einzuleiten.
Siebentes Hauptstück
Verwaltung in den Ländern.
Artikel 114. (1) Zur Vertretung des Landes nach außen ist der Statthalter berufen.
(2) Die Verwaltung in den Ländern obliegt, soweit sie nicht durch eigene Bundesbehörden (Artikel 120) wird, in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes dem Statthalter, in den Angelegenheiten der Vollziehung des Landes der Landesregierung unter dem Landeshauptmann und in beiden Fällen den dem Landeshauptmann direkt unterstellten Landesbehörden.
(3) Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann und fünf weiteren Mitgliedern (Landesräten).
(4) Der Landeshauptmann wird vom Bundespräsidenten auf Grund von Dreiervorschlägen des Landtages ernannt. Die Ernennung ist vom Bundeskanzler gegenzuzeichnen. Der Bundespräsident hat nach Anhörung des Vorsitzenden des Länderrates den Landeshauptmann abzuberufen, wenn es der Landtag verlangt. Zu einem Beschlusse des Landtages, mit dem die Abberufung des Landeshauptmannes verlangt wird, ist die Anwesenheit aller Mitglieder des Landtages und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(5) Der Landesstatthalter wird auf Vorschlag des Herrenhauses vom Bundespräsidenten ernannt. Er vertritt den Bundespräsidenten bei Ehrungen, Eröffnungen und Ernennungen auf Landesebene. Darüber hinaus verwaltet er die Landsitze des Bundespräsidenten und empfängt in dessen Namen ausländische Gäste und Delegationen. Der Bundespräsident hat nach Anhörung des Landeshauptmanns den Landesstatthalter abzuberufen, wenn es das Abgeordnetenhaus es verlangt. Zu einem Beschlusse des Abgeordnetenhauses, mit dem die Abberufung des Landesstatthalters verlangt wird, ist die Anwesenheit mindestens der Hälfte der Mitglieder und eine Mehrheit von einem Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(6) Die Landesräte werden vom Landeshauptmann ernannt. Sie können vom Landeshauptmann abberufen werden. Sie sind vom Landeshauptmann abzuberufen, wenn es der Landtag verlangt. Zu einem Beschlusse des Landtages, mit dem die Abberufung verlangt wird, ist die Anwesenheit mindestens der Hälfte der Mitglieder des Landtages und eine Mehrheit von drei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
(6) Zum Mitglied der Landesregierung (Landeshauptmann oder Landesrat) kann nur ernannt werden, wer mindestens 26 Jahre alt ist. Die Mitglieder der Landesregierung dürfen nicht aus dem Landtag entnommen werden. Der Landeshauptmann und die übrigen Mitglieder der Landesregierung dürfen nicht Mitglieder des Staatsrates, des Bundeskulturrates oder des Bundeswirtschaftsrates sowie des Abgeordnetenhauses oder des Herrenhauses sein.
(7) Der Landeshauptmann betraut die Mitglieder der Landesregierung mit der Führung bestimmter Gruppen von Angelegenheiten der Landesvollziehung.
(8) Vor Antritt des Amtes leisten der Landesstatthalter vor dem Bundespräsidenten, Landeshauptmann vor dem Länderrat und dem Bundespräsidenten, die übrigen Mitglieder der Landesregierung vor dem Statthalter und dem Landeshauptmann den Eid auf die Bundesverfassung und auf die Landesverfassung.
(9) Der Statthalter, der Landeshauptmann und die übrigen Mitglieder der Landesregierung sind für die durch ihre Amtsführung erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen dem Landtage verantwortlich. Zu einem Beschlusse des Landtages, mit dem eine Anklage nach Artikel 172 Absatz 2 Punkt b) erhoben wird, bedarf es der Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Landtages und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Beim Statthalter ist zusätzlich die Zustimmung des Bundespräsidenten nötig.
(10) Eine behördliche Verfolgung des Landeshauptmannes wegen einer nicht von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung sowie eine Ladung als Zeuge ist nur mit Zustimmung des Bundeskanzlers, eine solche Verfolgung oder Ladung eines anderen Mitgliedes der Landesregierung nur mit Zustimmung des Landeshauptmannes zulässig. Beim Landesstatthalter ist die Zustimmung des Bundespräsidenten nötig.
Artikel 115. (1) Die Behörden der Verwaltung in den Ländern sind, soweit die Verwaltung nicht im Sinne des Artikels 120 durch eigene Bundesbehörden oder durch Selbstverwaltungsbehörden besorgt wird, Behörden der Länder.
(2) Zur Unterstützung des Landeshauptmannes in seinem gesamten Wirkungsbereiche sowie zur Unterstützung der Landesregierung ist die Landeshauptmannschaft berufen. Zur Leitung des inneren Dienstes dieses Amtes bestellt der Landeshauptmann einen rechtskundigen Verwaltungsbeamten, der den Vorschriften über die Befähigung zur Ausübung des politischen Dienstes entspricht, als Regierungsdirektor. Der Regierungsdirektor ist auch in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung (Artikel 116) das Hilfsorgan des Landeshauptmannes. Seine Bestellung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers.
(3) Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Geschäftsführung der Landeshauptmannschaft trifft ein Bundesgesetz. Die dieses Bundesgesetz betreffende Vorlage darf der Beschlussfassung des Bundestages erst dann zugeführt werden, wenn der Länderrat in seinem Gutachten dem Gesetzentwurf einstimmig zugestimmt hat.
(4) In Unterordnung unter den Landeshauptmann als Vorstand der Landeshauptmannschaft führen die Bezirkshauptmannschaften und die anderen Landesbehörden sowie die Gemeinden nach den Bestimmungen der Gesetze die Geschäfte der Verwaltung im Lande, soweit sie nicht durch eigene Bundesbehörden besorgt werden.
(5) Die Bediensteten der Dienststellen des Bundes sind Staatsbedienstete unter der Diensthoheit des Bundes, die Bediensteten der Dienststellen der Länder Staatsbedienstete unter der Diensthoheit des Landes (Artikel 34 Absatz 1 Zahl 17 und Artikel 36 Absatz 1 Zahl 9), die Bediensteten der Gemeinden Staatsbedienstete unter der Diensthoheit der Gemeinde.
(6) Zur Bestellung der Bezirkshauptmänner und zur Betrauung eines Beamten der Landeshauptmannschaft mit der Leitung der Angelegenheiten des öffentlichen Sicherheitsdienstes bedarf es der Zustimmung des Länderrats.
