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Sun 23rd Jun 2024 03:29

Blut und Recht

by Segu

Nachem auch die letzten Kampfgeräusche verklungen sind, machen sich ausgerechnet unsere beiden Streithähne gemeinsam daran, die Leichen und Bewusstlosen nach Hinweisen auf deren Identität und Ziele zu untersuchen. Nun, Wiatt untersucht die Wegelagerer sehr genau, während Salaîne vor allem danaben steht, Kommentare abgibt und darauf achtet, ihre Kleidung nicht zusätzlich zu ihrem eigenen Blut auch noch mit dem der Gefallenen zu tränken. Ergebnis dieser Untersuchung ist, gemessen and dem Tand, der aufgebracht werden konnte (etwa 50 Gold vor allem in Silberstücken, persönlicher Krimskrams, ein Amethyst, einige religiöse Symbole, Messer verschiedenster Machart), dass wir ohne die Aussagen der Gefangenen, deren Zustand ich beobachte, nichts herausfinden werden.
Ihre Hoheit Jamin betritt nun das ehemalige Schlachtfeld, während Tiz Prinzessin Sofia ablenkt. Sie schreitet die Umgebung mit gechultem, analytischem Blick ab, schaut abschätzig auf die gefallenen Gegner, respektvoll auf die versammelten Soldat*innen, tauscht stille Worte mit ihnen aus. Währenddessen kann ich eine kalte Wut in ihren Augen ausmachen, der knapp unter der gefassten Oberfläche brodelt. Ich maße mir an, diese Wut über das Geschehene zu verstehen und zu teilen. Wir Frommen stimmen in ein kurzes Totengebet zu Ehren Almodenas mit ein und verstauen die Gefangenen in der Kutsche, während Almodenas sterbliche Überreste nach einem Balsamierungszauber im Gepäckteil des Gefährts untergebracht wird. Salaîne folgt mir und dem Teil der Soldat*innen, die nach den vermissten Späher*innen suchen, in den Wald, und tatsächlich finden wir zuerst deren Pferde, dann von dort aus ausgehende Schleifspuren und schließlich hastig verscharrte Körper. Für Sergi kann man nichts mehr tun, das viele Blut, das aus seinen Pfeil- und Schwertwunden in den Waldboden um ihn herum sickert, ist ein erster Hinweis, sein fehlender Atem und Herzschlag ein letzter. Maeva hingegen scheint nach näherem Hinhören noch schwach und unstet zu atmen, also jage ich ihr alle Heilmagie, die mir noch zur Verfügung steht, in den Körper. Nicht zu knapp, denn mit rasselndem Atem kommt sie wieder zu sich, ihr Blick unklar und panisch, aber sobald sie ihre Mitstreiter um sich erkennt, beruhigt sie sich wieder. Auch sie hat zwar stark geblutet und einen schweren Hieb auf ihren Hinterkopf einstecken müssen, aber sie kann mit viel Unterstützung bald aufstehen und halb zum Schauplatz des Kampfes getragen werden. Auf dem Rückweg kommen wir wieder an den toten Pferden vorbei und ich erlaube Grauer, sich für eine Viertelstunde an ihnen gütlich zu tun, er dann aber zur Truppe aufschließen soll. Die Generälin ist natürlich betrübt über den Verlust Sergis - seine Leiche erfährt die gleiche Sorge wie die Almodenas - ist aber erleichtert über Maevas Zustand, die für die Weiterreise auf dem Kutschbock Platz nehmen darf. Währenddessen kann ich mit Befriedigung feststellen, dass der Rest des Trupps auf Ihrer Hoheit Jamins Geheiß hin die Leichen der Banditen aufgeknüpft hat. Jeder soll wissen, welches Schicksal Verbrechern in Moneda widerfährt.
 
