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Seelenmoor

Wer über den Blutpass den Kynhold überschreitet und auf dem Großen Weg von Sarnburg zur Ostküste die Arwinger Mark durchquert, stößt unweigerlich auf eine ebenso unwirtliche wie unheimliche Region, deren bloße Existenz die Kultur, Lebensweise und Sagenwelt der Arwinger wie kaum eine zweite beeinflusst hat. Denn umgrenzt von Wäldern im Westen und den hügeligen Ausläufern des Kynhold im Süden, spannt sich hier ein bis zum Horizont reichendes Sumpfgebiet auf, das schier unüberwindbar scheint: das düstere Seelenmoor.
Wohin das Auge auch blickt, das trostlose Einerlei aus tückisch anmutenden Sumpfflächen, verlandeten Seen und aufgeblähten Erhebungen scheint von den Göttern allein dazu geschaffen worden zu sein, jeden Eindringling zu verschlingen. Selbst die trostlose, aus Moosen, Wollgräsern, Zwergsträuchern und Krüppelbäumen bestehende Vegetation kann nicht über die Lebensfeindlichkeit der Region hinwegtäuschen. Ein schauerlicher Eindruck, der sich insbesondere im Herbst, wenn die Nebel schwer über dem Moor hängen, noch verstärkt und jene in ihrem Glauben bestärkt, dass das Seelenmoor in den uralten Zeiten von unheimlichen Mächten verflucht wurde. Tatsächlich steigen die Nebel besonders dann, wenn die Monde über der Mark richtig stehen. Und die beunruhigenden Berichte der Moorgänger lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sich im Silberlicht oft Dinge aus dem Sumpf erheben, die besser für immer begraben blieben.
Umso mehr überrascht es, dass sich die Bewohner der Mark längst mit dem unheimlichen Sumpfgebiet arrangiert zu haben scheinen. Tatsächlich bleibt ihnen auch nichts anderes übrig, verläuft hier doch mit dem Großen Weg eine der Lebensadern der Mark, ohne die die Wirtschaft des Landes eklatanten Schaden nehmen würde – und so lebt man hier von den Reparaturen am Tränendamm und Geschäften mit vorbei reisenden Händlern.

Localized Phenomena

Dass es im Seelenmoor nicht geheuer zugeht, weiß in der Arwinger Mark jedes Kind. Reisende, Bauern und Geschichtenerzähler berichten gleichermaßen von tückischen Irrlichtern und unheimlichen Geistererscheinungen, die Wanderer in den Tod locken. Auch die Fauna und Flora des Seelenmoors weist Gefahren auf. Von angriffslustigen Sumpfratten, giftigen Schlangen, Riesenspinnen und sehr viel gefährlicheren Monstrositäten ist in der Mark ebenso die Rede wie von fleischfressenden Pflanzen, die im Seelenmoor auf Opfer lauern.

Natürliche Ressourcen

Neben dem Tränendamm, dessen Betrieb und Unterhalt ein kleines Heer an Führern, Zöllnern, Gardisten, Arbeitern und Wirtsleuten ernährt, existiert am Rande des Seelenmoors vor allem die Torfstecherei. Die Familien sind in der Regel bitterarm und jene in Flussnähe versuchen sich oft durch die Schilfernte etwas hinzu zu verdienen. Ausnahme sind manche Torfbrenner, die sich mit ihrem edlen Getränk einen Namen gemacht haben.
Die Jagd auf Schwarzwild ist auch hier ausschließlich den Adligen gestattet, dennoch trifft man in den Randgebieten des Moores nur selten auf vornehme Jagdgesellschaften. Als zu gefährlich und tückisch gilt der Sumpf. Umso mehr lockt die Not gerade in Hungerzeiten die Wilderer, unter denen sich erfahrungsgemäß die besten Moorgänger behaupten. Da die Torfstecher im Seelenmoor immer wieder seltsame Funde machen, die zuweilen weit zurück in die Herrschaftszeit der Drachlinge – und darüber hinaus – reichen, trifft man in den Dörfern vereinzelt auf Händler und vor allem Gelehrte des Zirkels der Zinne sowie Priester des Morkai, die den Bauern die Fundstücke abzuschwatzen versuchen. Kräuterkundige und Alchimisten hingegen wissen, dass im Seelenmoor eine Vielzahl potenter Heil- und Giftpflanzen gedeihen, die aufzuspüren ein hohes Risiko wert ist. Und wer von diesen Leuten selbst nicht lebensmüde genug ist, der schickt oft Abenteurer los, um eine alte Ruine auszukundschaften oder ein zauberkräftiges Kraut zu suchen.