Artikel 116. Die Verwaltung des Bundes üben im Bereiche der Länder, soweit sie nicht durch eigene Bundesbehörden besorgt werden, der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden aus. Soweit in Angelegenheiten, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, Bundesbehörden mit der Vollziehung betraut sind, unterstehen diese Bundesbehörden in diesen Angelegenheiten dem Landeshauptmann und sind an dessen Weisungen (Artikel 11 Absatz 1) gebunden. Ob und wieweit solche Bundesbehörden mit Aufgaben der Vollziehung betraut werden, bestimmen die nach Artikel 34 ergehenden Bundesgesetze. In den Fällen, in denen die Bundespolizeibehörden in Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder Vollziehungshandlungen zu besorgen haben, steht die Befugnis zu Weisungen dem Landeshauptmann als Organ des Landes zu.
Artikel 117. (1) In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung ist der Landeshauptmann an die Weisungen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister gebunden (Artikel 11 Absatz 1) und verpflichtet, um die Durchführung solcher Weisungen zu bewirken, auch die ihm in seiner Eigenschaft als Organ des selbständigen Wirkungsbereich des Landes zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden.
(2) Der Landeshauptmann kann bestimmen, dass einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes in seinem Namen von Mitgliedern der Landesregierung zu führen sind. In diesen Angelegenheiten sind die betreffenden Mitglieder der Landesregierung an die Weisungen des Landeshauptmannes ebenso gebunden wie dieser an die Weisungen der Bundesregierung oder der einzelnen Bundesminister.
(3) Weisungen der Bundesregierung oder der einzelnen Bundesminister, die nach Absatz 1 ergehen, sind auch in Fällen des Absatzes 2 an den Landeshauptmann zu richten. Dieser ist, wenn er die bezügliche Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung nicht selbst führt, verpflichtet, die Weisung an das in Betracht kommende Mitglied der Landesregierung unverzüglich und unverändert schriftlich weiterzugeben und ihre Durchführung zu überwachen. Wird die Weisung nicht befolgt, obwohl der Landeshauptmann die erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, ist das entsprechende Mitglied der Landesregierung unverzüglich zu entlassen und öffentlich vor dem Landhaus mit fünf Schlägen zu züchtigen.
(4) Der Rechtszug in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung endet in den Fällen, in denen der Landeshauptmann den Verwaltungsvorschriften als Berufungsbehörde entscheidet, beim Statthalter.
Artikel 118. (1) Der Landeshauptmann ist dem Bund für die Führung der mittelbaren Bundesverwaltung verantwortlich (Artikel 114 Absatz 4).
(2) Der Landeshauptmann wird für den Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung im Falle seiner Verhinderung durch den Statthalter vertreten. Der Eintritt des Vertretungsfalles ist bei voraussichtlich längerer Dauer der Vertretung vom Landeshauptmann dem Bundeskanzler oder vom Statthalter dem Bundespräsidenten anzuzeigen.
Artikel 119. Die Bestimmungen des Artikels 116 sind auch auf Einrichtungen zur Besorgung der im Artikel 42 bezeichneten Geschäfte des Bundes anzuwenden.
Artikel 120. (1) Folgende Angelegenheiten können im Rahmen des verfassungsmäßig festgestellten Wirkungsbereiches unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden:
a) Grenzvermarkung;
b) Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland;
c) Zollwesen;
d) Bundesfinanzen;
e) Monopolwesen;
f) Maß-, Gewichts-, Normen - und Punzierungswesen;
g) technisches Versuchswesen;
h) Justizwesen;
i) Patentwesen, Schutz von Mustern, Marken und anderen Warenbezeichnungen;
k) Post-, Telegraphen-, Fernsprech- und Rundfunkwesen;
l) Bergwesen;
m) Wildbachverbauung;
n) Regulierung und Instandhaltung der Flüsse;
o) Bau und Instandhaltung von Wasserstraßen;
p) Arbeits-(Dienst-)Recht; Arbeiter- und Angestelltenschutz;
q) Sozialversicherungswesen;
r) Vermessungswesen;
s) wissenschaftlicher und technischer Archiv- und Bibliotheksdienst bei Ämtern und Anstalten des Bundes, Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen, Anstalten und Einrichtungen des Bundes;
t) Angelegenheiten der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie;
u) Fürsorge für Kriegsteilnehmer und deren Hinterbliebene;
v) wenn die Verhältnisse es erfordern:
1. Eintritt in das Bundesgebiet und Austritt aus ihm;
2. Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung aus dem Bundesgebiete sowie Durchlieferung;
3. Passwesen, Meldewesen, Waffen-, Schießbedarfs- und Sprengmittelwesen;
4. Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei;
5. Pressewesen;
6. Vereins- und Versammlungsangelegenheiten und Fremdenpolizei.
(2) Im örtlichen Wirkungsbereiche einer Bundespolizeibehörde, der eine Bundessicherheitswache beigegeben ist, darf von einer anderen Gebietskörperschaft ein Wachkörper nicht aufgestellt und unterhalten werden. Die Auflösung der Wachkörper, deren Errichtung im Widerspruch mit dieser Bestimmung steht, fällt in die Vollziehung des Bundes.
(3) Die Errichtung von Bundespolizeibehörden, die Festsetzung ihres örtlichen Wirkungsbereiches und auf Verwaltungsgebieten, wo die nach Artikel 34 ergehenden Bundesgesetze eine Vollziehung durch Bundespolizeibehörden vorsehen, ihres fachlichen Wirkungsbereiches, ferner die Erlassung der besonderen Dienstvorschriften für Ihre Organe verordnet der zuständige Bundesminister. Soweit einer solchen Behörde die Besorgung von Angelegenheiten übertragen werden soll, die in den selbständigen Wirkungsbereich des Landes fallen, kann die Verordnung erst erlassen werden, wenn die Übertragung dieser Geschäfte an die Bundespolizeibehörde durch ein Gesetz des betreffenden Landes ausgesprochen wurde. Die Aufhebung des Landesgesetzes hat das Erlöschen der Verordnung zur Folge.
Artikel 121. (1) In den Angelegenheiten des Schul-, Erziehungs- und Volksausbildungswesens mit Ausnahme der Hochschulen führen die Vollziehung des Bereiches der Länder in Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister Schulbehörden (Landes-, Bezirks- und Fortbildungsschulräte), in denen die für das Schul- und Erziehungswesen in Betracht kommenden Interessen vertreten sind. Die Landes- und Bezirksschulräte sind unmittelbar Bundesbehörden. Vorsitzender des Landesschulrates ist der Statthalter. Seinen Wirkungskreis regelt das Gesetz; er ernennt seinen Stellvertreter und kann ihn abberufen. Vorsitzender des Bezirksschulrates ist der Bezirkshauptmann.
(2) Der Vorsitzende ist verpflichtet, die Ausführung von Beschlüssen, die nach seiner Ansicht gesetzwidrig sind, vorläufig aufzuschieben und die Weisung der übergeordneten Schulbehörde einzuholen.
