Pharibor, Usurpator der Geister

Dort war etwas. Irgendwo in dem weitläufigen Palastgelände verbarg sich eine Präsenz. In den letzten Tagen hatte sich Arthurs Bewusstsein an die eigentümlichen Verhältnisse des Traumreichs angepasst. Dies hatte seine Geistesenergie langsam in ihre ursprüngliche Form zurückgelassen. Nicht länger wurde er von den schier unendlichen Eindrücken der Träume erdrückt, sondern konnte sie gezielt in Bahnen lenken, die zumindest an ihre Kontrolle auf Terria erinnerten.

Er streckte eine Hand nach vorne aus, beinahe beschämt, diese zusätzliche Geste zur Aktivierung seiner Fähigkeiten zu benötigen. Seine Geistesenergie quälte sich aus seinem Körper heraus. Die Fäden aus unsichtbarer Kraft und manifestiertem Bewusstsein streckten sich aus, erfassten zunächst seine direkte Umgebung. Reyna neben ihm wirkte ebenfalls angespannt, ihre Begabungen schienen auch hier zu funktionieren, auch wenn sie das Gefühl, welches sie scheinbar überkam, nicht zuordnen konnte.

Caipos und Roku dagegen wirkten unbeirrt, eher fokussiert darauf die obskure Karte vernünftig zu lesen und ihren Weg in Richtung der Hauptstadt zu finden. Arthurs Geist wandelte weiter, geriet in Kontakt mit winzigen Kreaturen, die den Boden unter ihnen zu tausenden zu bewohnen schienen. Interessanterweise schienen sie auf Arthurs Bewusstsein zu reagieren und schenkten ihm vereinzelt ein freundliches Lächeln, bevor er weiterzog.

Endlich erreichte er die Ausläufe des Gartens, in dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten und etwas antwortete. Was auch immer sein Bewusstsein spürte, war im gleichen Maß befähigt das eigene Bewusstsein zu formen, zu winden und zu strecken. Wo Arthur jedoch vorsichtig tastete, wie beim ersten Kennenlernen zweier Hunde behutsam schnüffelte, erwiderte das Ding auf der anderen Seite seine zarte Berührung mit einem festen Griff. Die fremde Präsenz schlang sich um ihn, erdrosselte ihn wie eine Schlange, presste jeden klaren Gedanken aus seinem Schädel, während sein Leib auf die Knie stürzte: "A-a-arthur."

Pharibor ist ein Wesen, über dessen Herkunft nicht viel bekannt ist und dessen gesamte Existenz auf Mutmaßungen und Berichten basiert. Die erste Geschichte über dieses Wesen geht auf die Jahre nach der Entdeckung des Weltenschreins zurück.

Inhaltsverzeichnis
Unsere Aufgabe war simpel. Der Knabe des Hauses Horttan zeigte bereits seit Wochen Symptome einer gewöhnlichen Besessenheit. Das Sprechen in fremden Zungen, die Fähigkeit leichte Objekte aus reinem Willen zu bewegen, Krämpfe und die Unfähigkeit vollkommen einzuschlafen. Der Fall war für mich und meine Weggefährten simpel. Ich sollte den Segen der Göttin mit uns tragen, aus dem Elystrat rezitieren, während Omier, ein junges Orakel aus Harmos, de Exorzismus vollziehen würde. Einmal freigesetzt würden Omier und Jania gemeinsam das Geistwesen halten, bevor ich den Pfad des Lichtes entfesseln und dein Usurpartor des Jungen niederstrecken würde. Letztlich kam alles jedoch anders.

Bereits als Omier in den Verstand des Jungen eintauchte, um den Eindringling zu konfrontieren, verhieß er uns der Geist sei wohl stärker als er erwatet habe. Der wahre Schrecken kam jedoch in jenem Moment, nachdem er den Geist erfolgreich extrahiert und Jania ihn gepackt hatte. Ich war noch befasst damit die heiligen Formeln des Pfades zu intonieren als meine beiden Gefährten eine weitere Präsenz erwähnten, eine Art Anhängsel, einen Schatten, welcher sich hinter dem Geist im Leib des Jungen Horttan verborgen hatte.

