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Thu 16th May 2024 06:44

Ein Auftrag! Ein Auftrag!

by Segu

Fähnrich Gustavo von der Schlosswache kam heute Morgen mit guten Nachrichten zu meinen Stallungen: Ihre Hoheit Madalena hat einen Auftrag für mich! Natürlich bürstete ich mich und meine Rüstung mit der feinsten Drahtbürste, um ja einen guten Eindruck zu machen. Eine Besucherin der Familie kam vor meiner Begegnung mit der Herrin, um mir ihr Pferd zu überlassen. Das Pferd war gepflegt, aber den Geruch der Drakes nicht gewohnt, also musste es in einer separaten Box untergebracht werden. Als ich im Hauptgebäude ankam, nahm ich Platz auf einem der bequemen Sitzgelegenheiten und konnte wiederum nicht anders, als die Majestät und den Reichtum im Vorraum zu bestaunen. All die goldgerahmten Familienporträts, die Banner der untergebenen und besiegten Häuser vergangener Zeiten, die antiken Möbel - alles ein offensichtliches Zeichen dafür, wie weit über allen die Vanjaróns stehen, eine Erinnerung daran, wie glücklich ich mich schätzen kann, unter ihnen zu dienen.
 
In meinem Staunen hatte ich fast nicht bemerkt, wie Tiz in den Raum schlich. Ihre ungewöhnlichen Schuppen schimmerten im Nachmittagslicht, das durch die hohen Fenster schien, aber sie schien sich mehr in der Ecke des Raumes zu verstecken, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wo Tiz ist, muss Sofia nicht allzu fern sein, aber sie war nicht in diesem Raum, soweit ich sehen konnte. Vielleicht spielten sie ein Spiel?
Wenig später betrat zu meinem Erstaunen der Bloodhunter Wiatt den Raum. Wir hatten einmal zusammengearbeitet, als die westlichen Grenzregionen von einem Feuerelementar heimgesucht worden waren, aber seitdem gab es keine größere Gefahr, die eine Kooperation der Späher mit der Gilde brauchte. Wird es wieder eine solche Gefahr geben? Aber dann würde man doch nicht einen Kämpfer einzeln hierherschicken, sondern die Aktion in den höheren Rängen gemeinsam planen? Vielleicht hat Wiatt eine persönliche Angelegenheit zu klären - oder er hat etwas mit meinem Auftrag zu tun. Ich nickte ihm jedenfalls wiedererkennend zu. Er tat dasselbe, setzte sich dann auf ein Sofa in der Nähe.
Nun betrat die mysteriöse Besucherin den Raum. Sie gab ihren Reitermantel an Tiz ab, die ihn zwar irritiert, aber pflichtbewusst entgegennahm. Zum Vorschein kam all der Tand, den diese Frau bei sich trug, und eine blanke Sichel, die an ihrem Gürtel hing. Eine Kräuterkundlerin? Sie führte einen Stab mit sich, der eine Halterung für Reisekessel besaß und auf dem sich das Wachs vieler verbrannter Kerzen verfestigt hatte. An der anderen Seite ihres Gürtels hing eine Lampe, die ein stetes Feuer beherbegte. An ihrer Schulter hing an einer Kette ein dickes, schwarzes Buch, was für sie von besonderer Bedeutung zu sein schien. Sie war von ähnlicher Statur wie die weniger kriegerischen Damen des Hauses, also wahrscheinlich ansehnlich für einen Menschen, und sie besah sich die Anwesenden in der Art, wie andere Häuser Kobolde betrachteten - sie würde hier also gut zurechkommen. Vielleicht war sie selbst von gehobener Abstammung?
Die Gefreite Miria gebat uns allen, das Arbeitszimmer Ihrer Hoheit zu betreten, also gingen wir - offenbar alle vier? - hinein. Miria heiratet ihre Verlobte nächsten Monat, ich sollte mich vielleicht um ein kleines Geschenk kümmern. Ruco würde wissen, was angemessen wäre.
 
