Zum Tobenden Dachs
An diesem Wirtshaus scheiden sich die Geister – die einen bekommen glänzende Augen, die anderen bezeichnen es als Spelunke oder diplomatischer als „Etablissement“. Der Tobende Dachs befindet sich in einem alten Sandsteingebäude in der Gründelgasse, das früher einmal einer reichen Händlerfamilie gehörte. Eigentümer und Wirt ist Kunibrand Hopfner, von den Stammgästen „Kunni“ genannt und gerufen. Das Gasthaus besteht aus zwei Bereichen – dem Speiselokal, bzw. der Schankstube im Erdgeschoss und dem Tanzboden im Gewölbekeller, wo Samstag abends kräftig aufgespielt wird. Wobei auch in der Schankstube fast jeden Abend irgendwelche Musikanten für die richtige Stimmung sorgen. Ausgeschenkt werden vor allem Wein, Met und Mischungen aus Spirituosen und Fruchtsäften, jedoch ist auch immer irgendein Bierfass aus wechselnden Brauereien angezapft, bei Interesse muss nachgefragt werden. Kunibrand hatte vor einigen Jahren die grandiose Idee, die Mischgetränke mit Papierfähnchen, Schlagsahne, bunten Zuckerstreuseln und eingelegten Kirschen zu garnieren, was sich bei den Gästen großer Beliebtheit erfreut. Außerdem werden zwei Kaffeespezialitäten nach Art des Hauses angeboten: zum Einen „Würde-auch-ein-Wesir-trinken“, ein Kaffee mit darin aufgelösten Karamellbonbons und geschlagener Sahne - von den Gästen abgekürzt mit „Einmal Wesir!“ bestellt und zum Anderen „Glut der Nacht“, ein sehr starker Kaffee mit reichlich Met, Torfbrannt und Zimtzucker.
An Speisen wird nur Handliches gereicht, Brezen mit Schmalz, Bratwurst- oder Leberkäse-Semmeln und verschiedene Fleischpasteten. Man munkelt, dass der Wirt die Menge des werfbaren Geschirrs gering halten will. Zusätzlich sind alle Tische an den Bodendielen festgenagelt und auch dies ... wird einen Grund haben.
Schankpersonal stellt Kunibrand hauptsächlich nach dem Aussehen ein und neue Schankmaiden lernen schnell, dass ein weit ausgeschnittenes Mieder und ein kokettes Lächeln das Trinkgeld stark erhöhen kann.
Böse Zungen behauptet, dass die Gäste des „Tobenden Dachses“ spätestens zur halbzwölften Stunde mit ihren Unterhosen auf dem Kopf auf den Tischen tanzen würden. Möglicherweise handelt es sich dabei auch um üble Nachrede, auf jeden Fall gilt für alle Lehrlingen der Akademie auf Anordnung des Kollegium strengstes Zutrittsverbot. Es gibt ein geflügeltes Wort in Akademiestadt, dass ein Abend im „Tobenden Dachs“ nicht wirklich gut war, wenn man sich am nächsten Tag noch an alles erinnern kann.
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