Faucherkirche für Hochstapler

Du willst Dich also als Mann der Kirche ausgeben? Vielleicht um Dich in ein Kloster einzuschleichen, um einen Platz zum Schlafen zu haben. Kein Problem, ich zeige Dir, wie Du Dich ohne Probleme als Pfaffen ausgeben kannst:   Die Faucher sind heilige Drachen, die Götter Stauchens.   Im Zentrum des Faucherglaubens steht der stauchische Gründungsmythos: Während der Drachenkriege sehen die göttlichen Drachen Furwin und Reginsfar, dass die Menschen zu nichts taugen und wollen sie auslöschen. Die erste Königin Swanhild stellt sich mutig Reginsfar in den Weg. Der ist davon so beeindruckt, dass er die Menschen verschonen will und es entbrennt ein Kampf zwischen ihm und Furwin. Das war das Erste Fauchergericht.   Im Gegensatz zu kuscheligeren Religionen, bei denen einem das Heil gewiss ist, wenn man nur glaubt, muss der Fauchergläubige an sich arbeiten: Er ist seines eigenen Glückes Schmied, er muss selbst nach Vervollkommnung und tugendhaftem Leben streben. Diese Forderung nach Eigeninitiative und Eigenverantwortung steht im Zentrum des Glaubens. Immer wenn Du improvisieren musst, wie die Kirche/der Glauben Dinge auslegen würde, beziehe dich einfach auf diese beiden Eigenschaften. Wenn Du einen Heiligen oder eine Geschichte über ein Wunder oder einen Sinnspruch improvisierst (mach das!), denke einfach immer: Eigenverantwortung, Eigenverantwortung, Eigenverantwortung.   Ein Mitglied der Kirche, egal ob im Kloster oder als Prediger, ist ein Frater oder eine Fratise. In Stauchen verehrt man (maximal) sechs Faucher:   Furwin (Feuer, Leidenschaft, Kampf + Zerstörung)
Reginsfar (Luft, Klarheit + Wahrheit, Gefühlskälte + Schwarz/Weiß Denken)
Hiordis (Erz, Loyalität, Verbohrtheit)
Ysfandiar (Wasser, Kreativität + die schönen Künste, Beliebigkeit + Eitelkeit)
Tiamat (Erde, Natur + Leben, Fressen-und-gefressen-werden)
Ardhasir (Nacht, Handel, Magie, Träume, Möglichkeiten, Gesprengte Ketten, Tod, Fremdartigkeit)
  Da hilft nur auswendig lernen. Manche verehren nur die ersten beiden Faucher, manche alle sechs, manche legen sich nicht fest, wie viele Faucher es gibt.   Vor einigen Jahren richteten die Faucher im Zweiten Fauchergericht über die Menschen. Viele starben, aber alle wurden gnadenvoll ins Leben zurück geholt. Ritter Holmer brachte das geforderte Opfer und erschlug seinen Rittervater Harne Melph. Die Menschen hörten bei diesem Ereignis die Stimmen der Faucher. Man rätselt, was es bedeutet, wie viele unterschiedliche Stimmen sie jeweils gehört haben (zwei, sechs, wer-weiß?).   Nach dem Tod führen einen die Faucher "über das Ringgebirge" (also ins Paradies), wenn man denn würdig ist. Die Menschheit wartet auf ein Drittes (Letztes?) Fauchergericht, bis zu dem jeder vollkommen tugendhaft sein muss. Diese Tugendhaftigkeit für alle zu erreichen ist die wichtigste Aufgabe der Kirche.   Der weise Mann erkennt in der Kontemplation, welchem der Faucher er am nächsten steht und erkennt so seine eigenen Stärken und Schwächen. Der weise Mann strebt in die Mitte aller Faucher und versucht, ihre Stärken auf sich zu vereinen und damit ihre Schwächen auszubalancieren. Der interessante Mann hingegen verliert den Kampf mit der eigenen Natur, ergibt sich darin, welchem Faucher er am nächsten ist und leidet unter der extremen Ausrichtung. Das führt entweder in eine Tragödie oder einen hart erkämpften, späten Triumph über die eigene Natur (und dann wieder zur Weisheit). Diese Geschichte kann man 100-mal vorspielen (oder erzählen), sie wird nie langweilig.   Dieses Ringen um das eigene Wesen ist der zweite Pfeiler für Improvisationen.   Ansonsten: Sei ehrfürchtig vor den Fauchern und allem was heilig sein könnte. Dein Seelenheil hängt davon ab.   Beachte all das, und man wird Dich für einen richtigen Frater oder eine richtige Fratise halten. Und wenn Du mal eine Predigt hältst, dann denke an den kleinen Hochstapler, der dieses Pamphlet verfasst hat...


Cover image: by Chris Child @unsplash

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