(3) Weisungen der übergeordneten Schulbehörden an die nachgeordneten sind an deren Vorsitzenden zu richten. Dieser hat den Weisungen Folge zu leisten. Jede übergeordnete Schulbehörde ist bei Nichtbefolgung ihrer Weisungen verpflichtet, die den Inhalt der Weisung bildende Verfügung selbst zu treffen; Verfügungen der Unterbehörde, die einer Weisung widersprechen, hat die übergeordnete Schulbehörde für nichtig zu erklären.
(4) Die Vollziehung in den Angelegenheiten des Volksbildungswesens im Bereich der Länder führt das damit betraute Organ in unmittelbarer Unterordnung unter den Vorsitzenden des Landesschulrates.
Artikel 122. Vereinbarungen der Länder untereinander dürfen nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereiches getroffen werden, bedürfen der einstimmigen Zustimmung des Länderrates und sind der Bundesregierung unverzüglich mitzuteilen.
Achtes Hauptstück
Bezirke und Gemeinden.
Artikel 123. (1) Verwaltungssprengel innerhalb der Länder sind die Bezirke und die Gemeinden.
(2) Die Grenzen der Bezirke, der Gerichtsbezirke und der Gemeinden dürfen sich nicht schneiden. Änderungen in den Sprengeln der Bezirke werden durch Verordnung der Landesregierung mit Zustimmung des Statthalters, Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte durch Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung der Landesregierung verfügt.
(3) Die Gemeinden sind den Bezirken und diese den Ländern untergeordnet.
(4) Jede Liegenschaft muss zu einer Ortsgemeinde gehören.
Artikel 124. Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern können durch Landesgesetz eigene Stadtrechte erhalten, in denen sie mit der Besorgung der Bezirksverwaltung betraut werden.
Artikel 125. Die Gemeinden sind selbständige Wirtschaftskörper; sie haben innerhalb der Schranken der Gesetze das Recht, ihren Haushalt selbständig zu führen, Abgaben einzuheben, Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen sowie wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben, die dem allgemeinen Interesse der Gemeindebewohner dienen.
Artikel 126. (1) Die Organe der Gemeinden sind der Gemeindetag und der Bürgermeister.
(2) Dem Bürgermeister untersteht das Gemeindeamt. Die Leiter der Gemeindeämter von Gemeinden über 10.000 Einwohnern müssen rechtskundige Verwaltungsbeamte sein; ihre Bestellung bedarf der Genehmigung der Landesregierung; die Genehmigung kann widerrufen werden.
Artikel 127. (1) In Gemeinden, in denen die Gliederung der Bevölkerung es zulässt, besteht der Gemeindetag aus Vertretern von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, der Wissenschaft und der Kunst sowie aus Vertretern der Berufsstände in der Gemeinde.
(2) Für Gemeinden, bei denen die Gliederung der Bevölkerung eine solche Zusammensetzung des Gemeindetages nicht zulässt, regelt die Landesgesetzgebung die Bestellung des Gemeindetages in möglichster Anlehnung an die Bestimmung des Absatzes 1 unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiterschaft.
(3) Staatsbedienstete können nicht Mitglieder eines Gemeindetages sein.
Artikel 128. (1) Der Wirkungskreis der Ortsgemeinde ist:
a) ein eigener,
b) ein vom Bund oder vom Land übertragener.
(2) Der eigene Wirkungskreis umfasst die im Artikel 125 angeführten Rechte und überdies die Angelegenheiten, die durch Bundes- oder Landesgesetz dem eigenen Wirkungskreise der Ortsgemeinde zugewiesen werden. Im eigenen Wirkungskreis kann die Ortsgemeinde mit Beobachtung der Bundes- und Landesgesetze nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen.
(3) Den übertragenen Wirkungskreis der Ortsgemeinde, das ist ihre Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Bundes- oder Landesvollziehung, bestimmen die Gesetze des Bundes oder des Landes.
Artikel 129. Den Gemeinden ist ein Wirkungsbereich in erster Instanz in folgenden Angelegenheiten gewährleistet:
1. Obsorge für die Sicherheit der Person und des Eigentums (örtliche Sicherheitspolizei
2. Hilfs- und Rettungswesen;
3. Sorge für die Erhaltung der Straßen, Wege, Plätze und Brücken der Ortsgemeinde;
4. örtliche Straßenpolizei;
5. Flurschutz und Flurpolizei;
6. Markt- und Lebensmittelpolizei;
7. Gesundheitspolizei;
8. Bau- und Feuerpolizei.
Artikel 130. (1) Der Gemeindetag wählt den Bürgermeister. Er ist bei dieser Wahl nicht auf seine Mitglieder beschränkt, kann aber nur eine Person wählen, die zum Gemeindetag entsendbar ist und das 26. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Die Wahl der Bürgermeister bedarf der Bestätigung des Statthalters. Die Bürgermeister leisten dem Bundespräsidenten vor Antritt des Amtes das Gelöbnis auf die Bundes- und die Landesverfassung.
Artikel 131. Der Bürgermeister ist für seine Amtshandlungen der Ortsgemeinde und bezüglich des übertragenen Wirkungskreises dem Bunde und dem Lande verantwortlich.
Artikel 132. (1) Die Gemeinden unterliegen der staatlichen Aufsicht.
(2) Die staatliche Aufsicht besteht in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Ortsgemeinde in dem Recht zur Entscheidung über Berufungen und in der Pflicht, in Wahrung öffentlicher Interessen dafür zu sorgen, dass die Gemeinden ihren Wirkungskreis nicht überschreiten und die Gesetze nicht verletzen.
(3) In den Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises führt der Bürgermeister die Geschäfte in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Weise. Er ist an die Weisungen der Bundes- und Landesorgane gebunden (Artikel 11 Absatz 1) und verpflichtet, um die Durchführung solcher Weisungen zu bewirken, auch die ihm in seiner Eigenschaft als Organ des eigenen Wirkungskreises der Ortsgemeinde zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden. Die übergeordnete Behörde kann die Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises ganz oder teilweise durch ihre Organe versehen lassen, und zwar im Falle des Verschuldens des Bürgermeisters auf dessen und im Falle eines Verschuldens der Ortsgemeinde auf deren Kosten.
(4) Der Gemeindetag kann auf eigenen Wunsch oder auf gemeinsamen Antrag der Botschafter der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs aufgelöst werden. Bis zur Neubestellung des Gemeindetages ist für die Fortführung der Gemeindegeschäfte der Bürgermeister allein zuständig.