Die Gruppe reist weiter, und Generälin Vanjarón verkündet, dass wir in ein nahegelegenes Gasthaus einkehren werden statt wie geplant im Anwesen des hiesigen Adligen. Zwar mache ich mir Sorgen um die Sicherheit und den Komfort der Vanjaróns, aber der Tag geht bald dem Ende zu, und vielleicht ist es besser, wenn das, was den Gefangenen wahrscheinlich blüht, nicht im Hause einer Bannerperson geschieht. Ich helfe den Stallburschen dabei, Platz für die Pferde und Grauer zu schaffen, und gebe ihnen kurze Anweisungen, kehre dann zu den anderen zurück, die sich nun anschicken, das den Geräuschen nach gut besuchte Gebäude zu betreten. Nachdem wir die Türschwelle hinter uns lassen, wird es totenstill im Schankraum. Ein angetrunkener Gast hebt seinen Humpen, um einen Toast auf "König Alvarís" auszurufen. Innerlich wachse ich um eine Handspanne ob des dargestellten Patriotismus, aber seit den Tagen des Endes des Usurpationskriegs ist es nicht angebracht, solche Gedanken öffentlich zur Schau zu stellen. Gnädigerweise übergeht Ihre Hoheit Jamin diesen Ausrutscher überschwänglicher Loyalität und tritt an den Tresen heran, um für die Unterkunft und Verpflegung ihrer Untergebenen zu sorgen.
Wir haben Glück, denn es findet derzeit kein Dorffest statt, sodass die meisten Zimmer leerstehen. Zwar wird niemand ein eigenes Zimmer für sich beanspruchen können, aber die meisten Krieger*innen werden das gewohnt und einfach glücklich sein, in einem Bett schlafen zu können. Was meine Reisegefährt*innen angeht, bin ich nicht so sicher. Ich werde bei den Reittieren unterkommen, Wiatt mit einem der Soldaten. Tiz und Salaîne teilen sich ein Zimmer [in dem Tiz sich an Salaîne heranschleicht und unter sichtlichen Schmerzen und einer Verfärbung ihrer Armschuppen deren Kleidung magisch reinigt und flickt, was diese anerkennend bemerkt]. Vor der Nachtruhe befiehlt Ihre Hoheit Jamin unsere Gruppe jedoch zu sich in den Schankraum und teilt einen Trinkspruch zu Ehre der Toten mit uns (und übergroße Bierkrüge, in denen man fast ertrinken möchte). Sie sammelt nochmal alle Hinweise auf die Identität unserer Wegelagerer zusammen, wobei Wiatt hervorhebt, dass die meisten von ihnen einen Grenzdialekt gesprochen haben, der Mann, der ihm im Zweikampf gegenüberstand und nun mit drei weiteren gefesselt im Weinkeller sitzt, allerdings eindeutig ein Skander war. Alle pflichten der Generälin bei, dass die Überlebenden verhört und anschließend hingerichtet gehören, nur Wiatt gibt nach kurzem Zögern zu, dass diese besser hätten fliehen sollen anstatt weiter zu kämpfen. Er bleibt auch mit Tiz am Tisch zurück, während Salaîne und ich Ihrer Hoheit in den Keller folgen, um unsere Hilfe beim Verhör anzubieten.
 
Ich sammle also Grauer ein, doch als ich zu den anderen beiden stoße, zuckt der vermutliche Anführer der Banditen unkotrolliert im Lichte der Fackeln am Boden. Ihrer Hoheit entfährt ein unziemlicher Fluch, Salaîne huscht zu ihm hinüber und bestätigt den Verdacht: Gift! Sie kratzt Runen in den Staub und murmelt ein paar Worte in ihrer arkanen Sprache, und der Blick des Mannes klart auf, der blutige Schaum vorm Mund versiegt und er schaut sie verwirrt an. Offenbar hat sie die Wirkung des Giftes einfach aufgehoben, damit sie ihn befragen und er seiner gerechten Strafe nicht entfliehen kann. Auch wenn ihre politischen Ansichten natürlich Unsinn sind, so ringt sie mir mit ihren Fähigkeiten und ihrem Pragmatismus doch etwas Resepekt ab. Der Skander erkennt seine ausweglose Situation und antwortet auf Salaînes Fragen; er kommt aus einem skanderischen Dorf, dessen Name niemandem etwas sagt, und ist dort Teil einer lokalen Miliz/Söldnertruppe, wurde dann aber von relativ reichen Personen, deren Identität er nicht kenne, dafür fürstlich bezahlt, diesen Hinterhalt zu legen und Prinzessin Sofia zu entführen. Nachdem er offensichtlich keine weiteren Informationen bieten kann, die uns dabei helfen, seine Auftraggeber zu identifizieren, löst Salaîne ihren Zauber auf und lässt den Mann an seinem Gift verrecken.
Nach dieser Demonstration magischer Macht sind zwei der drei Überlebenden nur zu bereit, ihr kümmerliches Wissen zu teilen. Sie wurden offenbar von den Söldnern in nahegelegenen Grenzdörfern angeheuert, mit dem Versprechen, dass ihre Familien ausgesorgt haben würden, selbst wenn sie nicht lebend zu ihnen zurückkehrten. Sie haben wohl nicht bedacht, dass eine Strafkampagne auch ihre Dörfer heimsuchen wird, wenn sie Erfolg gehabt hätten oder wenn das Haus Vanjarón beschließt, diesen Angriff als eine Kriegserklärung anzuerkennen. Auch sie haben nie von dem Ort gehört, in dem der Mann angeheuert wurde. Erst während ihrer Reise zum Überfallort wurde ihnen wohl klar, wer ihr Ziel ist, und sie haben sich törichterweise mehr vor den Skandern gefürchtet als vor den Monedaern, und sind daher nicht desertiert. Alles in allem eine dürftige Ausbeute an Informationen, aber deren Winseln um Gnade, ihre Besserungsbeteuerungen und ihr Nutzen als Kundgeber für das, was Feinden der Vanjaróns blüht, veranlasst Ihre Hoheit, Gnade vor Recht ergehen und sie im Morgengrauen gehen zu lassen. Der widerspenstige, unwillige Mann an deren Seite wird bis dahin Zeit haben, es sich anders zu überlegen. Bis dahin wird Grauer bei ihnen im Keller bleiben. Er darf sogar den Toten vor deren Augen zerfleischen und fressen, denn das Gift ist wohl nicht besonders gefährlich für Drakes, obschon es laut Salaîne sowohl teuer und selten ist, als auch äußerst unüblich für Skandern zu sein scheint, Gift statt "ehrenvollen" Zweikampf als Tötungsmittel zu wählen. Wie dem auch sei, wir kehren unter dem Geräusch reißender Muskeln und brechender Knochen zurück. Ich glaube, einer der drei muss würgen, und Ihre Hoheit Jamin scheint meiner Idee zugänglich zu sein, dass die Hinrichtung durch Drachen nicht nur eine Einsparung an Proviant bedeuten könnte, sondern auch von großer symbolischer Bedeutung sein kann.
 
