Der Faucherfels
Wie es der Name erahnen lässt, handelt es sich um einen großen Felsbrocken aus Kalkstein – etwa drei Schritt hoch und sechzehn Schritt im Umfang. Der Felsen befindet sich am Ende der Borax-Gasse und ist der Grund dafür, dass es sich um eine Sackgasse handelt, die vor dem Felsen mit einem großen Wendekreis abschließt. Vor Urzeiten hatte irgendjemand die Umrisse von sechs Drachen rundum in den Stein gemeißelt, weshalb man sich bei Entstehung der Stadt dazu entschlossen hatte, den Felsbrocken da zu belassen, wo er war. In den folgenden Jahrhunderten wuchs die Stadt sozusagen einfach drum herum.
Heutzutage sind die Drachenfiguren zum Teil kaum noch zu sehen, da der Felsen mit reichlich Moos, Flechten, Mauerpfeffer und kleinen Farnen bewachsen ist. Nichtsdestotrotz betrachten
die Akademiestädter Bürger den Faucherfelsen als eine Art kleines Heiligtum, einige besonders gläubige Leute stellen dort auch regelmäßig Kerzen und kleine Laternen auf.
Alle möglichen Sagen und Mythen ranken sich um diesen geheimnisvollen Felsbrocken. So sollen unter ihm zum Beispiel alle möglichen Kobolde, Erdmännchen und Wichtel hausen und in
der frühen Geschichte der Stadt soll er angeblich ein oder zwei spontane Wunderheilungen bewirkt haben.
Ein älterer Herr will einmal in den frühen Morgenstunden einen grünschimmernden Drachen darauf sitzen gesehen haben – allerdings befand sich der besagte Herr zu dieser Zeit nach einer durchzechten Nacht auf dem Heimweg vom Wirtshaus. Ein kleines Mädchen schwört Stein und Bein, dass eine Stimme aus dem Felsen zu ihr gesprochen habe... nun ja, Kinder haben eben eine blühende Phantasie.
Aber man weiß ja nie – weshalb kein Einwohner Akademiestadts den Faucherfelsen irgendwie beschädigen oder in seiner direkten Umgebung unflätige Worte gebrauchen würde.
Die Anwohner der Borax-Gasse sind auf „ihren“ Faucherfelsen auf jeden Fall recht stolz und veranstalten einmal jährlich im Sommer bei schönem Wetter auf der Straße das „Felsen-Fest“. Als Termin hat sich der erste Samstag nach dem ersten Sommer-Vollmond etabliert.
Dabei werden Tische und Bänke auf die Straße hinausgeschafft, es wird gegrillt und selbst gebackener Kuchen verteilt. Besonders beliebt sind dabei zunehmend kastenförmige Nusskuchen mit grün gefärbter Zuckerglasur, die mittlerweile von den Leuten in der Borax-Gasse schon als „Felsenkuchen“ bezeichnet werden. Aus den Nachbarstraßen schließen sich regelmäßig zahlreiche Feierfreudige an, weshalb man mittlerweile schon fast von einem Stadtviertel-Fest sprechen kann.
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