History

Fahndet man in den Chroniken der Mark nach dem Ursprung des Namens für die Sumpfregion, erfährt man, dass dieser vor über 1000 Jahren, während der Herrschaft der Drachlinge, geprägt wurde. Denn damals nahmen die flugfähigen Echsen die Errichtung des bis heute bemerkenswertesten Bauwerks der Region in Angriff: des Tränendamms! Um Sklaven und Schätze unterjochter Völker von der Küste ins Landesinnere zu führen, ließen die Geschuppten mitten im Sumpf – und unter rücksichtslosem Einsatz von Sklavenleben – einen gewundenen und fast 60 Kilometer langen Damm aus Knochen, Holz und Stein errichten. Noch heute heißt es, dass die Seelen jener, die damals qualvoll starben, im Moor als Irrlichter und Geister ihr Unwesen treiben. Tatsächlich hat der stetig ausgebesserte Tränendamm die Zeiten überdauert und so rollen heute die Handelskarawanen zwischen Sarnburg und Arwingen über diese Wegstrecke. Mit tiefen Stützpfeilern im morastigen Boden erhebt sich der Damm – eigentlich mehr eine riesige Brückenanlage – bis zu sechs Meter über dem Moor, an anderen Orten dagegen nur wenige Handbreit. An seiner breitesten Stelle misst er gute zehn Meter. Eine der engsten Passagen – die sogenannte Rattenscharte – ist ein notdürftig instandgehaltener Abbruch des Hauptdamms: über 500 Meter lang und nur knapp über zwei Meter breit. Von dem eigentlichen Hauptbauwerk gehen immer wieder Abzweige und kleinere, uralte Dämme in die Sümpfe hinein. Meist sind es Sackgassen, die schon nach wenigen hundert Metern zusammengebrochen sind und nur noch Ruinen bilden. Anderen, schmaleren Brücken kann man bis tief ins Moor hinein folgen, auch wenn sie durch ihre Baufälligkeit eine Gefahr für Leib und Leben darstellen. An vielen Stellen sind auf dem Damm Haltepunkte, an denen auch Unterkünfte auf trockenen Erhebungen im Sumpf gebaut wurden. Die wenigen Einwohner und dort stationierten Gardisten der markgräflichen Sumpfgarde sind für die Erhaltung des Damms verantwortlich, denn an vielen Stellen ist die ursprüngliche und mittlerweile marode Steinkonstruktion durch Holzbefestigungen nachgebessert worden.
Natürlich verdient die Markgräfin am Verkehr, indem sie von ihren Bediensteten den sogenannten Moorzoll eintreiben lässt, der zumindest zum Teil in die Dammwartung fließt. Doch trotz des relativ guten Erhaltungszustandes des Viadukts kommt es immer wieder zu Unglücken und gefährlichen Zwischenfällen. Sei es, dass das Wetter nicht mitspielt, sei es, dass ein Teil des Mauerwerks nach Jahrhunderten unter einem zu schweren Fuhrwerk nachgibt – oder sei es, dass Gefahren aus dem Sumpf hervorbrechen, die es auf Händler und Zugtiere abgesehen haben. Pläne, eine Straße im Norden oder Süden zur Umgehung des Sumpfgebietes zu errichten, wurden aus finanziellen und praktischen Erwägungen gleichermaßen stets wieder fallen gelassen. Immerhin ermöglicht der gewundene Damm eine Durchquerung des Seelenmoors innerhalb von nur wenigen Tagen. Allein im Winter, wenn das Seelenmoor teilweise zugefroren ist, bieten sich den Fernhändlern Möglichkeiten, die hohen Moorzölle zu umgehen. Denn in der Frostzeit führen Einheimische über alternative Routen durch den Sumpf – natürlich illegal. Kleineren Gruppen ohne Wagen wird dieses Angebot auch im Hochsommer gemacht. Ihnen wird in Aussicht gestellt, das Sumpfgebiet mittels geheimer Pfade in kürzerer Zeit und ohne Zölle zu durchqueren. Ohne Zweifel vermögen erfahrene Moorgänger tragfähige Wege allein anhand des Bewuchses zu erkennen. Doch kommen erstaunlich viele dieser Gruppen nie am Ziel an. Ob die Unglücklichen von ihren Führern in Hinterhalte gelockt wurden, selbige ihre Fähigkeiten überschätzten – oder sie abseits des Damms anderen Gefahren zum Opfer fielen, kommt nur selten ans Licht.
Art
Wetland / Swamp
Übergeordneter Ort
Besitzer/Herrscher
Ruling/Owning Rank
Besitzende Organisation
Zugehörige Berichte (primär)
Inhabiting Species