[Währenddessen im Schankraum: Tiz trinkt ausgelassen, verkippt sogar mal einen Schluck und wischt ihn sogleich wieder weg. Sie setzt dazu an, Wiatt eine Weile anzustarren, der sie ungeduldig ansieht und schließlich nach ihrer Masche anspricht, Kämpfer*innen eine Silbermünze für deren Verrat anzubieten. Zu seinem Verdruss behauptet sie, dass sie es als Gnadenakt ansieht, Leuten, die unüberlegt ein Verbrechen begehen würden, eine Möglichkeit zum Umdenken mithilfe einer Motivation in Form von Bezahlung anzubieten. Er widerspricht ihr aus Prinzip und gibt ihr zu denken, dass das von außen durchaus einfach als Verrat oder Desertation angesehen werden würde. Sie will ihm die Vision eines Lebens außerhalb des Kampfes als "schöner" verkaufen, er stimmt nicht zu.
Tiz spricht ihn widerum auf sein Blutritual zu Beginn eines Kampfes an und gibt zu bedenken, dass Blutverlust mit einem Sieg im Widerspruch zu stehen scheint. Er entgegnet, dass er dieses Ritual schon tausende Male durchgeführt habe - was man an schwer vernarbten Armen und Händen erkennt - und man es wohl bei vielen Gegner auch gar nicht benötigen würde. Anscheinend ist es auch genügend, wenn man anderer Leute Blut dafür nutzt, aber das eigene eine größere Wirkung erzielt. Er ist sichtlich verschlossen gegenüber weiteren Nachforschungen in dieser Richtung, also lenkt Wiatt davon ab, indem er Tiz wegen ihrer ätherischen Drachenform befragt. Sie meint, es war ihr beigebracht worden, auf diese Weise ihr "inneres Ich" zu manifestieren, allerdings setze sie diese Technik nur selten ein, um das Vertrauen der Personen um sie herum nicht zu verlieren, da sie Vertrauen als eine der wichtigsten Maximen versteht. In dem Moment taucht Sofia auf und fängt Wiatt zwischen sich und Tiz auf der Schankbank. Sie fragt wiederum nach dessen größtes Monster, das er je bekämpft hat. Tiz spührt seinen Widerwillen und springt ein, indem sie Sofia zu einem Duell mit Brotmessern motiviert. In dem Moment kehren die anderen zurück in den Schankraum.]
 