Drinnen saß Ihre Hoheit Madalena, Tochter Seiner Hoheit Alvarís Vanjarón de Moneda, Baron von Moneda und Statthalter von Colvera, hinter ihrem schweren Schreibtisch, umgeben von teuren Folianten, schweren Grimoiren und unzähligen Berichten und Verträgen. Sie blickte nur kurz auf, aber ich bin mir sicher, dass sie und ihr Pseudodrache neben ihr mich wohlwollend wahrnahmen, und bat uns allen einen Stuhl an. Ich folgte ihrer unausgesprochenen Bitte sofort, Tiz blieb wie üblich stehen, die Besucherin nahm auf dem von mir am weitesten entfernten Stuhl Platz, und Wiatt schien lange mit sich zu ringen, bevor er sich neben mir auf den Stuhl setzte, seine Stirn zerfurcht und sein Kiefer angespannt.
Ihre Hoheit gab uns unseren Auftrag: Wir sollen 3 Myrlys-Blumen besorgen, die nur auf einer Wiese im monsterverseuchten Grenzgebiet mit Skander in Küstennähe wachsen und für manche Divinationen verwendet werden können. Salaîne, wie die Besucherin heißt, schien sich in arkanen Künsten auszukennen, denn ihr wurde die Aquirierung und der Transport dieser fragilen Pflanze übertragen, der Rest von uns war zum Schutz gedacht. Ich hielt das Ganze für Tiz etwas ungeeignet, andererseit sagte man ihr nach, ihren alten, blasphemischen Meister umgebracht zu haben, also steckt vielleicht doch etwas Kampfgeist in ihr. umal wir noch einen zweiten Teil zum Auftrag erhielten: Prinzessin Sofia würde uns einen Teil des Weges zusammen mit ihrer Tante, der Neit-gesegneten Hoheit Jamin, begleiten, um zu ihrer Mutter an die Küste zu gelangen, also bekamen wir zusätzlich noch eine Eskortiermission, und Tiz' Anwesenheit eine weitere Erklärung. Wir alle unterschrieben den Vertrag für unseren Auftrag und würden uns am nächsten Morgen mit der Reisegruppe auf den Weg machen. Wir wurden verabschiedet und verließen das Gebäude. Salaîne würde für die Nacht in der Nähe unterkommen, also blieb es an mir, mich um die Verpflegung ihres Pferdes zu kümmern. Ich erzählte Grauer von den Neuigkeiten, der es kaum erwarten konnte, sich wieder einmal zu beweisen, auch wenn er seine Nüstern rümpfte, da es nur um das Pflücken von Blumen ging.
 
 
Am nächsten Morgen bereitete ich die Pferde für meine Gefährten vor. Auch Salaîne brauchte eines aus unseren Stallungen, da wir es uns nicht leisten konnten, dass ihres bei der geringsten Gefahr oder in der Nähe von Grauer durchging. Nocta würde gut zu ihr passen, eine schwarze, alte Stute, die wir manchmal für Reitanfänger nutzten, da sie sehr zahm und umgänglich war. Tiz würde sich freuen, auf Bolle zu reiten. Sie war ab und an auf ihm ausgeritten, um Dinge aus Colvera zu besorgen. Sommersturm wäre genau richig für Wiatt. Auch dieses Pferd würde ohne große Besonnenheit in den Rachen eines Elementars reiten, wenn man es ihm befahl.
Zusammen mt Grauer brachte ich die drei Pferde in den Vorhof, wo die anderen waren oder kurz darauf eintrafen. Tiz trank Tee mit der Prinzessin und bat allen - auch Grauer - eine Tasse an, Salaîne starrte mysteriös in die Ferne, und Wiatt nahm Sommersturm entgegen, nannte es aber gleich in "Pferd" um, anscheinend, weil er es nicht lange genug kennen würde, um sich seinen Namen merken zu müssen. Wenn auch unangemessen für ein Tier von solch herausragender Abstammung, musste ich doch seinen Pragmatismus anerkennen. Tiz würde weiterhin bei Prinzessin Sofia in der Kutsche sitzen, also begleitet Bolle uns bis zu dem Wegpunkt, an dem wir uns von der hoheitlichen Eskorte trennen, unbeladen.
 