(5) Die Handhabung des staatlichen Aufsichtsrechtes über die Gemeinden steht den Ländern und nur, soweit es sich um die Entziehung des vom Bund übertragenen Wirkungskreises oder die Auflösung von Gemeindetagen in Wahrung der Interessen des Bundes oder um die Nichtigerklärung von Verwaltungsakten der Gemeindeorgane handelt, durch die ihr Wirkungsbereich zum Nachteil des Bundes überschritten wird oder in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung Gesetze verletzt oder fehlerhaft angewendet werden, dem Bunde zu.
Artikel 133. Bund und Länder bemühen sich um gutes Einvernehmen bei direkten Eingriffen auf Gemeindeebene.
Artikel 134. Städte mit über 1 000 000 Einwohnern unterstehen unmittelbar der Landesregierung, bezüglich des ihnen vom Bund übertragenen Wirkungskreises unmittelbar dem Statthalter.
Artikel 135. Die näheren Bestimmungen über die Gemeinden trifft im Rahmen der Bestimmungen dieses Hauptstückes die Landesgesetzgebung.
Neuntes Hauptstück
Notrechte der Verwaltung.
Artikel 136. (1) Wenn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, zur Ordnung, zur Wahrung wichtiger wirtschaftlicher Interessen der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs oder staatsfinanzieller Interessen des Bundes, insbesondere zur Sicherung des Bundeshaushaltes, die sofortige Erlassung von Maßnahmen, die verfassungsmäßig der Beschlussfassung des Bundestages bedürfen, notwendig wird, sofortige Beschlussfassung des Bundestages aber nach den gegebenen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, kann der Bundespräsident in ihrer Verantwortlichkeit diese Maßnahmen durch vorläufige gesetzändernde Verordnungen treffen (Notrecht des Bundespräsidenten).
(2) Die im Absatz 1 bezeichneten Verordnungen dürfen nicht eine Abänderung verfassungsgesetzlicher Bestimmungen enthalten.
(3) Von diesem Notrecht kann der Bundespräsident nicht Gebrauch machen, wenn ein stimmiges Votum der Botschafter der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs dagegen ergeht.
(4) Jede auf Grund des Notrechtes des Bundespräsidenten erlassene Verordnung ist ausdrücklich als Notverordnung des Bundespräsidenten zu bezeichnen und ihre Gültigkeit mit sechs Monaten ab Verlautbarung zu begrenzen.
(5) Jede Notverordnung der Bundesregierung ist vom Bundespräsidenten unverzüglich dem Bundestag mitzuteilen. Die Verordnung ist sofort außer Kraft zu setzen, wenn der Bundestag bei Anwesenheit von allen Mitgliedern mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen die Aufhebung verlangt. In diesem Falle darf aus demselben Anlass eine inhaltlich gleichartige Verordnung nicht mehr erlassen werden. Wird die Verordnung nach den vorhergehenden Bestimmungen außer Kraft gesetzt, so treten mit dem Tage der Aufhebung die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch die Verordnung aufgehoben worden waren.
(6) Jede nach Absatz 1 erlassene Verordnung tritt spätestens nach Ablauf von sechs Monaten außer Kraft. Sie kann jedoch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zu ihrer Erlassung gegeben sind, neuerlich erlassen werden.
Artikel 137. (1) Wenn dem Staat oder einem seiner Teile unmittelbar eine Gefahr droht, zur Abwendung dieser Gefahr die sofortige Erlassung von Maßnahmen der im Artikel 147 Absatz 1 bezeichneten Art notwendig wird, jedoch nach den gegebenen Verhältnissen weder die sofortige Beschlussfassung durch den Bundestag zu erwarten ist, noch auch die erforderlichen Maßnahmen auf Grund des Notrechtes des Bundespräsidenten getroffen werden können, können die Botschafter der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs diese Maßnahmen unter ihrer Verantwortlichkeit durch vorläufige gesetzändernde Verordnungen treffen (Notrecht der Siegerstaaten). Artikel 147 Absatz 3 findet sinngemäß Anwendung.
(2) Die im Absatz 1 bezeichneten Verordnungen können keine einzelnen verfassungsgesetzlichen Bestimmungen abändern, schon gar nicht Abänderungen treffen, die eine Gesamtänderung der Verfassung bedeuten. Weiters dürfen diese Verordnungen weder die Staatsform betreffen noch Bestimmungen enthalten, die den Bestand des Bundesgerichtshofes und dessen Zuständigkeit zur Prüfung von Gesetzen und Verordnungen berühren oder ihn in dieser Prüfung behindern, noch Verfügungen treffen, die die Abänderung gerichtlicher Erkenntnisse zum Gegenstande haben.
(3) Die auf Grund des Notrechtes der Siegerstaaten erlassenen Verordnungen sind ausdrücklich als Notverordnungen der Siegerstaaten zu bezeichnen und den drei Staatsoberhäuptern zur Kenntnisnahme zu übermitteln.
(4) Wenn der Bundestag über eine Vorlage der Bundesregierung nicht innerhalb der von der Bundesregierung bestimmten Frist Beschluss fasst (Artikel 62 Absatz 2), kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung unter seiner und deren Verantwortung die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen durch Verordnung treffen. Eine solche Verordnung bedarf der Gegenzeichnung der Botschafter der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
(5) Sind in einem Lande die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Landeshaushalte nicht mehr gegeben und trifft der Landtag keine wirksamen Maßnahmen dagegen, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Statthalters an Stelle des Landtages durch Notverordnung Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung im Landeshaushalte treffen. Diese Maßnahmen können sich auf Ersparungen im Personal- und Sachaufwand der Landesverwaltung sowie auf das Abgabenwesen beziehen. Der Landtag kann eine solche Verordnung nicht außer Kraft setzen. Die Bundesregierung kann die Einhaltung solcher Verordnungen durch besondere Beauftragte überwachen lassen.
Zehntes Hauptstück
Rechnungskontrolle.
Artikel 138. (1) Die Gebarung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Rechtsträger überprüft nach den Bestimmungen dieses Hauptstückes der Rechnungshof.
(2) Der Rechnungshof ist als Organ des Bundestages und der Landtage tätig.
Artikel 139. (1) Der Rechnungshof besteht aus einem Präsidenten und den erforderlichen Beamten und Hilfskräften.
(2) Der Präsident des Rechnungshofes wird vom Bundespräsidenten nach vorheriger Rücksprache mit den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs ernannt. Der Präsident des Rechnungshofes wird vor Antritt seines Amtes vom Bundespräsidenten auf die Verfassung des Bundes und der Länder, die Beobachtung der sonstigen Gesetze und die gewissenhafte Erfüllung seiner Amtspflichten vereidigt.
(3) Der Präsident des Rechnungshofes darf weder einem Organe der Gesetzgebung des Bundes, einem Landtag oder einem Gemeindetag angehören, noch Mitglied der Bundesregierung oder einer Landesregierung noch Bürgermeister sein.