Prinzessin Sofia scheint in einer Art Übungsduell mit Tiz zu stecken, wird aber sogleich weggeschickt, um sie nicht bei dem folgenden Gespräch am Tisch zu haben. Wir erzählen den anderen beiden von den kargen Ergebnissen unserer Unterhaltung mit den Banditen, aber Wiatt sitzt bei der Erwähnung des Giftes sofort auf und beteuert felsenfelst, bei seiner Untersuchung nirgendwo etwas Vergkeichbares gefunden zu haben. Wir haben keinen Grund, an ihm in dieser Hinsicht zu zweifeln, also bleiben nur wenige Möglichkeiten, wie der mann an das Gift gekommen sein könnte, eine weniger angenehm als die nächste. Vielleicht hat ihm einer der Mitreisenden das Gift zukommen lassen, was uns alle nervös macht und sicher jedem an seinen oder ihren jeweiligen Verdächtigen denken lässt. Ihre Hoheit und ich sind uns einig, dass niemand aus dem Geleit der Generälin zu so einem Verrat fähig wäre, also blieben nur Personen aus meiner Reisegruppe. Ich werfe ein, dass ja auch ein magischer Transport des Giftes möglich wäre - wenn die Auftraggeber der Entführung die Mittel haben, sich solch seltenes Gift für bloße Handlanger zu besorgen, dann sicherlich auch mächtige Magier. Die Blicke richten sich nun auf Salaîne, die diese Möglichkeit einräumt, aber auch zu bedenken gibt, dass dieses Gift einige Zeit benötigt, um seine tödliche Wirkung zu entfalten, weshalb es auch so gefragt ist für Hofintrigen; möglicherweise also auch so viel Zeit, wie wir gebraucht haben, um vom Schlachtfeld zum Gasthaus zu gelangen, also wäre es ihm möglich gewesen, das Gift einzunehmen oder verabreicht bekommen zu haben, bevor wir ihn gestellt haben.
Weiteres Nachgrübeln wird außer Misstrauen nichts bewirken, also mutmaßen wir über die Motivation des Angriffs und der geplanten Entführung. Am offensichtlichsten ist Lösegeld, aber es wurde eine Menge Geld und Aufwand für diesen Hinterhalt investiert, also ist die Gewinnmarge unrealistisch. Ein politischer Komplott Skanders, Monedas (wie albern), Beycillis' oder einer anderen Fraktion, um Moneda und Skander in einen Krieg zu führen, ist eine weitere Möglichkeit, aber Generälin Jamin widerspricht in ihrer Weisheit, da sie selbst als Ziel dafür viel eher infrage kommen würde als die Prinzessin. Ich denke, sie unterschätzt ihren Ruf oder stellt ihre Fertigkeiten unter den Scheffel, denn niemand bei klarem Verstand würde sie persönlich auf dem Schlachtfeld herausfordern, wenn die Prinzessin ein leichteres Ziel abgibt, das nicht eine Batallion abschlachtet, wenn es davongetragen zu werden bedroht ist. Vielleicht sind magische Rituale oder ein Austausch mit einem Doppelgänger geplant, aber wir merken schnell, dass wir in immer unrealistischere Annahmen abtreiben. Auch auf Salaînes Frage, ob etwas außer dem Offensichtlichem besonders ist an Sofia, antwortet Ihre Hoheit verneinend.
 
Wie dem auch sei, es muss entschieden werden, wie die Weiterreise vonstatten gehen soll. Eine größere Eskorte durch den hiesigen Adligen wäre ob seiner Nachlässigkeit (oder Mitarbeit) bezüglich der Sicherung der Grenze vor Räubern und Wegelagerern angebracht, und Ihre Hoheit Jamin stimmt mir erst zu, allerdings ist sie sich nicht sicher, ob sie ihm vertrauen kann, also schlägt sie nach einigem Grübeln vor, dass unsere Gruppe sie einen weiteren Tag ekortiert, was zwar unseren Zeitplan strapaziert, aber die erhöhte Sicherheit der beiden Vanjaróns bedeutet, bis sie sich genug von der Grenzregion entfernt haben. Natürlich stimme ich sofort zu - besser als einer Vanjarón nützlich zu sein, ist es, dreien meine Nützlichkeit zu beweisen - und auch Tiz in ihrer Sorge um die Prinzessin und Salaîne in Anberacht einer aufregenderen Tätigkeit als "Blümenpflücken" willigen ein. Nur Wiatt ist dagegen, offiziell weil er den Auftrag ohne zu großen Zeitdruck erledigen will, aber ich bin mir sicher, dass er es einfach keinen weiteren Tag mit Prinzessin Sofia aushält.