Die Reise bis zum ersten Rastplatz - einer alten Turmruine - verging ereignislos. Es war klamm und neblig, aber so nahe der Hauptstadt und mit solch einer Gruppe würden Gefahren und Überraschungen fernbleiben. Während die Soldaten unter sich blieben und kameradschaftlichen Umgang mit Ihrer Hoheit Jamin pflegten - viel zu unprofessionell, meiner Meinung nach - brach ich Brot mit Wiatt und teilte etwas Eisspinnen-Ragout mit ihm, was mir Ruco dankenswerterweise als Proviant mitgab. Er gab zu, dass ihm unsere neue Begleiterin suspekt war. Tatsächlich brachte sie auch die normalerweise ruhigen, Drakes gewohnten Pferde auf und machte die beiden Jagdhunde Ihrer Hoheit fuchsteufelswild, indem sie einfach in deren Nähe war, aber ich schrieb das einem ihrer vielen Kräuter zu, die sie bei sich trug. Wiatt wollte sie sofort zur Rede stellen, und es kam zu einer Konfrontation, bei der man die Luft hätte in Scheiben schneiden können. Sie bestätigte meinen Verdacht, dass es sich um eines der Kräuter handeln könnte, die für die Aversion der Tiere verantwortlich war, und versprach, diese besser zu verpacken, also konnte ich mich ruhigen Gewissens aus der Angelegenheit entfernen, aber Wiatt schien nicht zufriedengestellt zu sein. Nach dem Austausch mehr oder weniger subtiler Drohungen ließ er endlich von ihr ab, und wir konnten uns zur Nachtruhe begeben. Grauer meinte selbst, dass ihn etwas an Salaîne beunruhigte, aber gegenüber den niederen Wesen nie zugeben würde. Er war unruhig, also versprach ich ihm, dass er am nächsten Morgen während des Frühstücks seine Flügel strecken und seine relativ neue Fähigkeit zu fliegen trainieren könnte.
Als der Morgen graute - es war noch immer klamm und kühl vom gestrigen Nebel - ging Salaîne durch das Lager, um friedenssuchend Tee zu verteilen, den sie selbst gebraut hatte. Er war ordentlich. Ich glaube nicht, dass ich Wiatt seine Tasse habe leeren sehen, aber bei der Abreise war sie leer, also haben sich vielleicht die Wogen geglättet. Auch Prinzessin Sofia und Tiz bekamen eine Tasse, allerdings verzogen beide kaum merklich das Gesicht. Währendessen rührte die Drachengeborene eine klebrige, süßlich riechende Substanz zusammen und unterhielt sich mit Salaîne.
Kurz darauf kamen sie alle zu meinem Platz im Lager, denn die junge Prinzessin wollte uns kennenlernen. Sie erinnerte sich an mich, denn ich kümmere mich oft um ihren kleinen Drake Smaragd. Sie war fasziniert von der Magie Salaînes und gab etwas mit der ihr angeborenen Fähigkeiten an. Im Gegenzug zeigte Salaîne ihr ihre Lampe, in der die seltsamme Flamme mit einem Fingerschnipsen erlosch. Selbst Sofias Magie konnte sie nicht wieder entzünden, nur Salaîne mit der Formel "Isla, brenne!". Es ist schon seltsam, Gegenstände mit einem Eigennamen zu versehen, gerade mit einem süd-beycillischen Mädchennamen, aber vor Ihrer Hoheit werde ich den Mund halten. Von Wiatt will sie wissen, welches Monster das größte war, das er bei seiner Zeit in der Bloodhunter-Gilde erlegt hatte (bei der Nennung der Gilde wich kurz das Lächeln von Salaînes Gesicht - was ist hier los?), aber dieser weigerte sich, solch grausige Geschichten gegenüber so einer jungen Person zu erwähnen. Ich erzählte meinerseits von unserem gemeinsamen Kampf gegen den Feuerelementar, aber die Prinzessin ließ nicht locker, befahl ihm sogar, die Geschichte zu erzählen. Zu meiner Entrüstung verweigerte er diesen direkten Befehl, weshalb sie ihm korrekterweise des Hochverrats (obwohl Insubordination hier der eigentlich Begriff wäre, aber ich werde Ihre Hoheit sicherlich nicht korrigieren) bezichtigte. Nun kam Kommandantin Jamin hinzu, die das ganze auflöste, indem sie ihre Nichte an den korrekten Umgang mit Befehlen und Anschuldigungen erinnerte. Zurechtgewiesen, aber keineswegs zufriedengestellt, folgte sie ihrer Tante zurück zu ihren Zelten, nachdem wir auch Ihrer Hoheit Jamin vorstellig geworden waren.
Vor unserer Abreise - Tiz faltete fein säuberlich die Zeltplanen zusammen, Grauer kehrte bald von seinem Ausflug zurück, Wiatt beobachtete misstrauisch die magische Lampe Salaînes - sagte Salaîne das heutige Wetter hervor, was zwar Kälte, aber auch glücklicherweise einiges an Bewölkung bedeutete.
 
Am Abend kehrten wir in das Anwesen eines der Bannerträger Seiner Hoheit ein - Wiatt und ich bei den Soldaten, Tiz bei der Prinzessin, Salaîne in einem der Zimmer im Herrenflügel - und verbrachten den Abend jeder auf seine Weise. Zu aller Belustigung trug Ihre Hoheit einen Ringkampf mit ihrer Nichte aus. Tiz musste sich später um sie kümmern, auch wenn ihr Stolz offenbar schwerer verlezt war als ihr Körper. Salaîne war den ganzen Abend nicht zu sehen, und auch Wiatt machte sich rar. Ich versuchte, mich mit den Soldaten beim Zweikampf, Trinken und Geschichtenerzählen anzufreunden, und tatsächlich waren sie nur allzu bereit, mich unter sich willkommen zu heißen. Die meisten kamen aus Colvera oder der näheren Umgebung, aber ein oder zwei von ihnen hörten den Ruf des Dienstes an den Vanjaróns auch von weiter weg.