Artikel 140. (1) Der Präsident des Rechnungshofes steht in der Verantwortlichkeit für die Amtsführung nach Artikel 155 bis 158 den Mitgliedern der Bundesregierung, in der Verantwortlichkeit für die Amtsführung nach den Artikeln 159 und 160 den Mitgliedern der in Betracht kommenden Landesregierung gleich. Bei der Amtsführung nach Artikel 161 richtet sich die Verantwortlichkeit danach, ob der Rechnungshof als Organ des Bundestages oder des Landtages tätig ist.
(2) Der Präsident des Rechnungshofes kann auf Vorschlag des Herrenhauses vom Bundespräsidenten des Amtes enthoben werden. Das Amt des Präsidenten des Rechnungshofes erlischt mit dem Ablauf des Jahres, in dem er das 75. Lebensjahr vollendet hat oder zehn Jahre nach seiner Ernennung.
Artikel 141. (1) Der Präsident des Rechnungshofes wird im Falle seiner Verhinderung von dem im Range nächsten Beamten des Rechnungshofes vertreten. Dieser Beamte führt die Geschäfte des Präsidenten auch dann weiter, wenn dessen Amt erledigt ist.
(2) Für den Beamten des Rechnungshofes, der den Präsidenten vertritt oder dessen Geschäfte führt, gelten die Bestimmungen des Artikels 151.
Artikel 142. (1) Die Beamten des Rechnungshofes ernennt auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Präsidenten des Rechnungshofes der Bundespräsident; dasselbe gilt für die Verleihung von Amtstiteln, Ehrenrechten und Ehrenzeichen an Beamte des Rechnungshofes. Doch kann der Bundespräsident den Präsidenten des Rechnungshofes ermächtigen, Beamte bestimmter Gruppen zu ernennen.
(2) Die Hilfskräfte ernennt der Präsident des Rechnungshofes.
Artikel 143. Kein Mitglied des Rechnungshofes darf an der Leitung oder Verwaltung einer Unternehmung beteiligt sein, die dem Bund oder einem Lande Rechnung zu legen hat oder die zum Bund oder einem Lande in einem Subventions- oder Vertragsverhältnis steht.
Artikel 144. (1) Der Rechnungshof überprüft die gesamte Staatswirtschaft des Bundes, worunter auch die Gebarung der mittelbaren Bundesverwaltung fällt, ferner die Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen des Bundes verwaltet werden, die hierzu von Vollziehungsorganen des Bundes bestellt sind, sowie von Unternehmungen übertragen werden, an denen der Bund finanziell beteiligt ist. Überprüft der Rechnungshof die Gebarung einer solchen Unternehmung, so kann er auch die Gebarung der Unternehmungen überprüfen, an denen diese Unternehmung finanziell beteiligt ist. Einer finanziellen Beteiligung ist die treuhändige Verwaltung von Bundesvermögen, die Übernahme der Ertrags- oder Ausfallhaftung für eine Unternehmung, die Gewährung eines zur Führung einer Unternehmung notwendigen Darlehens oder die Zuwendung einer demselben Zwecke dienenden Beihilfe gleichzuhalten.
(2) Der Rechnungshof verfasst den Bundesrechnungsabschluss und legt ihn dem Bundestag und den Botschaftern der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs vor.
(3) Alle Urkunden über Finanzschulden werden erst, soweit sich aus ihnen eine Verpflichtung des Bundes ergibt, vom Präsidenten des Rechnungshofes durch Gegenzeichnung hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit und rechnungsmäßigen Richtigkeit der Gebarung gültig.
Artikel 145. Der Rechnungshof hat auf Ersuchen der Bundesregierung oder eines Bundesministers in seinen Wirkungsbereich (Artikel 155 Absatz 1) fallende besondere Akte der Gebarungsüberprüfung durchzuführen und das Ergebnis der ersuchenden Stelle mitzuteilen.
Artikel 146. Entstehen zwischen dem Rechnungshof und der Bundesregierung oder einem Bundesminister Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeiten des Rechnungshofes regeln, so entscheidet auf Anrufung durch die Bundesregierung oder den Rechnungshof der Bundesgerichtshof in nichtöffentlicher Verhandlung. Das Verfahren wird durch Bundesgesetz geregelt.
Artikel 147. (1) Der Rechnungshof kann über seine Tätigkeit oder über einzelne Wahrnehmungen dem Bundestag berichten. Vor der Vorlage an den Bundestag ist ein solcher Bericht dem Herrenhausvorsitzenden mitzuteilen. Die Bundesregierung kann binnen drei Wochen Äußerungen zu einem solchen Bericht erstatten; diese hat der Rechnungshof auf ihren Wunsch zugleich mit dem Bericht dem Bundestag vorzulegen. Der Bericht kann jedoch mit Zustimmung der Bundesregierung auch schon vor Ablauf dieser dreiwöchigen Frist dem Bundestag vorgelegt werden. Nach der Vorlage an den Bundestag ist der Bericht zu veröffentlichen.
(2) Der Bundestag hat über jeden Bericht des Rechnungshofes binnen sechs Wochen Beschluss zu fassen.
Artikel 148. (1) Der Rechnungshof hat die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallende Gebarung sowie die Gebarung der von den Organen der Länder verwalteten Stiftungen, Fonds und Anstalten zu überprüfen. Die Überprüfung hat sich auf die ziffermäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung zu erstrecken. Die Überprüfung hat jedoch nicht auch die Gebarung maßgebender Beschlüsse der verfassungsmäßig zuständigen Vertretungskörper zu umfassen. Für die Ausübung dieser Tätigkeit sind die Bestimmungen der Artikel 156 bis 158 sinngemäß anzuwenden. Die nach Artikel 156 der Bundesregierung oder einem Bundesminister zustehenden Rechte stehen bezüglich der Gebarungskontrolle gegenüber dem Land der Landesregierung zu.
(2) Für die im Absatz 1 vorgesehene Überprüfung haben die Landesregierungen die jährlichen Rechnungsabschlüsse dem Rechnungshof zu übermitteln.
(3) Der Rechnungshof hat die Rechnungsabschlüsse durch Einschau an Ort und Stelle in die Bücher und sonstigen mit der Gebarung zusammenhängenden Belege zu überprüfen und das Ergebnis der Überprüfung der Landesregierung mitzuteilen. Die Landesregierung legt den vollständigen Bericht über das Ergebnis der Überprüfung dem Landtag zugleich mit dem Landesrechnungsabschluss vor.