Nachdem beide von dieser Präsenz gesprochen hatten, dauerte es kaum einen Augenblick, da sie beide zusammenbrachen. Jania wandte sich in wilden Krämpfen umher. Zunächst schrie sie noch Worte in einer Sprache, die ich nie vernommen hatte, spie sie beinahe wie Gift aus, bevor sie sich im Wahn ihre eigene Zunge abbiss. Omier dagegen lag still da und begann zu lachen. Es lag unendlich viel Angst in seinen Augen während sein Mund zum verzerrtesten Lächeln deformiert war, das ich je gesehen hatte. Und dann, so wahr mir die Göttin helfe, sah er mich an. Mit einem Blick. Einem Blick, den ich niemals vergessen werden. Seine Augen glühten flammend rot und starrten direkt in mich hinein. Ihr bloßer Blick erschütterte meinen Gauben an das, was es gab, was existieren durfte und dann flüsterte das Ding meinen Namen."


Allgemeines

Pharibor ist ein Wesen, über welches nahezu ausschießlich in den Kreisen mächtiger Orakel diskutiert wird. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich immer wieder Geschichten im Zusammenhang mit Geistwesen ergeben, Geschichten, die zum Schutz naiver Novizen unter Verschluss gehalten werden. Kern dieser Geschichten sind Exorzismen oder andere Begegnungen mit Geistern, bei welchen sich die Orakel wider Erwarten mit einem mächtigen Wesen konfrontiert sahen, welches sich in einigen Varianten als Pharibor vorstellte.

In einigen wenigen Erzählungen schien Pharibor lediglich an einem kurzen Austausch interessiert gewesen, in anderen Versionen überwältigte er den Verstand eines jeden Orakels, welches mit ihm in Kontakt kam. Was genau die Ziele und Interessen dieses Wesens sind, ist bis heute unklar. Sollte sein Name jedoch das Gehör der Öffentlichkeit erreichen, kann bald schon mit dem Auftauchen jener Orakel gerechnet werden, die sich nur der erlesensten und wagemutigsten Aufträgen annehmen.

Diese Orakel bemühen sich darum, das Wissen über Pharibor zu tilgen, um Jungorakel davon abzuhalten ihrer eigenen Neugier anheim zu fallen und der Kreatur zu begegnen, die selbst die mächtigsten der Geistesenergetiker in brabbelnde Kleinkinder zu verwandeln.

Bestätigtes Wissen

Pharibor ist ein Wesen, welches zweifelsohne existiert, trotz aller Mühe seine Existenz zu verbergen. Als Arthur Albrath die Mutter der Geistesenergie Durna traf, erklärte selbst sie, trotz ihrer Beteiligung in der ursprünglichen Schöpfung der Geistesenergie, nicht die stärkste Anwenderin dieser Macht zu sein. Laut ihr gibt es mindestens vier Wesen, die noch größere Kontrolle über die Geistesenergie ausüben können, wobei Pharibor zweifelsohne Teil dieser erlesenen vier ist.

Pharibor ist allerdings nicht nur in den Gefilden der Orakel bekannt und gefürchtet, er genießt auch auf dem Pfad der Träume zweifelhaften Ruhm. Mehrere Denkmäler zeigen die abscheuliche Kreatur in humanoider Gestalt mit einem langen Tentakel als Schädel und mehreren feingliedigen Armen und Beinen, bei welchen das Wesen frei wechseln kann mit was sie greift und auf was sie sich bewegt. In den Träumen wird er gefürchtet als der Traumfresser, der Verschlinger und das Ding zwischen den Sternen.


Cover image: by CSor96 using Midjourney

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