(4) Unternehmungen, die ein Land allein betreibt, unterliegen der Überprüfung des Rechnungshofes wie die übrige Gebarung des Landes, bei Unternehmungen, an denen das Land finanziell beteiligt ist oder für die es eine Ausfallhaftung trägt, kann der Rechnungshof die Betätigung des Landes als Teilhaber oder Bürge derartiger Unternehmungen auf Ersuchen der Landesregierung überprüfen, der das Prüfungsergebnis mitzuteilen ist.
(5) Der Rechnungshof hat das Ergebnis seiner Gebarungsüberprüfung auch der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.
(6) Durch Berichte des Rechnungshofes dürfen Mitteilungen, die wegen des Geschäftsgeheimnisses vertraulich zu behandeln sind, nicht veröffentlicht werden.
(7) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten auch für Überprüfung der Liegenschaftsverwaltung der Botschaften der Volksrepublik China, der Republik Frankreich, des japanischen Kaiserreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
(8) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass alle Urkunden über Finanzschulden, soweit sich aus ihnen eine Verpflichtung des Landes ergibt, vom Präsidenten des Rechnungshofes durch Gegenzeichnung hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit und rechnungsmäßigen Richtigkeit der Gebarung zu bekräftigen sind.
Artikel 149. (1) Die Gebarung der Gemeinden mit mindestens 1 000 000 Einwohnern und der von Organen solcher Gemeinden verwalteten Stiftungen, Fonds und Anstalten unterliegt der Überprüfung des Rechnungshofes. Die Überprüfung hat sich auf die ziffermäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung zu erstrecken. Der Rechnungshof übt diese Überprüfung als Organ des zuständigen Landtages aus.
(2) Diese Gemeinden sind verpflichtet, dem Rechnungshof alljährlich ihre Rechnungsabschlüsse vorzulegen.
(3) Der Rechnungshof ist befugt, durch Einschau an Ort und Stelle in die Bücher und die sonstigen mit der Gebarung zusammenhängenden Belege die Gebarung im Ganzen oder hinsichtlich gewisser Teilgebiete zu überprüfen. Unbeschadet seiner Überprüfungstätigkeit auf Grund der vorstehenden Bestimmungen hat der Rechnungshof auf Ersuchen der zuständigen Landesregierung besondere, in seinen Wirkungsbereich fallende Gebarungsüberprüfungen bei den im Absatz 1 bezeichneten Gemeinden durchzuführen und das Ergebnis der Landesregierung mitzuteilen.
(4) Das Ergebnis seiner Überprüfung hat der Rechnungshof dem Bürgermeister zur Weiterleitung an den Gemeindetag und zur allfälligen Abgabe einer Äußerung mitzuteilen, die binnen drei Wochen zu erstatten ist. Nach Ablauf dieser Frist übermittelt der Rechnungshof das Prüfungsergebnis samt einer allenfalls abgegebenen Äußerung der Landesregierung, die die Vorlage dem Landtag mitteilt.
(5) Unternehmungen, die eine Ortsgemeinde allein betreibt, unterliegen der Überprüfung des Rechnungshofes wie die übrige Gebarung der Ortsgemeinde. Hinsichtlich der Unternehmungen, an denen eine Ortsgemeinde finanziell beteiligt ist oder für die sie eine Ausfallshaftung trägt, kann der Rechnungshof die Betätigung der Ortsgemeinde als Teilhaber oder Bürge derartiger Unternehmungen auf Ersuchen der zuständigen Landesregierung überprüfen; das Ergebnis der Prüfung ist der Landesregierung mitzuteilen. Artikel 159 Absatz 6 ist sinngemäß anzuwenden.
(6) Der Rechnungshof hat auf begründetes Ersuchen der zuständigen Landesregierung auch die Gebarung von Gemeinden mit weniger als 1 000 000 Einwohnern fallweise zu überprüfen und das Ergebnis dieser Überprüfung der Landesregierung mitzuteilen.
Artikel 150. (1) Dem Rechnungshof kann mit Bundesgesetz die Überprüfung der Gebarung der Träger der Sozialversicherung sowie der Gebarung von öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Mitteln des Bundes und mit den ihnen aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Zwecke der Hoheitsverwaltung des Bundes zur Verfügung gestellten Mitteln, und zwar hinsichtlich der ziffermäßigen Richtigkeit und der auftrags- und widmungsgemäßen Verwendung, übertragen werden.
(2) Durch Landesgesetz kann dem Rechnungshof dieselbe Überprüfung hinsichtlich der Gebarung mit Landesmitteln übertragen werden.
Artikel 151. Die näheren Bestimmungen über die Tätigkeit des Rechnungshofes werden durch Bundesgesetz getroffen.
Elftes Hauptstück
Der Bundesgerichtshof.
Artikel 152. Zur Sicherung der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzgebung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist der Bundesgerichtshof berufen.
Artikel 153. (1) Der Bundesgerichtshof erkennt über die Rechtmäßigkeit von Bescheiden aller Verwaltungsbehörden. Rechtswidrigkeit liegt nicht vor, soweit die Verwaltungsbehörde auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes nach freiem Ermessen vorzugehen befugt war und von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.
(2) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten oder sonstigen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. in den Angelegenheiten des Artikels 36 und in den nach Artikel 37 in die Vollziehung der Länder fallenden Angelegenheiten der Bundesminister, dessen Wirkungsbereich durch den Bescheid berührt wird.
(3) Die Beschwerde gemäß Absatz 2 Zahl 1 kann erst dann erhoben werden, wenn der Rechtszug erschöpft ist. Einem abweisenden Bescheid der letzten Instanz ist es gleichzuhalten, wenn die oberste Instanz, die der Beschwerdeführer anzurufen rechtlich in der Lage war, nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist kann durch Gesetz verkürzt werden. Die Beschwerde gemäß Absatz 2 Zahl 2 ist nur gegen einen Bescheid zulässig, der von den Parteien im Rechtszug nicht mehr angefochten werden kann.
(4) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den im Absatz 2 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind, wird in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt.
(5) Ausgeschlossen von der Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes sind, soweit nicht eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet wird:
1. die Dienststrafangelegenheiten der Angestellten des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie die ehrenrätlichen Angelegenheiten der Offiziere, und zwar sowohl dann, wenn die Beschwerde gegen ein Dienststraferkenntnis (Entscheidung des Ehrenrates) gerichtet ist, als auch dann, wenn aus der behaupteten Rechtswidrigkeit eines solchen Erkenntnisses (einer solchen Entscheidung) Ansprüche abgeleitet werden;
2. die Angelegenheiten des Patentwesens;
3. die Angelegenheiten, in denen gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde die ordentlichen Gerichte angerufen werden können.
Artikel 154. Der Bundesgerichtshof erkennt über Klagen, womit vermögensrechtliche Ansprüche des Bundes, der Länder und der Gemeinden gegeneinander geltend gemacht werden, sofern darüber weder die ordentlichen Gerichte noch die Verwaltungsbehörden zu entscheiden haben.
Artikel 155. Über die Auslegung von Verwaltungsvorschriften von grundsätzlicher Bedeutung kann der Bundesminister oder die Landesregierung, deren Wirkungsbereich von der Auslegung berührt wird, ein Rechtsgutachten des Bundesgerichtshofes einholen. Das Gutachten ist für die Verwaltung bindend.
Artikel 156. (1) In den Fällen des Artikels 155 hat der Bundesgerichtshof den angefochtenen Bescheid als aufgehoben zu erklären, wenn er die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen findet.
(2) Wegen einer nur in der Verletzung von Verfahrensvorschriften begründeten Rechtswidrigkeit ist die Aufhebung des Bescheides nur dann zulässig, wenn die Verwaltungsbehörde im Fall der Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
(3) Wird der Bescheid der Verwaltungsbehörde aufgehoben, so sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(4) In den Fällen des Artikels 164 Absatz 3 zweiter Satz sowie des Artikels 165 hat der Bundesgerichtshof in der Sache selbst zu entscheiden und gegebenenfalls auch die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher der Anspruch zu erfüllen ist.
Artikel 157. Der Bundesgerichtshof erkennt über Zuständigkeitsstreite
a) zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden;
b) zwischen Gerichten, soweit nicht zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit ein ordentliches Gericht durch Gesetz berufen ist, insbesondere auch zwischen dem Bundesgerichtshof selbst und einem anderen Gerichte;
c) zwischen den Ländern untereinander sowie zwischen einem Land und dem Bunde.
Artikel 158. (1) Der Bundesgerichtshof erkennt über die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen der Bundes- und Landesbehörden, und zwar
a) auf Antrag der Bundesregierung, wenn es sich um die Verordnung einer Landesbehörde, auf Antrag einer Landesregierung, sofern es sich um die Verordnung einer Bundesbehörde handelt,
b) auf Antrag eines Gerichtes, wenn die Verordnung eine Voraussetzung für ein Erkenntnis des Gerichtes bildet,
c) von Amts wegen, wenn die Verordnung eine Voraussetzung für ein Erkenntnis des Bundesgerichtshofes selbst bildet.
(2) Der Antrag hat zu begehren, dass die Verordnung nach ihrem ganzen Inhalt oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Hat ein Gericht Bedenken gegen eine nicht mehr in Geltung stehende Verordnung oder Verordnungsbestimmung, so hat der Antrag auf Feststellung zu lauten, dass die Verordnung oder Verordnungsbestimmung gesetzwidrig war. Zu einem solchen Spruch ist der Bundesgerichtshof auch berufen, wenn er von Amts wegen die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung oder Verordnungsbestimmung geprüft hat und zur Überzeugung von ihrer Gesetzwidrigkeit gelangt ist.
(3) Erkennt der Bundesgerichtshof eine Verordnung oder bestimmte Stellen einer Verordnung als gesetzwidrig, so ist dies, sofern es sich um die Verordnung einer Bundesbehörde handelt, vom zuständigen Bundesminister unverzüglich im Bundesgesetzblatt, sofern es sich aber um die Verordnung einer Landesbehörde handelt, vom zuständigen Landeshauptmann unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
(4) Die Aufhebung des Gesetzes oder der als verfassungswidrig erkannten Stellen einer Verordnung tritt mit dem Tage der Kundmachung, wenn aber der Bundesgerichtshof eine Frist bestimmt hat, mit deren Ablauf in Kraft; die Frist darf zwölf Tage nicht übersteigen.
(5) Auf den Fall, der dem Gericht den Anlass zur Antragstellung oder dem Bundesgerichtshof den Anlass zur Einleitung des Verfahrens von Amts wegen gegeben hat, ist die aufgehobene Verordnung nicht mehr anzuwenden.
Artikel 159. (1) Der Bundesgerichtshof erkennt über die Verfassungsmäßigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes, und zwar
a) auf Antrag der Bundesregierung, wenn es sich um ein Landesgesetz, auf Antrag einer Landesregierung, sofern es sich um ein Bundesgesetz handelt,
b) auf Antrag des Obersten Gerichtshofes, wenn das Gesetz eine Voraussetzung für eine Erkenntnis dieses Gerichtshofes bildet,
c) von Amts wegen, wenn das Gesetz eine Voraussetzung für ein Erkenntnis des Bundesgerichtshofes selbst bildet,
d) auf Antrag der Botschafter der Republik Frankreich, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs, wenn diese ihn gemeinsam schriftlich stellen
(2) Der Antrag hat zu begehren, dass das Gesetz nach seinem ganzen Inhalt aufgehoben wird.
(3) Erkennt der Bundesgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig, so ist dies, sofern es sich um ein Bundesgesetz handelt, vom Bundeskanzler unverzüglich im Bundesgesetzblatt, sofern es sich aber um ein Landesgesetz handelt, vom zuständigen Landeshauptmann unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
(4) Die Aufhebung des Gesetzes tritt mit dem Tage der Kundmachung, wenn aber der Bundesgerichtshof eine Frist bestimmt hat, mit deren Ablauf in Kraft; die Frist darf sechs Monate nicht übersteigen.
(5) Auf den Fall, der dem Obersten Gerichtshof den Anlass zur Antragstellung oder dem Bundesgerichtshof den Anlass zur Einleitung des Verfahrens von Amts wegen gegeben hat, ist das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden.
(6) Wird durch ein Erkenntnis des Bundesgerichtshofes ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben, so treten mit dem Tag des Inkrafttretens der Aufhebung, falls das Erkenntnis nicht anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft, die durch das vom Bundesgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren. In der Kundmachung über die Aufhebung des Gesetzes ist auch zu verlautbaren, ob und welche gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten.
Artikel 160. Der Bundesgerichtshof stellt weiter auf Antrag der Bundesregierung oder einer Landesregierung fest, ob ein Akt der Gesetzgebung oder Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fällt.
Artikel 161. Der Bundesgerichtshof erkennt nach Maßgabe der Gesetze:
a) über Beschwerden gegen die Bestellung der Mitglieder der vorberatenden Organe der Gesetzgebung des Bundes, der Landtage, der Gemeindetage und der Vertretungen anderer Selbstverwaltungskörper;
b) über die Anfechtung der Bestellung von Organen, die nach bundes- oder landesgesetzlicher Vorschrift von einem der unter a genannten Organe zu bestellen sind;
c) über die Anfechtung des Ergebnisses von Volksabstimmungen;
d) über Anträge auf Erklärung des Verlustes der Mitgliedschaft in den unter a genannten Organen und über Beschwerden gegen Verwaltungsbescheide, die einen solchen Ausspruch enthalten
e) über die Nachfolge von Mitgliedschaften im Herrenhaus und im Abgeordnetenhaus, in zweiterem nur zwischen den Wahlen
Artikel 162. (1) Der Bundesgerichtshof erkennt über die Anklage, mit der die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit der im Absatze 2 bezeichneten Organe für die durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen geltend gemacht wird.
(2) Die Anklage kann erhoben werden:
a) gegen die Mitglieder der Bundesregierung und die ihnen hinsichtlich der Verantwortlichkeit gleichgestellten Organe wegen Gesetzesververletzung: durch Beschluss des Bundestages;
b) gegen die Mitglieder einer Landesregierung und die ihnen hinsichtlich der Verantwortlichkeit durch diese Verfassung oder durch die Landesverfassung gleichgestellten Organe wegen Gesetzesverletzung: durch Beschluss des zuständigen Landtages.
(3) Das verurteilende Erkenntnis des Bundesgerichtshofes hat auf Verlust des Amtes, unter besonders erschwerenden Umständen auch auf zeitlichen Verlust der politischen Rechte und öffentliche Züchtigung mit zehn Schlägen, zu lauten. Bei geringfügigen Rechtsverletzungen kann sich der Bundesgerichtshof auf die Feststellung beschränken, dass das Recht verletzt wurde.
(4) Der Bundespräsident kann von dem ihm nach Artikel 78 Absatz 2 Punkt d. zustehenden Recht nur auf Antrag des Vertretungskörpers, der die Anklage beschlossen hat, Gebrauch machen, und zwar nur mit Zustimmung des Angeklagten.
Artikel 163. Die Anklage gegen die in Artikel 162 Genannten kann auch wegen strafgerichtlich zu verfolgender Handlungen erhoben werden, die mit der Amtstätigkeit des Anzuklagenden in Verbindung stehen. In diesem Falle wird der Bundesgerichtshof allein zuständig; die bei den ordentlichen Strafgerichten etwa bereits anhängige Untersuchung geht auf ihn über. Der Bundesgerichtshof kann in solchen Fällen neben dem Artikel 173 Absatz 3. auch die strafgesetzlichen Bestimmungen anwenden.
Artikel 164. Der Bundesgerichtshof erkennt über Verletzungen des Völkerrechtes nach den Bestimmungen eines besonderen Bundesgesetzes.
Artikel 165. (1) Erkenntnisse, mit denen der Bundesgerichtshof gemäß Artikel 167 Absatz 4 in der Sache selbst entschieden hat, sowie Erkenntnisse über Verfahrenskosten, Mutwillens- und Ordnungsstrafen werden von den ordentlichen Gerichten vollstreckt.
(2) Die Vollstreckung der Erkenntnisse in den Angelegenheiten der Artikel 158 bis 164 liegt dem Bundespräsidenten ob. Sie ist nach seinen Weisungen durch die nach seinem Ermessen hierzu beauftragten Organe des Bundes oder der Länder, erforderlichenfalls auch mit Hilfe der bewaffneten Macht, durchzuführen. Der Antrag auf Vollstreckung solcher Erkenntnisse ist vom Bundesgerichtshof beim Bundespräsidenten zu stellen. Die erwähnten Weisungen des Bundespräsidenten bedürfen keiner Gegenzeichnung nach Artikel 80 Absatz 2.
Artikel 166. (1) Der Bundesgerichtshof besteht aus einem Bundesoberrichter, einem Bundesunterrichter, zwölf Bundesrichtern und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern.
(2) Den Bundesoberrichter ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag des Botschafters der Republik Frankreich, den Bundesunterrichter auf Vorschlag des Botschafters der Sowjetunion und die übrigen Bundesrichter nach Konsultation des Länderrates und des Justizministers. Die sonstigen Mitglieder ernennt der Bundesoberrichter auf Vorschlag des Botschafters des Vereinigten Königreichs nach Anhörung des Bundesunterrichters.
(3) Alle Mitglieder des Bundesgerichtshofes müssen die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien vollendet und bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser Studien vorgeschrieben ist. Alle Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben, wenigstens der vierte Teil soll aus nicht-deutschsprachigen Richtern entnommen werden, wenigstens der achte Teil so aus ehemaligen Arbeitern bestehen, die ihre rechts- und staatswissenschaftlichen Studien nach mindestens fünf Arbeiterjahren gemacht haben und vom Bundesunterrichter vorgeschlagen wurden.
(4) Dem Bundesgerichtshof können Mitglieder der der Gesetzgebung oder Verwaltung nicht angehören.
(5) Die Mitglieder des Bundesgerichtshofes sind Berufsrichter. Die Bestimmungen des Artikels 101 und des Artikels 102 Absatz 4 werden auf sie angewendet. 75 wird analog als Altersgrenze bestimmt, nach deren Erreichung die Mitglieder des Bundesgerichtshofes in den dauernden Ruhestand zu versetzen sind.
Artikel 167. (1) Der Bundesgerichtshof erkennt in Fünfersenaten; die Fälle, in denen Beschlüsse der Vollversammlung einzuholen sind, bestimmt das in Artikel 168 bezeichnete Bundesgesetz.
(2) Jedem Senat, der über eine Beschwerde in Angelegenheiten der Landesverwaltung oder über eine Klage gegen ein Land oder eine Ortsgemeinde zu erkennen hat, soll in der Regel ein Mitglied angehören, das in dem betreffenden Land beruflich tätig war.
Artikel 168. (1) In der Geschäftseinteilung des Bundesgerichtshofes ist ein Senat zu bestimmen, dem die Rechtssachen anfallen, in denen der Bundesgerichtshof auf Grund der Bestimmungen der Artikel 157 bis 164 angerufen wird.
(2) Der Verfassungssenat wird durch Zuziehung von vier weiteren Mitgliedern verstärkt. Diese Mitglieder und ihre Ersatzmänner ernennt der Bundespräsident auf Grund von Dreiervorschlägen der Botschafter der Republik Frankreichs, der Sowjetunion und des Vereinigten Königreichs.
(3) Für ein Erkenntnis des Bundesgerichtshofes, womit ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich.
Artikel 169. Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und das Verfahren des Bundesgerichtshofes enthält ein Bundesgesetz.
Zwölftes Hauptstück
Schlussbestimmungen
Artikel 170. Neben dieser Verfassung haben als Verfassungsgesetze zu gelten:
Typ
Text, Legislative
Medium
Paper
Erstellungsdatum
1. Mai 1934 / 27. April 1945 / 15. April 1955
Ort
Unterzeichnende (Organisationen)
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